Der Kolonisator und der Kolonisierte
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Albert Memmi. Der Kolonisator und der Kolonisierte
Inhalt
Jean-Paul Sartre. Vorwort
Vorwort des Autors zur französischen Ausgabe von 1966
1. Gibt es den Kolonialisten? Der Sinn des Aufbruchs in die Kolonien
Der Eingeborene und der Privilegierte
Der Usurpator
Der kleine Kolonisator
Andere Mystifizierte der Kolonisation
Vom Koloniebewohner zum Kolonisator
2. Der Kolonisator, der sich verneint. Der wohlmeinende Kolonisator…
… und seine Schwierigkeiten
Die Politik und der wohlmeinende Kolonisator
Der Nationalismus und die Linke
Der Überläufer
Die Unmöglichkeit des linken Kolonisators
3. Der Kolonisator, der sich bejaht … oder der Kolonialist
Die Mittelmäßigkeit
Der Nero-Komplex
Die beiden Porträts
Die Selbstverachtung
Der Patriot
Der Konservative
Die faschistische Versuchung
Das Ressentiment gegenüber der Metropole
Die Ablehnung des Kolonisierten
Der Rassismus
Die Selbst-Absolution
1. Mythisches Porträt des Kolonisierten. Geburt aus dem Mythos
Die Entmenschlichung
Die Mystifizierung
2. Die Situation des Kolonisierten
Der Kolonisierte und die Geschichte …
… Der Kolonisierte und die Bürgerschaft
Das kolonisierte Kind
Die Refugien der Werte
Die kulturelle Amnesie
Die Schule des Kolonisierten
Die koloniale Zweisprachigkeit …
… und die Situation des Schriftstellers
Das Mängelwesen
3. Die beiden Antworten des Kolonisierten
Die Liebe zum Kolonisator und der Selbsthass
Die Unmöglichkeit einer Assimilierung
Die Revolte …
… und die Verneinung des Kolonisators
Die Selbstbehauptung
Die Zwiespältigkeit der Selbstbehauptung
Die Ungleichzeitigkeit im Selbst
Schluss
Nachwort zur deutschen Ausgabe von 1980
Adam Shatz. Albert Memmi
Отрывок из книги
Die jüngsten Debatten über Postkolonialismus oder die Rückgabe von Kunstwerken aus den früheren Kolonien zeigen, dass das Trauma der Kolonialherrschaft auch nach der Erringung der politischen Unabhängigkeit auf vielen Ländern der Dritten Welt noch lastet. Nach wie vor existiert ein rassistisch oder kolonialistisch gefärbter
Überlegenheitsdünkel, den die Erste Welt gegenüber den Menschen und Gesellschaften in den früheren Kolonien einnimmt.
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Noch ein Wort zum Schluss dieses neuen Vorworts, das schon zu lang geraten ist. Dieses Buch hat bei seinem Erscheinen ebenso viel Unruhe und Wut wie Begeisterung hervorgerufen. Einerseits hat man darin eine unverschämte Provokation gesehen, andererseits ein Wegzeichen. Alle Welt war sich darin einig, das Buch als eine Waffe, als ein Werkzeug im Kampf gegen die Kolonisation zu kennzeichnen; das ist es allerdings geworden. Aber nichts scheint mir lächerlicher, als sich mit einem geborgten Mut und mit Heldentaten zu brüsten, die man nie begangen hat: ich habe diesen Text ziemlich unbefangen abgefasst, ich wollte einfach zunächst das koloniale Verhältnis verstehen, in das ich so fest verstrickt war. Nicht dass ich diese Philosophie nie gehabt hätte, die meiner Untersuchung zugrunde liegt und in gewisser Weise meinem Leben Farbe gibt. Ich bin bedingungslos gegen jede Form von Unterdrückung; ich sehe in ihr die Hauptgeißel der Menschheit, die die besten Kräfte des Menschen in eine falsche Richtung lenkt und verdirbt, überdies nicht nur die des Unterdrückten, sondern auch des Unterdrückers, denn man wird beides erleben: ebenso wie die Kolonisation den Kolonisierten zerstört, so zersetzt sie auch den Kolonisator. Aber das war eigentlich nicht die Absicht meines Buches. Die Wirkung dieses Textes hat sich in gewisser Weise während seines Entstehens eingestellt, und zwar allein durch die Tugend der Wahrheit. Das heißt, dass es wahrscheinlich genügt hat, möglichst genau das Kolonialverhältnis, die Art und Weise, wie der Kolonisator notwendig handeln musste, und die allmähliche und unerbittliche Zerstörung des Kolonisierten zu beschreiben, um die absolute Ungerechtigkeit der Kolonisation ans Licht zu bringen und zugleich ihre fundamentale Instabilität zu enthüllen und ihr Ende vorauszusagen.
Das einzige Verdienst, das ich mir demnach zurechne, besteht darin, dass ich versucht habe, jenseits meines eigenen Unglücks Rechenschaft abzulegen über einen Aspekt der menschlichen Wirklichkeit, der unerträglich und deshalb unannehmbar ist und der zwangsläufig immer neue Erschütterungen auslöst, unter denen alle bis ins Innerste zu leiden haben. Ich wünschte, dieses Buch würde nicht länger als Ärgernis angesehen, sondern es würden ruhige Überlegungen angestellt, warum diese Schlussfolgerungen, die sich mir aufgedrängt haben, weiterhin von so vielen Menschen spontan nachvollzogen werden, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Liegt das nicht einfach daran, dass diese beiden Porträts, die ich versuchsweise entworfen habe, schlicht ihre Modelle getreu wiedergeben, die meines vorgehaltenen Spiegels nicht bedürfen, um sich wiederzuerkennen, um ganz von sich aus den richtigen Weg in ihrem elenden Leben zu entdecken? Die hartnäckige Verwechslung zwischen dem Künstler und seinem Gegenstand ist bekannt (was wohl eines der Anzeichen für unsere fortwährende Barbarei, unser verzweifelt magisches Denken ist). Statt sich über die Äußerungen der Schriftsteller aufzuregen und ihnen vorzuwerfen, dass sie eine Unordnung schaffen wollen, die von ihnen lediglich beschrieben und prophezeit wird, täte man besser daran, ihnen aufmerksamer zuzuhören und ihre warnenden Hinweise ernster zu nehmen. Bin ich denn am Ende nicht im Recht, wenn ich jetzt, nach so vielen verheerenden und vergeblichen Kolonialkriegen und da sich Frankreich heute zum Vorkämpfer der Entkolonialisierung auf der Welt macht, meine, dass dieses Buch für den Kolonisator ebenso nützlich hätte sein können wie für den Kolonisierten?
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