Leonhard Kindler - Eine Geschichte auf den Spuren des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte in der Gegenwart
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Berend Wilbers. Leonhard Kindler - Eine Geschichte auf den Spuren des dunkelsten Kapitels deutscher Geschichte in der Gegenwart
Отрывок из книги
Es gibt immer einen Grund,warum Menschen so sind wie sie sind.
J. W.
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Kindler hatte sich mit ihm in den ersten Jahren seiner Berufstätigkeit ein Büro geteilt. Der etwas knorrige, ältere Herr, etwa zwei Köpfe kleiner als er selbst, war dem jungen Berufsanfänger von Anfang an mit Sympathie begegnet und ihm eine echte Hilfe gewesen. Obwohl er sein Studium als einer der Besten des Jahrgangs mit fundierten Kenntnissen der komplexen Materie abgeschlossen hatte, zeigten ihm die Anforderungen der Praxis gelegentlich Grenzen auf. Wann immer er in den Anfangsjahren nicht mehr weiter wusste, konnte er sich der kollegialen Unterstützung des Grafen sicher sein. Ganz nebenbei entwickelte sich über den beruflichen Kontakt hinaus ein fast freundschaftliches Verhältnis. In Anbetracht der wirklich völlig unterschiedlichen Charaktere war das so von niemandem erwartet worden und alles andere als selbstverständlich. Natürlich ergibt sich fast zwangsläufig eine gewisse Nähe zwischen Personen, die den größten Teil des Tages zu zweit in einem Büro verbringen. Die Eigenheiten und Marotten des jeweils anderen hätten aber leicht auch das genaue Gegenteil bewirken können. Nach Einschätzung aller Kollegen war es vor allem dem immer freundlichen und gut aufgelegten Kindler zu verdanken, dass das gute Verhältnis der beiden schon nach kurzer Zeit als beispielhaft galt und für die These herhalten musste, dass ein kollegiales Miteinander sehr wohl gelingen kann, auch wenn im Vorfeld alles dagegen zu sprechen scheint. Vermutlich war es deshalb nicht nur eine Anspielung auf den Größenunterschied, der eine wohlmeinende Kollegin veranlasste, den beiden mit „Pat und Patachon“ einen Beinamen zu geben, der schnell im ganzen Haus verbreitet war.
Nach zwei gemeinsamen Jahren hatte HvK eine neue Herausforderung gesucht und sich in den Außendienst versetzen lassen. Seither begegneten sie sich nur noch selten. Der Graf sorgte allerdings seit einigen Monaten im Kollegium für Gerede, weil er sich an exponierter Stelle in einer neuen Partei engagierte, die dem rechten politischen Spektrum zugerechnet wurde. Die massive Kritik, die von Kranzwegen dafür im Haus, aber auch in der lokalen Presse einstecken musste, war für Kindler nur schwer auszuhalten. Das schlimme Bild, das jetzt von dem geschätzten Kollegen gezeichnet wurde, wollte so gar nicht zu seinen eigenen Erfahrungen aus den Tagen der Bürogemeinschaft passen. Er hatte bisher vergeblich nach einer Gelegenheit gesucht, darüber mit ihm näher ins Gespräch zu kommen. Die Begegnung im Treppenhaus schien dafür wenig geeignet. So beließ er es bei einer kurzen Unterhaltung, in der die gewachsene Nähe unbelastet von kritischen Nachfragen spürbar blieb.
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