Schritte in der Nacht
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Die alte Komtesse Franziska von Wergenheim ist nun zweiundneunzig Jahre alt, aber noch immer sehr rüstig. Nur Schlafprobleme hat sie. Immer wieder hört sie nachts jene Schritte in der Nacht, die angeblich von einer Spukgestalt stammen: von Margarete Karsten nämlich, der unglücklichen Mörderin des Erbprinzen Otto, die durch Henkershand sterben musste und nun keine Ruhe findet. Außerdem belastet die greise Komtesse, dass das alte herzogliche Schloss Wernersruhe an einen Autofabrikanten verkauft worden ist und in unmittelbarer Nähe nun eine geschäftige Autofabrik entstehen soll – Sinnbild der neuen Zeit. Ihre Großnichte, die junge Gisela von Wergenheim, die mit der alten Komtesse Franziska zusammenlebt und sie pflegt, hat wieder ganz andere Sorgen: Das Vermögen der beiden Frauen ist stark geschrumpft, und sie würde gern eine Bürostelle annehmen, um etwas dazuzuverdienen, das aber will die adelsstolze alte Komtesse auf keinen Fall zulassen. Doch als Franziska von Wergenheim plötzlich stirbt und Gisela in der Zeitung auf eine Annonce stößt, die wie auf sie zugeschnitten scheint – «Gesucht als Sekretärin einer Autofabrik junge Schreibmaschinendame, die französisch und englisch korrespondieren kann und etwas von der Buchführung versteht» –, nimmt sie die Stelle an und arbeitet fortan für den Autofabrikanten im Schloss Wernersruhe, Herbert Willmann, und die beiden kommen sich auch menschlich näher. Aber auch Herberts Stiefbruder, der Arzt Heinz Grunhoff hat sich unsterblich in sie verliebt. Da stirbt Herbert Willmann unter geheimnisvollen Umständen und Gisela wird gar des Mordes verdächtigt … Ein unterhaltsam-packender Panhuys aus der Welt des untergehenden Adels in einer neuen, bürgerlichen Zeit.-
Отрывок из книги
Anny von Panhuys
Nachdem der letzte Ton nörgelnd verklungen, war alles wieder totenstill. Die Häuschen in der Liliengasse brauchten sich nie über Unruhe zu beklagen, weder bei Tag noch bei Nacht, es herrschte in ihr immer Schweigen. Ein lauter Kinderruf am Tag fiel auf, und wenn ein Auto hindurchfuhr, wirkte es wie Anachronismus. Ein Auto mit seinen modernen Geräuschen passte nicht in die Liliengasse, die hinter dem alten Kloster lag, und in der es nur ein- und zweistöckige Villen gab, von denen keine jünger war als hundert Jahre.
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Gisa sagte traurig: „Es ist schade, dass ich die Gelegenheit, etwas zum Haushalt beitragen zu können, nicht ergreifen darf.“
Dem Justizrat tat Gisa leid, die so völlig an allem, was ein bisschen Freude brachte, vorbeilebte. Er hätte ihr ab und zu gern ein harmloses Vergnügen gegönnt, aber die alte Urgrosstante und einzige Verwandte Gisas behauptete, es genüge vollkommen, wenn sie allabendlich mit ihr „Schwarzer Peter“ oder Domino spielte oder zum Geburtstag einer ehemaligen Schulfreundin ging.
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