Tausend und eine Insel. Ein Reisebuch aus Polynesien und Neuseeland

Tausend und eine Insel. Ein Reisebuch aus Polynesien und Neuseeland
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"Niemand ist eine Insel, gestellt auf sich allein" – dieses Wort des englischen Schriftstellers und Theologen John Donne Ist einem sofort verinnerlicht, wenn man an die Lektüre dieses außergewöhnlichen Buches geht. Und doch ist alles anders: «Das Gästehaus, in dem ich schlafen soll, ist ein ganz gewaltiges Gebäude, groß, hoch und leer, wie eine Ballonhalle, denn: keine Kokosnuss darf aus dieser Insel wachsen, keine Brotfrucht. Was die großen Herren brauchen, bringt man von den anderen Inseln – hier wird weder gesät noch geerntet.» Also ein Paradies des Nichtstuns mitten in Polynesien. «Und dann ist da noch Neuseeland. Als Neuseeland noch Aotearoa war, das Land der Maon, lebten die heimischen Vögel dort wie in einem wirklichen Paradies. Deshalb haben viele Vögel das Fliegen verlernt, weil sie die Furcht verlernten.» So gibt dieser einzigartige Schriftsteller Kunde von zwei Paradiesen in Inselform – und dem Leser bleibt die Sehnsucht.Arnold Höllriegel ist das Pseudonym von Richard Arnold Bermann (1883–1939), einem österreichischen Journalisten und Reiseschriftsteller. In Wien geboren und aufgewachsen studierte Bermann bis zu seiner Promotion 1906 an der Universität Wien Romanistik. 1908 ging er auf Anraten Hermann Bahrs nach Berlin, wo er zunächst als Angestellter des Scherl-Verlags tätig war. Bei der Konkurrenz «Berliner Tageblatt» begann er in dieser Zeit, unter dem Pseudonym Arnold Höllriegel zu schreiben. Geprägt durch die Tradition des Wiener Feuilletons und den Stil Peter Altenbergs, führte er in Berlin das Kurzfeuilleton ein. Mit Ausbruch des Ersten Weltkrieges musste Bermann nach Wien zurückkehren, wo er bis 1928 seinen Wohnsitz hatte. Er schrieb als «pazifistischer Kriegsberichterstatter» – so Hermann Broch – für verschiedene Zeitungen. Ab 1923 war er hauptsächlich als Reiseschriftsteller tätig. Seine Reisen, die ihn auch nach Ägypten und Palästina, an den Amazonas, in die Südsee, in die USA und nach Hollywood führten (wo er u. a. Charlie Chaplin begegnete), verarbeitete er in Feuilletons für das «Berliner Tageblatt» und in erfolgreichen Büchern. 1933 führte ihn eine Expedition gemeinsam mit Ladislaus Almásy (bekannt als der «englische Patient») in die libysche Wüste, wo sie die sagenumwobene Oase Zarzura entdecken. Hier, mitten in der Wüste, erreicht ihn im Frühjahr 1933 die Kündigung durch das «Berliner Tageblatt». Nach 1933 arbeitete Bermann mit Hubertus Prinz zu Löwenstein für die «American Guild for German Cultural Freedom». Bermans sämtliche Schriften wurden 1938 im Deutschen Reich verboten. Nach dem Anschluss Österreichs und seiner Flucht konnte er in die USA emigrieren, wo er im Herbst 1939 in der Künstlerkolonie Yaddo in Saratoga Springs, New York, einem Herzinfarkt erlag.-

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Arnold Höllriegel. Tausend und eine Insel. Ein Reisebuch aus Polynesien und Neuseeland

Tausend und eine Insel. Ein Reisebuch aus Polynesien und Neuseeland

Das Potsdam der Südsee

Eine Prinzessin von Tonga

Das Grab von Vailima

Eine Schale Kawa

Der Busch

Sterne unter der Erde

Die Schwalben

Der Papagei Kea

Pelorus Jack

Hinemoa

Ein junger Mensch in Neuseeland

Pitcairn

Panama-Saga

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Arnold Höllriegel

An dieser Stelle setzte ich mich auf einen Stein, im Schatten eines Baumes, voll von purpurnen Blütenbällen, den ich den Ohiabaum zu nennen bereits gelernt hatte. Ich hatte ein Buch bei mir, die schönen und krausen Legenden des braunen Volkes von Hawaii enthaltend; ich sass ganz glückselig da, mit einer von den leichten Manilas im Mund, die ich mir zu dem Spaziergang gekauft hatte. Manchmal las ich, und manchmal sah ich hinab, mit verliebten Blicken, die den holden Küstenumriss liebkosten, das Blau des Meeres und die weisse Linie des umbrandeten Korallenriffs. Nach einiger Zeit kam ein Mann des Weges, mit einem sonderbaren Ding in der Hand. Er achtete nicht auf mich, sondern setzte sich, langsam und unbeholfen, mir gerade gegenüber, jenseits des Strassenbandes, auf der Seite der Schlucht von Nuuanu, deren Wände hier steil abfielen, ganz bedeckt von einem unsagbaren Gewirr schwarzgrüner Laubbäume, ganz heller Farne und schreiend bunter Blüten ohne Zahl. Nun sass der Mann. Er trug schmutzige Leinenschuhe, eine Hose aus Segelleinwand, ein Hemd und den groben Strohhut des Landes. Jetzt wandte er mir sein Gesicht zu. Er war ein nussbrauner Kanake, zwischen Vierzig und Fünfzig, pockennarbig und offenbar blind. Er packte das Ding aus, das er mitgebracht hatte, es war eine von diesen dreisaitigen Gitarren, die, glaube ich, Ukulele heissen. Als der Mann das Geräusch eines nahenden Autos hörte, begann er mit einer schönen vollen Stimme zu singen, während er auf seinem Instrument mehr trommelte als Musik machte. Er sang in jener wunderbaren Sprache Polynesiens, deren vokalreiche Dialekte einander auf all den vielen, weit zerstreuten Inseln so sehr gleichen; die Melodie schien mir nur ein rhapsodischer Rhythmus; ich bildete mir von Anfang an ein, dass der Mann nicht lyrisch, sondern episch sang, dass er eine lange Geschichte zur Ukulele rezitierte.

.....

Die „Meke“, mit der man heute abend den Gast der Insel Mbau unterhält, ist nicht sehr gross und nicht sehr zeremoniell, vielleicht wegen der allgemeinen Unwürdigkeit des Gastes, der kaum ein sehr grosser Häuptling ist, vielleicht, weil er so spät kam und grosse Vorbereitungen nicht möglich waren, vielleicht auch, weil man nicht vorher gewusst hat, wie viele Geschenke er mitbrachte. Vor einer wirklich grossen Meke legen Männer und Frauen die festlichen Gewänder aus Tapastoff an oder die Tanzröcke aus breiten und langen Blättern, die vom Gürtel bis zum Knie herabhängen, giftgrün oder kirschrot gefärbt. Heute haben sie auch nicht die kostbaren Halsbänder aus Walfischzähnen angelegt, ja, sie haben ihre Gesichter kaum ordentlich mit Russ gepudert, so wenig grossartig geht es heute zu. Nur gesungen wird und ein wenig dramatischer Tanz geübt. Zwei Chöre, einer von Männern und Knaben, einer von Frauen, singen, im Halbdunkel des ungeheueren Saales hockend, diese Lieder, die ich nicht verstehe, die mir aber ganz wunderbar scheinen: nichts Negerisches oder Wildes ist in diesem süssesten, holdesten Zusammenklingen der vielstimmigen Vokalmusik. Von den beiden Häuptlingen scheint der alte Tui als eine Art Kapellmeister zu wirken, er dirigiert mit energischen Winken oder kurzen und scharfen Befehlen. Ratu Bola sitzt neben mir auf der Matte und dolmetscht mir, rücksichtslos laut, was zu dolmetschen er gut findet. Das erste Lied, sagt er, ist ein patriotisches Lied: es ist herrlich, singen sie, in Fidschi zu leben, die Leute von Fidschi sind sehr gross und stark — —

Ratu Bola hält in seiner Übersetzung auf einmal inne, mit einem schelmischen Ausdruck in seinem alten Lebemannsgesicht. Sagt dieses Lied etwa, wie stark die Leute von Fidschi sind? So stark vielleicht, dass sie die Augen aller ihrer Feinde essen können? Ich weiss, sie tun es nicht mehr; aber ich weiss auch, in was für einem Haus ich hier sitze. Der greise Tui Savura muss noch dabei gewesen sein, als hier, auf dieser gleichen Stelle, der Tempel des dreiköpfigen Gottes von Mbau stand, ein Tempel, in dem man das „Lange Schwein“ geschlachtet hat, das zweibeinige, dem Gotte zu Ehren — —

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