Randnotizen - Es ist nie, wie man denkt. Vier Erzählungen über Vorurteile, Toleranz und Grenzen in unserer Gesellschaft
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André Biakowski. Randnotizen - Es ist nie, wie man denkt. Vier Erzählungen über Vorurteile, Toleranz und Grenzen in unserer Gesellschaft
Отрывок из книги
André Biakowski, geb. 1980 in Halberstadt, wuchs in Wernigerode auf und studierte ab 1999 Malerei und Grafik an der Freien Kunstakademie Nürtingen. Nach einer sich daran anschließenden Ausbildung zum Werbekaufmann und Leitung einiger Kommunikationsprojekte im In- und Ausland lebte er 2009/10 in Lodz (Polen). Mitte November 2012 erschien sein Buch „OBIAD – Mehr als nur Mittagessen“. In ihm schildert er in Briefform seine Begegnungen mit den letzten polnischen Überlebenden unterschiedlicher Ghettos sowie Konzentrationslager. In seinem Buch „RANDNOTIZEN – Es ist nie, wie man denkt“, erschienen Mai 2014, versucht der Autor in vier Erzählungen hinter das im Alltag flüchtig Gesehene oder in der Zeitung Überflogene zu blicken und die Protagonisten selbst über ihr Leben sprechen zu lassen. André Biakowski schreibt und lebt als Autor in Reutlingen.
Es ist nie, wie man denkt
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Wie leicht kommen uns bei solchen Problemen Vorurteile in den Sinn. Ein Vorurteil setzt aber immer Urteile voraus. In seinen Erzählungen übernimmt der Autor das Plädoyer. Er hat es sich hart, aber einfühlsam erarbeitet. Es ist nicht einfach, derartig Geschundenen Fragen zu stellen, die sie auch beantworten wollen. Aus eigener Erfahrung – ich hatte mein Büro in der Nähe eines Obdachlosentreffs – weiß ich, wie lange es dauert, bis sich beispielsweise ein Obdachloser öffnet und ehrlich die Geschichte seines Lebens erzählt. Wenn er sie preisgibt, sitzt oft Bruder Alkohol dabei und flüstert ihm Lügen ein. Ich war oft enttäuscht, versuchte es aber immer wieder. Irgendwann war dann der Punkt erreicht, wo das gegenseitige Vertrauen ihn dazu brachte, mir sein Herz auszuschütten.
Was bei allen Erzählungen in diesem Buch eine große Rolle spielt, ist die Achtung der Würde. Ich werde nie den Tangotänzer auf einer Straße in Buenos Aires vergessen. Er war weit über achtzig Jahre alt und hatte einen zwar gut sitzenden, aber doch sehr verschlissenen Anzug an. Wahrscheinlich war es der einzige, den er besaß. Dazu trug er einen ebenso abgewetzten Hut. Mit welcher Grandezza und für sein Alter erstaunlichen Körperspannung er mit seiner Partnerin tanzte, war beeindruckend. Der Mann hat sicher bessere Zeiten erlebt, seine Würde aber auch als Straßenkünstler nicht verloren. Ich hätte gerne mehr über sein Leben erfahren. Aber, wie es halt so ist, man geht weiter. Immerhin ist er mir unvergessen geblieben.
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