4 Schnecken und eine Nudel
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Benjamin Webster. 4 Schnecken und eine Nudel
Kapitel 1 – Familienzuwachs
Kapitel 2 – Nichts als Ärger
Kapitel 3 – Russen Mafia
Kapitel 4 – Doch eine Verschwörung?
Kapitel 5 – Feierlichkeiten
Kapitel 6 – Bombenstimmung
Kapitel 7 – Engelchen und Teufelchen
Kapitel 8 - Überraschungen
Kapitel 9 – Kurzer Prozess
Kapitel 10 – Alles wird gut
Kapitel 11 – Leo und die Pubertät
Kapitel 12 – Freitag der 13
Отрывок из книги
In Klaras Wohnung angekommen, zerlegte Thomas als erstes den Kleiderschrank. Sie hatte ihn zuvor ausgeräumt und ihre Wäsche in Kartons verpackt. Klara fragte dann plötzlich: „Willst du gar nicht wissen, über was wir gesprochen haben?“ Thomas: „Eigentlich nicht. Aber wenn du es mir unbedingt erzählen möchtest, nur zu, ich höre.“ Klara: „Nun mach bitte nicht so gleichgültig, ich weiß genau, dass es dich brennend interessiert.“ Thomas: „Mich interessiert im Augenblick etwas ganz anderes.“ Klara: „Und was ist das?“ Thomas: „Warum sich Lelle noch nicht gemeldet hat. So kenne ich ihn gar nicht.“ Klara: „Vielleicht ist ihm etwas dazwischen gekommen, oder er kommt erst am Abend nach Berlin. Hast du denn keine Handynummer von ihm?“ Thomas schüttelte mit dem Kopf und antwortete: „Nein, seine neue Nummer habe ich nicht. Er hat mich ja vom Bahnhof, von einer Telefonzelle aus angerufen. Na ja, er wird sich bestimmt noch melden. Aber was wolltest du mir gerade erzählen?“ Klara: „Also doch neugierig?“ Thomas setzte sich auf das Bett und zündete sich und Klara eine Zigarette an. Dann meinte er: „Nun erzähl schon und spanne mich nicht auf die Folter.“ Klara: „Du darfst es aber niemand weitersagen, was ich dir jetzt im Vertrauen erzähle. Schwöre es.“ Thomas nickte und hob symbolisch drei Finger. Dann fing Klara an: „Also, es geht um Nele. Nach dem Fiasko mit ihrer Ex Freundin Karin Münster und dem Schwangerschaftsabbruch, hatte sie die Nase von einer Beziehung voll. Sie fing an zu studieren und als sie zum ersten Mal in den Hörsaal kam, stand da plötzlich diese Dozentin vorne, stellte sich vor und Nele war wie vom Blitz getroffen. Sie war für diese „süße Maus“ sofort Feuer und Flamme. Nele wusste aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht, ob sie hetero oder lesbisch ist. Einige Tage später hat sie sie dann abends in einem Café gesehen und ist dann ganz spontan hineingegangen und hat sich zu ihr an den Tisch gesetzt. Im Laufe der Unterhaltung hat sie dann festgestellt, dass sie auch lesbisch ist. Ja und so nahm die ganze Sache ihren Lauf. Inzwischen sind die beiden ein heimliches Paar. Es muss ja nicht jeder wissen, dass sie lesbisch sind, du weißt ja, wie sich sonst die Kommilitonen das Maul zerreißen, ganz zu schweigen vom Lehrkörper.“ Thomas: „Sie an, meine kleine Schwester hat wieder ein Häschen gefunden. Und hat sie auch gesagt, wie das weitergehen soll? Schließlich ist die Maus ihre Dozentin. Da könnten leicht Gerüchte aufkommen, dass sie von ihr protegiert wird.“ Klara: „Deshalb hat Nele auch den Dozenten gewechselt. Sie will auf keinen Fall, dass ihre Maus, Schwierigkeiten bekommt. Silke Schwörer heißt sie, ist 32 Jahre alt und wohnt in Spandau.“ Thomas: „Hoffentlich hat sie dieses Mal mehr Glück, wie beim letzten Mal. Ich wünsche es ihr.“ Klara: „Ich bin gespannt, wer von den Bergmann Frauen als erstes unter der Haube ist.“ Thomas: „Das kann ich dir auch nicht sagen, aber wer zuletzt einen Mann bekommt, dass weiß ich jetzt schon. Es wird wahrscheinlich Charly sein. Die vergisst vor lauter Arbeit und Emanzipation das Heiraten. Aber im Endeffekt ist es egal, ob man verheiratet ist oder nicht, die Hauptsache ist doch wohl, dass man glücklich ist, alles andere ist Nebensache. So, und nun lass uns weitermachen, sonst sind wir noch um 22:00 Uhr hier.“ Eine Stunde später hatten sie alle Klamotten in die dafür gerichteten Kartons verstaut. Thomas baute derweil das Bett und den Küchenschrank ab. Er stapelte alles fein säuberlich an eine Wand, damit er beim Wiederaufbau alle Teile zusammen hatte. Den Rest würde sowieso eine Umzugsfirma machen. Gegen 19:00 Uhr hatten sie die Kartons im Wagen verstaut und sie machten sich auf dem Heimweg. In der Villa angekommen, packten sie erst einmal die Kartons in den Flur, weil Klara nur das Wichtigste mit nach oben nehmen wollte. Die Sommerklamotten, würde sie ja im Augenblick nicht anziehen können, weil es dafür schon zu kalt war. Thomas ging in die Küche um sich die Hände zu waschen. Maria stand gerade am Kühlschrank und räumte etwas ein, als sie zu ihm sagte: „Schrecklich was da auf dem Schönefelder Flugplatz geschehen ist. Ein Einziger hat den Absturz überlebt, alle anderen sind Tod.“ Thomas wusste nichts von dem, was Maria erzählte und fragte nach: „Um was geht es denn, Maria? Wer oder was ist abgestürzt?“ Maria: „Na, heute Nachmittag ist ein Flugzeug auf Schönefeld abgestürzt. Die ganze Zeit bringen sie es schon in den Nachrichten. Wenn du dich beeilst, kannst du es noch in den 20:00 Uhr Nachrichten im Fernsehen anschauen.“ Thomas: „Wir haben doch alles abgebaut und verstaut, da konnten wir keine Nachrichten hören oder ansehen. Ich gehe in den blauen Salon und mache den Fernseher an. Wissen sie schon woher das Flugzeug kam?“ Maria: „Ich glaube, die kam aus Mailand. Oder wollte sie nach Mailand? Ach, ich habe da nicht richtig aufgepasst.“ Thomas: „Das werden wir gleich wissen.“ Maria fragte ihn zwar noch, ob er und Klara gleich etwas essen wollten, aber dass hörte er bereits nicht mehr. Er schaltete den Fernseher ein und gerade fingen die Nachrichten an. Der Sprecher sagte als erstes: „Tragischer Unfall auf dem Schönefelder Flugplatz. Heute Mittag um 13:00 Uhr landete ein Lear Jet aus Mailand. Als er auf der Landepiste mit dem Bugrad aufsetzte, brach dieses ab und die Maschine schleuderte quer über die Landebahn. Da der Jet noch über 400 Kilometer schnell war, überschlug er sich mehrfach und zerbrach in mehrere Teile. Die Maschine fing sofort Feuer und brannte, trotz sofortigem Einsatz der Flughafen Feuerwehr, vollkommen aus. An Bord des Jets befanden sich insgesamt 5 Personen. Nur ein Passagier überlebte mit schwersten Verletzungen. Der Mann wird zur Zeit in der Berliner Charité ärztlich versorgt.“ Und dabei zeigte der Sender Aufnahmen des brennenden Flugzeug Wracks. Es war kein schöner Anblick, zumal sich noch vier Passagiere im inneren der Maschine befanden. Der einzige Überlebende, wurde nach Angaben der Polizei, während des Unfalls, mitsamt seinem Sitz aus dem Flugzeug geschleudert. Das sei auch der Grund dafür gewesen, dass er den Absturz überlebt hatte. Maria hatte ihre Hände vor ihr Gesicht gehoben und meinte nur: „Schrecklich, ganz schrecklich. Ich sage ja immer, wenn Gott gewollt hätte dass der Mensch fliegen kann, hätte er uns Flügel gegeben.“ Klara stand auch schon da und sah Thomas erschrocken an. Sie sagte leise zu ihm: „Woher kam die Maschine?“ Thomas: „Nicht aus München, sondern aus Mailand, Gott sei Dank.“ Maria fragte jetzt noch einmal: „Wollt ihr jetzt noch etwas essen, oder später? Es gibt heute Schweizer Wurstsalat mit Käse. Denn wenn ihr mich nicht mehr braucht, gehe ich jetzt ins Bootshaus.“ Thomas: „Geh nur Maria, wir richten unser essen selbst. Wir wünschen dir eine angenehme Nachtruhe.“ Maria: „Das wünsche ich euch auch, Gute Nacht.“ Klara und Thomas setzten sich in die Küche und richteten sich ihr Abendbrot. Wie es schien, waren sie die Einzigen die jetzt in der Villa waren, der Rest war ausgeflogen. Gegen 21:30 Uhr begaben sie sich auch nach oben auf ihre beiden Zimmer. Ein Zimmer hatten sie zu einem kleinen Wohnzimmer hergerichtet und das andere war ihr Schlafzimmer. So brauchten sie nicht unbedingt im Salon oder blauen Salon zu sitzen. Hier hatten sie auch einen Fernseher und einen kleinen Kühlschrank, indem sie immer gekühlte Getränke hatten. Nach dem duschen sanken beide müde ins Bett und schliefen auch gleich ein. Sie hatten eine anstrengende Woche hinter sich.
Am Sonntagmorgen um sieben Uhr, war die Welt noch in Ordnung. Zehn Minuten später klingelte das Telefon. Es war eines von drei schnurlosen Telefone, die an einer Basisstation angeschlossen waren. Noch im Halbschlaf nahm Thomas das Gespräch an und meldete sich mit Bergmann. Eine Frauenstimme fragte: „Ist dort der Anschluss von Thomas Bergmann?“ Thomas: „Ja, höchstpersönlich. Wer stört um diese Uhrzeit?“ Die Frau: „Hier spricht Frau Dr. Laubinger, Oberärztin der Charité Berlin.“ Thomas wurde stutzig und war auf einen Schlag hellwach. Thomas: „Was ist los, Frau Doktor? Ist etwas mit meinen Schwestern?“ Dr. Laubinger: „Nein, so viel ich weiß nicht. Aber kennen sie einen Herrn Dr. Leonhard Lellinger?“ Thomas ahnte schon was sie gleich sagen würde, schoss ihm doch der Flugzeugabsturz durch den Kopf. Er antwortete: „Ja, das ist ein sehr guter Freund von mir. Was ist mit ihm?“ Thomas traute sich nicht das Wort Flugzeugabsturz in den Mund zu nehmen, weil die Angst zu groß war, seine Vermutung könnte stimmen. Die Ärztin hingegen nannte den Sachverhalt schonungslos beim Namen: „Ihr Freund saß in der Maschine, die gestern am Berliner Flugplatz Schönefeld verunglückt ist. Er hat als Einziger das Unglück, wenn auch schwer verletzt überlebt. Herr Lellinger hat mich gebeten sie anzurufen, weil sie momentan der Einzige sind, der ihm helfen kann. Wenn sie gleich vorbeikommen, könnten wir die Details besprechen.“ Sie nannte ihm noch das Stockwerk und die Zimmernummer, auf der Herr Lellinger untergebracht war. Klara war durch das erregte Telefonat wach geworden und fragte: „Ist es doch dein Freund, der in Schönefeld verunglückt ist?“ Thomas nickte und meinte: „Mein schlimmster Verdacht hat sich gerade bestätigt. Ich ziehe mich nur rasch um und fahre dann in die Charité.“ Klara: „Ich fahre, du bist zu aufgewühlt, nicht dass du unterwegs auch noch einen Unfall baust.“ Gesagt, getan. Nach zehn Minuten hatten sie eine Katzenwäsche, mit fliegenden Zahnbürsten hinter sich gebracht und waren unterwegs ins Krankenhaus. Die Charité genießt zwar einen ausgezeichneten Ruf, aber bei Thomas weckt sie immer Angst und Verzweiflung. Schon einmal bekam er von dort einen Anruf, deren Botschaft so ähnlich lautete wie gerade eben. Nur handelte es sich damals um seinen Vater, der dort im sterben lag. Aber damals brauchte er länger zur Charité, weil er aus Frankfurt anreisen musste. Klara lenkte den Wagen in die Tiefgarage und parkte ihn gerade da, wo ein Platz frei war. Beide fuhren ins erste Obergeschoss zur Intensivstation der Notaufnahme. Thomas hielt die erstbeste Schwester an und fragte sich zu Frau Dr. Laubinger durch. Er klopfte an die Tür ihres Büros und stellte sich vor: „Ich heiße Thomas Bergmann und suche Frau Dr. Laubinger.“ Die Frau im Büro stand auf streckte ihm und Klara die Hand entgegen und antwortete: „Angenehm, Laubinger. Ich habe sie kontaktiert, weil Herr Lellinger mich darum gebeten hat. Er hat mich von meiner Schweigepflicht ihnen gegenüber entbunden und mich gebeten, ihnen Auskunft über seinen Gesundheitszustand zu geben. Im Augenblick ist Herr Lellinger wieder ansprechbar, nachdem er heute Nacht zeitweise im Koma lag. Kommen sie bitte mit, ich bringe sie zu ihm. Es sieht nicht gut aus, hätte er keine so gute Gesamtkonstitution, wäre er mit Sicherheit schon verstorben. Wenn er es überlebt, hat er einen langen und schweren Weg vor sich. Besprechen sie mit ihm nur das Wichtigste, er muss nämlich gleich zur OP.“ Thomas und Klara hörten ihr aufmerksam zu. Vor dem Zimmer der Intensivstation mussten beide grüne Kittel und einen Mundschutz anziehen, bevor sie zu Lellinger durften. Leonhard Lellinger sah schrecklich aus. Er lag da wie ein Boxer, der 30 Runden lang regelrecht verprügelt wurde. Das Gesicht war geschwollen, und auf dem Kopf trug er einen Verband. Beide Hände waren bandagiert, genauso wie die Beine. Thomas war richtig erschrocken als er ihn sah. Er sprach ihn an: „Hallo Leo, schön das wir uns wieder einmal sehen. Was machst du denn für Sachen? Kann man dich nicht einmal alleine fliegen lassen?“ Leo: „Mach dich ruhig lustig über mich. Ich bekomme sowieso nur die Hälfte mit, weil ich bis obenhin mit Schmerzmitteln vollgepumpt bin. Die Ärztin hat gemeint, es sieht nicht gut aus. Wenn ich die OP überlebe, habe ich Chancen noch einmal davon zu kommen. Es ist sowieso ein Wunder, dass ich den Absturz überlebt habe. Wen hast du denn da mitgebracht?“ Dabei schaute er Klara an und die sagte: „Ich bin die Freundin von Thomas, Klara Schönfeld.“ Hand geben war nicht möglich, so nickte sie ihm einfach zu. Leo: „Hast du endlich eine Frau gefunden, die deine Zahlenspielereien gut findet? Hast ja schon immer einen guten Geschmack gehabt. Aber kommen wir nun zum Wesentlichen. Danke erst einmal, dass du gekommen bist. Du bist der Einzige, der mir helfen kann. Ich habe eine große Bitte an dich, nimm Laura in deine Obhut, bis ich wieder fit bin.“ Thomas: „Ich verstehe nicht ganz, warum soll ich mich um Laura kümmern? Was ist mit Viktoria, kann sie nicht auf Laura aufpassen?“ Leo: „Viktoria ist vor zwei Jahren, bei einem Badeunfall ums Leben gekommen.“ Thomas war schon wieder geschockt. Er sah ihn an und sagte: „Das tut mir Leid, ich hatte ja keine Ahnung. Und wie stellst du dir das vor?“ Leo: „In München kann sie nicht bleiben. Ich habe den Job hier angenommen und alle Brücken in München abgebrochen. Meine Wohnung gekündigt und Laura von der Schule abgemeldet. Sie geht ab dem ersten hier auf das Einstein Gymnasium. Sie weiß noch nichts von meinem Unfall, weil sie z. Zt. in Südfrankreich auf Klassenfahrt ist. Sie kommt erst heute Abend wieder zurück. Meine Nachbarin, Frau Bischler weiß Bescheid und hat alles schon vorbereitet. Ihre Nummer habe ich dir aufgeschrieben. Laura wird morgen früh mit der Bahn hier in Berlin ankommen. Ich dachte, du hast doch so einen riesen Kasten, da wird doch ein Zimmer für Laura frei sein.“ Thomas: „Natürlich kann sie bei uns wohnen. Aber da sind noch viele Dinge zu regeln. Was mache ich, wenn eine Entscheidung ansteht und du nicht in der Lage bist das zu regeln? Kann ja sein, dass du im Koma liegst, oder sonst was.“ Leo: „Dafür habe ich gesorgt. Du bekommst von mir eine Generalvollmacht, dass du so lange meine Belange vertrittst, bis ich wieder auf dem Posten bin. Du kannst alle schulischen Entscheidungen treffen, die du für richtig hältst. Du kennst Laura und ihr habt euch immer gut verstanden. Außerdem bekommst du eine Kontovollmacht und eine Patientenverfügung. Du siehst, es ist alles geregelt. Die nette Ärztin hat mir vorhin dabei geholfen und alles aufgeschrieben. Zwei Kollegen haben das bezeugt, so dass alles seine Richtigkeit hat. Nimm bitte noch mein Handy, da sind alle Adressen und Nummern drin, die du eventuell brauchst.“ Die Tür ging auf und Frau Dr. Laubinger, sagte streng: „Tut mir leid, aber wir müssen nun in den OP. Ich denke, sie haben bestimmt alles geregelt. Ich gebe ihnen nachher die Vollmachten, die Herr Lellinger mir heute Nacht diktiert hat.“ Leo: „Machst du es?“ Thomas: „Habe ich eine andere Wahl?“ Leo: „Wohl kaum. Aber ich werde mich dafür revanchieren, versprochen.“ Zwei Schwestern kamen herein und klemmten ihn von Maschinen ab und schoben ihn aus dem Zimmer. Beim verlassen des Zimmers, sagte Leo noch: „Danke, mein Freund. Keine Angst, wir sehen uns wieder, so oder so.“ Frau Dr. Laubinger forderte die beiden auf, mit in ihr Büro zu kommen. Dort überreichte sie Thomas mehrere Schreiben, die alle von drei Ärzten als Zeugen unterzeichnet waren. Thomas: „Was fehlt ihm denn eigentlich? Ich meine, sind seine Verletzungen sehr schlimm?“ Und Frau Dr. Laubinger meinte: „Ich bin schneller fertig, wenn ich ihnen die Knochen aufzähle, die nicht gebrochen sind. Er hat beide Arme, Hände und Hüften mehrfach gebrochen. Auch beide Beine, je Ober- und Unterschenkel. Mehrere Rippenfrakturen und innere Verletzungen. Drei Wirbel an der Lendenwirbelsäule sind auch gebrochen. Wenn er heute die OP überlebt, könnte er es schaffen. Aber bis zu seiner Genesung wird es ein langer und schwerer Weg sein.“ Thomas wollte so lange warten bis die OP beendet war, aber Frau Dr. Laubinger riet ihm davon ab, weil sie mindestens acht bis zehn Stunden dauern und er dann in ein künstliches Koma versetzt werden würde. Danach entschuldigte sie sich, weil sie zur OP musste. Klara sah, wie fassungslos Thomas war. Sie streichelte ihm über seine Haare und sprach dabei: „Tut mir leid, dass dein Freund so schwer verletzt ist. Es ist gut, dass du ihm in dieser schweren Zeit hilfst. Und wenn du Laura so gut kennst, wird sie auch mit der Situation klarkommen. Ich werde dich unterstützen so gut es geht.“ Thomas nahm sie in den Arm, drückte sie und bedankte sich bei ihr. Sie verließen die Charité wieder und fuhren zurück in die Villa. Als sie in die Küche kamen, fragte Maria: „Ist etwas passiert? Ihr habt heute so schnell das Haus verlassen, dass man meinte, ihr seit auf der Flucht.“ Klara erzählte allen, was sie gerade im Krankenhaus erfahren hatten. Dann fragte Thomas: „Hat jemand ein Problem damit, dass wir Laura solange aufnehmen?“ Keiner hatte einen Einwand. Alle waren der gleichen Meinung, dass man in einem solchen Fall selbstverständlich helfen musste. Dann rief Thomas die Nachbarin von Leo in München an und erkundigte sich, wann Laura am nächsten Tag in Berlin ankommen würde. Sie nannte ihm die Uhrzeit und auf welchem Gleis der ICE einfuhr. Er bat sie auch noch um ihre Kontonummer, weil er ihr umgehend ihre Auslagen überweisen wollte. Zuerst zierte sie sich, gab aber Thomas dann doch ihre Daten. Als er mit dem Telefonat fertig war, sagte er: „Also Laura kommt morgen früh um 10:43 Uhr auf Gleis 3 an. Sie hat Laura zwei Koffer zusammengestellt, was ihr wohl für die nächsten zwei- bis drei Wochen reichen dürfte. Der Rest würde ja von der Spedition gebracht werden. Nur eine Adresse bräuchte sie noch.“ Dann fragte er Franz: „Haben wir noch Platz im Schuppen, um die Sachen da unterzustellen?“ Franz: „Nachdem Kathi alles mitgenommen hat, als sie auszog, ist wieder reichlich Platz. Soviel wird es ja nicht sein. Nur wenn noch viele Möbel aus Klaras Wohnung dazukommen, wird es knapp mit dem Platz. Aber ich denke, wenn wir alles geschickt stapeln, reicht es.“ Maria: „Und wo bringen wir die Kleine unter? Oben bei den Mädels ist noch das Zimmer von Kathi frei. Soll ich das gleich herrichten?“ Thomas: „Wenn meine Schwestern nichts dagegen haben, soll es mir Recht sein.“ Den vier Schwestern war es egal, ob das Zimmer leer stand oder Laura einzog. Sie gingen gleich nach oben um Maria zu helfen. Jo fragte Thomas, als sie alleine waren: „Laura hat auch ihr Päckchen zu tragen. Zuerst starb ihre Mutter und nun der Unfall. Erinnert mich irgendwie an euch. Vor einem Jahr habt ihr eure Eltern verloren. Ich war noch nie in einer solchen Situation.“ Thomas: „Im Laufe der Zeit lässt der Schmerz nach. Aber eine Lücke wird immer da sein, egal wie man sich verstanden hat. Das ist nun einmal der Lauf der Zeit. Hoffentlich schafft es Leo, schon alleine wegen Laura.“ Am Montagmorgen fuhren Karl, Klara und Thomas zum Berliner Hauptbahnhof. Kurz vor der Einfahrt des ICEs standen sie auf Gleis 3. Am morgen hatte Thomas noch einmal in der Charité angerufen und sich nach Leos Befinden erkundigt. Die Schwester sagte ihm, dass es ihm den Umständen entsprechend ginge und er eine relativ ruhige Nacht hatte. Er würde aber weiter in einem künstlichen Koma gehalten, weil die Schmerzen die er sonst hätte, den Körper nur unnötig belasten würden. Ein Standartsatz aller Ärzte, die einen Patienten in einem künstlichen Tiefschlaf versetzten. Thomas war heilfroh, dass Leo die OP überlebt hatte. Der Zug fuhr ein und Thomas entdeckte Laura, trotz der vielen Menschen die ein- oder ausstiegen. Laura rannte auf Thomas zu und umarmte ihn weinend und fragte gleich: „Wie geht es meinem Vater?“
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Laura fragte Thomas als erstes: „Wie geht es meinem Vater, Onkel Thomas?“ Dabei wischte sie sich die Tränen von der Wange und schnäuzte sich ihre Nase. Thomas antwortete: „Laut Auskunft der Ärztin, hat er die 12- stündige OP gut überstanden. Er hatte eine ruhige Nacht und liegt nun im künstlichen Koma. Es geht ihm den Umständen entsprechend gut, versicherten sie mir.“ Laura: „Können wir gleich zu ihm, Onkel Thomas?“ Thomas: „Gleich Laura. Bitte mach mir den Gefallen und lass den „Onkel“ weg. Thomas alleine reicht auch. Übrigens, das ist Klara meine Freundin. Ihr werdet euch bestimmt verstehen. Den Rest der Familie stelle ich dir nach und nach vor, weil die meisten von ihnen noch auf der Arbeit sind. Wir fahren schnell in die Villa, dort kannst du dich umziehen und frisch machen. Bei der Gelegenheit zeige ich dir auch gleich dein Zimmer. Herzlich Willkommen in Berlin.“ Laura: „Was für ein Zimmer? Ich fahre morgen wieder zurück nach München. Dort ist mein Leben, meine Schule und vor allem meine Freunde.“ Thomas und Klara wurde sofort klar, dass der erste Ärger schon in der Luft lag. Aber er ließ sich am Bahnsteig auf keine weitere Diskussion ein und sagte: „Lass uns zum Wagen gehen, hier ist es doch ziemlich zugig, nicht dass du dich noch erkältest.“ Als sie den Hauptbahnhof verließen, kam Karl mit dem Wagen vorgefahren. Er sagte zu Laura: „Hallo, ich bin Karl. Ich werde dich in der nächsten Zeit überall hinbringen, bis du dich etwas besser hier in Berlin und Potsdam auskennst. Du kannst mich ruhig duzen, das tun alle hier.“ Er nahm ihr den Rollkoffer ab und verstaute ihn in den Kofferraum. Laura: „Das ist lieb von ihnen, aber für den einen Tag den ich hier bin, wird das nicht nötig sein. Ich nehme mir nachher ein Taxi, die kennen sich hier ja auch aus.“ Karl schaute zuerst Laura und dann Thomas an. Der legte aber den Finger auf seine Lippen, als wollte er sagen, „Lass sie ruhig reden“. Die Fahrt verlief sehr ruhig. Laura sagte nichts und machte auch keine Anstalten noch weitere Fragen zu beantworten. Sie hatte den L.m.a.A. Modus eingeschaltet, ein typisches Zeichen der Pubertät. Thomas war es egal, kannte er doch dieses gebaren von seinen Schwestern her. Er wusste aber auch, dass Laura von selbst wieder anfangen würde zu sprechen, spätestens wenn alle das Gleiche mit ihr taten. Klara verstand sofort welche Strategie Thomas verfolgte und spielte gleich mit. Während der Fahrt unterhielten sie sich über Dinge vom Betrieb und ließen Laura bei der Unterhaltung außen vor. Man sah wie Laura von Minute zu Minute wütender wurde. Karl fuhr zügig zur Villa und hielt direkt vor dem Eingang. Er öffnete den Kofferraum und stellte Laura ihren Rollkoffer vor ihre Füße, sagte aber kein Wort. Er stieg wieder ein und fuhr den Wagen an den Nebeneingang, wo er sonst auch immer parkt. Thomas gab die Zahlenkombination der Eingangstür ein und öffnete diese. Klara und er traten ein und riefen: „Du kannst deinen Koffer im Flur stehen lassen und später hochbringen. Die andere Tasche auch.“ Laura stand immer noch vor der Tür und kochte innerlich. Sie kniff ihre Augen zusammen, zog den Koffer hinter sich her und trug schließlich beide Teile in den langen Flur. Neugierig lief sie den Flur entlang, bis sie zur Küche kam. Dort trat sie ein und traf auf Maria, die gerade am kochen war. Maria: „Hallo hübsches Fräulein, du bist bestimmt Laura. Ich bin Maria, und sorge für das leibliche und seelische Wohl des Bergmann Clans. Wenn du etwas brauchst, sage es mir.“ Sie streckte ihr die Hand hin und Laura drückte sie. Laura: „Wo sind die beiden? Lassen mich einfach mit meinen Koffern vor der Tür stehen.“ Maria: „Du meinst sicherlich Thomas und Klara?“ Laura nickte. Maria: „Das ist normalerweise nicht ihre Art. Also ich kenne sie nur als nett, zuvorkommend und hilfsbereit. Hast du Krach gehabt mit den beiden?“ Laura: „Nicht das ich wüsste, habe ja nicht einmal mit ihnen geredet.“ Und jetzt hörte man deutlich den bayrischen Dialekt den Laura aufgelegt hatte und sie fing an zu schimpfen: „Ich hab den beiden schon gesagt, dass ich morgen wieder zurück nach München fahre. Was soll ich hier? Mein Vater bekommt ja sowieso nicht mit, ob ich da bin oder nicht. Ich habe in München mein zu Hause, meine Freunde und gehe dort zur Schule. Ich kann wohl selbst auf mich aufpassen und brauche keinen Babysitter. Schließlich werde ich in fünf Monaten schon 16 Jahre alt.“ Maria: „Was, du bist schon 15 Jahre alt? Respekt, das hätte ich jetzt nicht für möglich gehalten. Na ja, wenn du so selbstständig bist, dann kannst du ja deine Koffer auch selbst nach oben tragen, ich habe es nämlich mit dem Kreuz und bin auch nicht mehr die Jüngste. Ach ja, dann brauche ich so lange du noch hier bist, nicht die Wäsche waschen und sie bügeln, nicht für dich kochen und dein Geschirr wäscht du ja auch selbst ab. Das ist gut, da ist endlich jemand der so jung schon selbstständig ist. Da brauchst du ja auch keinen der dir für die Schule Entschuldigungen schreibt. Dann verdienst du dir dein Taschengeld bestimmt auch selbst? Da kann ich nur den Hut ziehen. Du gefällst mir, Kindchen. Also komm mit, ich zeige dir dein Zimmer solange du noch hier bist, oder möchtest du lieber in ein Hotel gehen? Karl fährt dich bestimmt in die Stadt. Aber das wird nicht billig, weil wir gerade viele Veranstaltungen hier in Potsdam haben. Du musst dann schon mit drei- bis vierhundert Euro pro Nacht rechnen. Aber das ist für dich doch bestimmt kein Problem, du bist ja schon 15 Jahre alt. Na, hast du es dir überlegt?“ Laura: „Ich glaube, eine Nacht werde ich es hier wohl aushalten. Sie sind ja auch noch da, oder gilt das Angebot nicht mehr?“ Maria: „Wenn ich etwas verspreche, dann halte ich es auch. Nun komm und lass dich überraschen.“ Klara und Thomas hatten das Gespräch aus sicherer Distanz mit angehört. Klara: „1:0 für Maria. Sie wäre sicher eine gute Psychologin geworden.“ Thomas: „Was heißt hier wäre, sie ist eine gute Psychologin. Für störrische Jungs und Mädchen reicht ihr Wissen allemal. Wer meine vier Schwestern und mich gebändigt kriegt, bekommt auch Laura in den Griff.“ Sie beschlossen nach dem Mittagessen mit Laura in die Charité zu fahren. Danach wollten sie mit ihr sprechen, um damit für klare Verhältnisse zu sorgen. Das dies nicht einfach werden würde, war beiden klar, aber es musste sein, zum Wohle von Laura.
Franzi arbeitete schon seit einigen Monaten in den Bergmann Werken. Zuerst war sie im Versand als Helferin beschäftigt und seit drei Monaten war sie Azubi. Sie machte eine Lehre als Buchhalterin. Sie hatte bisher mit niemand von der Firma Probleme gehabt, obwohl sie die Schwester des Chefs war. Alle behandelten sie wie eine von ihnen. Sie wurde immer wieder einmal von anderen Mitarbeitern zu einem Date aufgefordert, aber Franzi lehnte stets freundlich ab und schob die Schule oder sonstige Dinge vor. Franzi kam mit allen gut aus, aber mit einem Mitarbeiter kam sie besonders gut zurecht. Bevor sie die Ausbildung anfing, musste sie einige Wochen in der IT Abteilung aushelfen. Dabei durfte sie den ganzen Tag lang, auf einer illegalen Spielkonsole der Konkurrenz spielen. Dabei lernte sie den Chefprogrammierer Dirk Ommer kennen, der ja auch beratend in der Geschäftsleitung sitzt. Dirk hatte aber ein Handicap, weil er im Rollstuhl saß. Franzi störte das nicht, fand es aber nicht richtig von Dirk, dass er nichts dagegen unternahm, wieder aus dem Rollstuhl zu kommen. Er hatte als Kind Kinderlähmung gehabt und dabei sind seine Füße in Mitleidenschaft gezogen worden. Er hatte zwar schon einige Ärzte aufgesucht, aber alle betrachteten ihn als eine Art Versuchskaninchen. Sie brachen ihm die Beine und setzten Platten und Schrauben ein. Aber nichts half. Das Einzige was er danach jedes Mal hatte, waren unsägliche Schmerzen über Wochen und Monate. Und darauf hatte er absolut keinen Bock mehr, wie er immer betonte. Aber Franzi wollte nicht aufgeben, ihn nach Heidelberg in eine Spezialklinik zu bringen. Sie arbeitete jeden Tag daraufhin, dass Dirk irgendwann einwilligen würde. Den ersten Schritt dazu sollten seine Röntgenaufnahmen sein. Anhand dieser, konnten die Ärzte in Heidelberg schon einmal einschätzen, ob sie ihm helfen konnten oder nicht. Julia, ihre Schwester hatte ihr den Rat gegeben. Da sie ja Orthopädin ist, kann auch sie nur Diagnosen, durch Röntgenaufnahmen oder CT Bilder untermauern. Franzi machte wie jeden morgen wieder ihren üblichen Rundgang in die einzelnen Abteilungen des Werkes. Sie sammelte dort Lieferscheine, Auftragsbestätigungen und andere Dinge ein, die für die Buchhaltung relevant waren. Auch verteilte sie dabei gleich die hausinterne Post des Werkes. So kam sie auch jeden Tag zu Dirk Ommer. Auch an diesem Morgen war das so. Franzi kam zu ihm und sah gleich, dass es ihm nicht gut ging. Er hatte wieder schmerzen, über die er nie sprach. Dirk wollte einfach nicht, dass ihn andere Mitarbeiter bemitleiden. Franzi sah gerade noch wie er eine Tablette einnahm. Sie wartete einen Augenblick und ging dann in seinen „Glaskasten“, wie er sein Büro nannte. Franzi: „Guten Morgen Dirk, hast du Post für mich?“ Dirk rollte hinüber an den Schreibtisch und holte mehrere Schriftstücke aus einer Ablage und gab sie ihr. Franzi: „Und wie geht es deinem Rollstuhl? Alles geölt und der Luftdruck richtig?“ Dirk: „Warum fragst du nach meinem AOK Schopper? Was soll mit ihm sein? Ist alles in Ordnung.“ Franzi: „Ich frage doch nur, weil du so richtig scheiße aussiehst. Und da das nicht an dir liegen kann, muss es wohl am Rollstuhl liegen. Hab ich Recht?“ Dirk sah sie böse an und erwiderte: „Geh mir nicht auf die Nüsse. Hast du nichts zu tun? Geh in dein Büro und gehe anderen Leuten auf die Nerven. Abflug.“ Franzi: „Jawohl Sir, werde mich sofort in mein Büro begeben. Kann das Elend das mich hier anblafft sowieso nicht mehr länger sehen, sonst bekomme ich noch meine mittäglichen Depressionen. Wenn du deine Röntgenbilder dabei hast, gib mir einfach Bescheid. Auf Wiedersehen und noch einen schmerzhaften Tag wünsche ich dir.“ Sie war kaum aus der Tür, da flog auch schon ein Aschenbecher hinter ihr her. Franzi kannte dieses Geräusch, wenn der Aschenbecher an der Metallenen F 90 Tür einschlug. Ab und zu brachte sie ihm einen neuen Aschenbecher mit, weil der Alte schon richtig verbeult war. Für sie stand jedes Mal fest, irgendwann hatte er die Aufnahmen dabei. Nach der Mittagspause kam Franzi wieder zurück in ihr Büro. Ihre Abteilungsleiterin hatte ihr mehrere Umschläge bereitgelegt, die sie an die einzelnen Abteilungen verteilen sollte. Darunter war auch ein Auftrag an Dirk Ommer. Zuerst wollte sie nicht zu ihm gehen, weil sie befürchtete, dass er immer noch sauer auf sie war. Nach reiflicher Überlegung beschloss sie doch zu ihm zu gehen. Sie sah wie er am PC saß und arbeitete. Sie klopfte höflich an und wartete, bis er „Herein“, sagte. Franzi öffnete schnell die Tür und lief hastig zu ihm und legte den Auftrag auf seinen Tisch, drehte sich wortlos um und wollte gleich wieder gehen. Doch Dirk rief laut: „Soooo nicht, Frau Bergmann. Sie müssen mir schon sagen was es mit dem Schreiben auf sich hat. Ist es ein Auftrag, eine Erweiterung, oder ein Mängel? Also, was ist?“ Franzi: „Es ist ein Auftrag, für die Bremer AG.“ Dirk: „Drehen sie sich gefälligst um, wenn ich mit ihnen spreche, oder stört sie mein Leiden?“ Franzi drehte sich um und antwortete: „Ich kann dich einfach nicht mehr leiden sehen. Du bist so ein toller Typ und tust nichts für deine Gesundheit. Bitte entschuldige, wenn ich dir auf die Nüsse gehe, aber ich habe eingesehen, dass es dein Leben ist und nur du bestimmst wie es aussieht. Ich werde dich nie wieder auf die Röntgenbilder ansprechen, versprochen.“ Dirk rollte auf sie zu und meinte: „Das hoffe ich auch.“ Kurz vor ihren Beinen blieb er stehen. Er zog etwas hinter seinem Rücken heraus und schlug es ihr auf ihren Bauch. Es war ein großer Umschlag und Dirk meinte laut: „Hier hast du deine beschissenen Aufnahmen. Und wenn du je wieder mit dem Thema anfängst, werde ich Thomas vor die Wahl stellen, entweder er wirft dich raus, oder ich kündige. Das ist mein voller Ernst.“ Franzi erkannte, dass es Dirk wirklich so meinte. Sie nahm ihm den Umschlag aus der Hand und antwortete: „Dann wirst du wohl kündigen müssen, denn ich habe einen Vertrag, da kann mich Thomas nicht einfach entlassen.“ Dirk: „Lass es nicht darauf ankommen, du penetrante Nervensäge. Mit dir möchte ich auch nicht verheiratet sein. Dein zukünftiger Mann tut mir jetzt schon leid. Der muss entweder total hässlich, oder total verblödet sein, sonst würde er dich bestimmt nicht heiraten.“ Franzi: „Und du heiratest am besten eine Apothekerin, die kann dir dann jeden Tag Schmerzmittel spritzen, damit du schmerzfrei bist. Oder noch besser, sie soll dir einen Zugang für einen Tropf legen, da brauchst du nur einmal pro Woche die Flasche wechseln.“ Dirk: „Du bist doch ein richtig kleines Miststück. Macht dir das eigentlich Spaß, sich auf Kosten anderer zu amüsieren?“ Franzi sagte eine Minute nichts mehr, sah ihn nur an. Dann antwortete sie ganz leise: „Es tut mir aufrichtig Leid, aber ich wollte nie deine Gefühle verletzen. Bitte verzeihe mir. Aber ich war doch nur so hartnäckig und nervig zu dir, weil ich dir helfen wollte. Ich mag dich einfach und kann dich nicht leiden sehen. Wenn du möchtest, werfe ich die Aufnahmen weg und du hörst nie wieder ein Wort darüber von mir.“ Dirk sah, wie sie wässrige Augen bekam. Er streckte seine Hand aus und nahm ihre Hand. Er streichelte sie und meinte: „Es tut mir auch leid, entschuldige wenn ich dich beleidigt habe. Ich mag dich doch auch, aber meine gesundheitliche Situation ist nicht die Beste. Da kann es schon einmal vorkommen, dass ich genervt bin. Das kommt von meinen schmerzen und den Tabletten. Du hast ja jetzt was du wolltest, schicke die Aufnahmen weg, sonst wäre ja unser Streit umsonst gewesen. Alles wieder gut?“ Ein Lächeln legte sich in Franzis Gesicht. Sie beugte sich herunter und küsste eine Wange von ihm. Dann sagte sie: „Alles wieder gut. Falls die Uni Klinik in Heidelberg eine OP ablehnt, werde ich nie wieder darüber ein Wort verlieren, versprochen.“ Sie nahm den Umschlag in beide Hände vor ihre Brust und ging zurück in ihr Büro. Dirk wusste nun, dass ihm Franzi wirklich nur helfen wollte. Für einen Moment hatte er seine Schmerzen vergessen, aber nach einigen Minuten waren sie wieder da. Dieser unaufhörliche stechende Schmerz würde nie aufhören, solange er sich nicht für eine neuerliche OP entschied. Dirk hatte Angst, dass es wieder ein Griff ins Klo werden würde. Und er hatte auch Angst, dass sie ihm, beide Beine amputieren würden, um endlich schmerzfrei zu werden.
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