Отрывок из книги
ALEX BAUR
ESTHER VILAR UND DER DRESSIERTE MANN
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Esther Vilar war 35 Jahre alt, als sie den dressierten Mann in lediglich zwei Monaten niederschrieb, in einem Zug. Oder war es eher ein Rausch? Der Stoff war da, das Schreiben ging ihr leicht von der Hand. Auch der Titel – bisweilen der anspruchsvollste Teil eines Buches – stand von Anfang an fest. Schwieriger, ungleich viel schwieriger war es, einen Verlag zu finden, der ein derartiges Pamphlet abdrucken mochte. Klaus, ihrem Ehemann, hatte sie das Manuskript erstmals vorgelegt, als es zur Hälfte geschrieben war. Er begriff sofort, dass sie einen Scoop gelandet hatte. Deutschland, meinte er, sei viel zu klein für ein derartiges Werk. Als der Text fertig war, reiste er damit nach Amerika. Nach einer Woche kam er zurück, mit leeren Händen. Vilar verschickte den dressierten Mann an zwei Dutzend deutsche Verlage. Wochen, Monate gingen ins Land, keine Zusage, keine Absage, einfach nichts. Die beiden beschlossen, das Büchlein im Eigenverlag zu drucken, im Caann-Verlag, den sie eigens zu diesem Zweck gründeten. Das war im Herbst 1970.
Es ist eine Frau, die den Bann bricht, unerwartet und ohne jede Vorankündigung. Am 22. November 1970 schreibt die bekannte Publizistin Inge Stolten im auflagestarken Nachrichtenmagazin Stern zwei Seiten über den dressierten Mann. Stolten hat Vilar nie getroffen, über welche Pfade das Büchlein in ihre Hände geraten ist, lässt sich nicht mehr ergründen. Aus politischer Sicht ist Stolten eine unverdächtige Rezensentin. Die bekennende Sozialistin und Frauenrechtlerin steht beileibe nicht im Ruch einer Konservativen. Trotzdem lässt sie sich von Vilars Thesen derart begeistern, dass sie sich diese gleich zu eigen macht. Stolten ergänzt ihre Buchbesprechung mit einer Untersuchung der bekannten französischen Frauenrechtlerin und Soziologin Evelyne Sullerot, die im Laborversuch bestätigt, was Vilar empirisch zusammengetragen hat. Sullerot hatte eine Gruppe von zufällig ausgewählten Studentinnen und Studenten gebeten, einen Tag in ihrem Leben als 50-Jährige zu beschreiben, so wie sie ihn sich im Idealfall vorstellten. Die jungen Männer schrieben alle über ihren Beruf, die Frauen sahen sich ausnahmslos als Mütter und Hausfrauen. Und keine fragte sich, ob für diese Rolle wirklich ein Universitätsstudium nötig sei.
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