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Dawid Danilo Bartelt. Copacabana
Einleitung: Copacabana urbi et orbi
Eine Heilige mit Migrationshintergrund Sacopenapan und die portugiesische Kolonie
Überseefahrten und die Landnahme in der »Neuen Welt«
Copacabana am Titicaca-See und die Schifffahrt einer Heiligen nach Rio de Janeiro
Hauptstadt Portugals, Hauptstadt des Sklavenhandels: Rio im 19. Jahrhundert
Die zweite Eroberung Brasiliens Naturforscher und Rio-Reisende im Dienste ihrer Zivilisation
Kleingeschrieben: Wirkungen europäischer Wissenschaft
Sandbank und Fels – Copacabana wird noch nicht entdeckt
Der König geht baden Die späte Lust am Strand in Rio de Janeiro
Die Angst des Europäers vor dem Meer
Das Baden beginnt
Die Geburt des Mythos aus dem Fels Entstehung und Frühphase des modernen Copacabana
Ein Tunnel als Geburtshelfer
Ein »Zivilisierungsprogramm« für die Hauptstadt
Sommerfrische, Sanatorium, Neues Rio: Das frühe Copacabana
Moderne im Teilchenbeschleuniger Architektur und Gesellschaft zwischen Copacabana Palace, Art déco und »Wolkenkratzer«
Die Hotellegende: Das Copacabana Palace
Grünblaue Jahre, goldene Zeiten: Die frühe Moderne in Copacabana
Art déco in Copacabana
Neues Bauen: Die frühe brasilianische Moderne
Raum für modernes, öffentliches Leben
Neue Heimat der aufstrebenden Mittelschicht
Der Samba ist heiß, aber schuld ist nur der Bossa Nova Eine neue Musik zwischen Apartment und Meer
Verstimmt, aber angesagt
João Gilberto und Tom Jobim
Schluss mit dem Schmachten
Der Ort des Bossa
Musik der Mittelschicht
Bossa goes USA
Schwanengesang
Bühne auf Sand Körper-Kulturen in Copacabana
»Wir gehen an den Strand«
Enthüllungen an der Copacabana
Zirkeltraining an der Promenade
Vom Maillot zum Bikini
Immer in Bewegung – Körper-Einsatz am Strand
Strandpolitik und Sandgesellschaft Arbeiten und leben an unsichtbaren Grenzen
Von der »Neuen Aristokratie« zum Massenbetrieb
Das Panorama der Postos – in den Augen des Flaneurs
Ein Strand für alle?
Copacabana vertikal Hügel und Asphalt, Dekadenz und Wiederaneignung
Sodom und Gomorrha
Wiederaneignung des Mythos
Favelas: Das vergessene Copacabana
Ein Gewächs namens Favela
Paradigmatischer Ort von Gewalt und Kriminalität
Die Favela boomt
Porteiros, die wahren Helden Copacabanas
Danksagung
Auswahlbibliographie
Отрывок из книги
Vielleicht ist es der Klang. Copacabana, das ist Musik in Farbe. Copacabana, das klingt wie ein überdimensionierter Frucht-Eisbecher, wie Freizeit und Erfrischung, wie Trommeln im Tropenwind. Co-pa-ca-ba-na, das ist Rhythmus pur, die Aussprache ist fast zwangsläufig perkussiv. Copacabana ist eine Exotismus-Bezeichnung, wie sie kein Werbefachmann besser hätte erfinden können. Copacabana, das klingt wie die Kitsch-Version seiner selbst.
Überall auf der Erde ist Menschen dieser Klang vertraut. Wenn sie »Copacabana« hören, gehen ihnen Worte und Bilder auf, viele assoziieren Brasilien oder Rio de Janeiro oder beides, und viele einen Strand. Das hat sich auch nach mehreren Jahrzehnten nicht geändert. Copacabana ist ein imaginäres Einfallstor nach Brasilien und zur modernen Freizeitwelt. Dieses Stückchen Erde mit gerade mal viereinhalb Kilometern Strand und weniger als acht Quadratkilometern Fläche verdichtet sich zu einem wirksamen Bild, das ein in Deutschland erschienener Strandführer Brasilien so formuliert: »Über ganz Brasilien, so scheint es, klebt eine schwere Wolke aus Erotik, Hitze, Abenteuer und Musik.«
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Viele denken, dass Copacabana eine Bezeichnung aus dem Tupí-Guaraní sei, genauso wie carioca. Diese Bezeichnung für die Einwohner der Stadt (von kara‘ïwa: »weißer Mann« und oka: »Haus«) setzte sich im 18. Jahrhundert durch. Es könnte sogar Portugiesisch sein, wenn jemand einfach copa (Pokal, Kelch, Baumwipfel, auch Anrichte) und cabana (Hütte) zusammengefügt hätte. Doch das ist linguistischer Zufall. Tatsächlich ist »Copacabana« ein Wort aus einer indigenen Sprache. Aus einer allerdings, die auf der anderen Seite des Kontinents gesprochen wurde, von Rio so weit entfernt wie Moskau von Sizilien.
Der Name Copacabana ist vom Titicaca-See im Anden-Hochland aus nach Brasilien gelangt. Auf der bolivianischen Seite des Sees liegt eine Halbinsel: Copacabana. Copacabana war und ist heiliges Gebiet sowohl der alten Aymaras als auch ihrer Besatzer, der Inkas. Als die christlichen Spanier das Inkareich eroberten, knüpften sie an die religiöse Tradition an und errichteten ihrerseits ein Heiligtum. Hausherrin war Nuestra Señora de Copacabana (Unsere Liebe Frau von Copacabana).
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