Weichenstellung - Wanderung zwischen Welten

Weichenstellung - Wanderung zwischen Welten
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In seiner Autobiografie lädt der Autor zu einer Wanderung zwischen Welten ein, die ihm zu Heimaten wurden. Die Geburtsheimat in der DDR, die Heimat von schulischem, beruflichem und familiärem Werdegang in der BRD. Mit Luxemburg und Rumänien lernen wir zwei Heimaten kennen, die Familie und Beruf entscheidend weiter entwickeln. Der Blick geht über die persönliche Erfahrung hinaus in spannendes und vielgestaltiges Leben, in unterschiedliche Kulturen und ihre menschlichen, zuweilen allzu menschlichen Träger. Eine spannend zu lesendes, von angemessenem Humor und wertenden Erklärungen geprägtes Zeitdokument im Dienste von Aufklärung und Toleranz.

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Dieter Klein. Weichenstellung - Wanderung zwischen Welten

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Dieter Klein

WEICHENSTELLUNG

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Für dringende Bedürfnisse gab es auf der Halbetage des Treppenhauses eine stets verschlossene Holztür, hinter der sich ein Plumpsklo allen Hausbewohnern der unteren und der mittleren Etage anbot - ohne Wasserspülung, ohne Heizung, ohne Toilettenpapier. Letzteres musste man selbst mittels Schere und Messer zurechtschneiden, was der Tageszeitung „Volksstimme“ dauerhaft Abonnenten sicherte. Da saß man dann im Winter, drohte bei längeren Sitzungen auf der breiten Holzplatte festzufrieren, in deren Mitte sich ein mit einem Holzdeckel verschließbares Loch befand. Obwohl es darunter zunächst schräg, dann geradewegs nach unten ging und deshalb eigentlich wenig Wasserspülung notwendig gewesen wäre, war es absolute Pflicht, jedem Geschäft ausreichend Wasser hinterher zu schütten. Dieses musste in einer großen Blechkanne aus der Wohnung herangeschleppt werden. Das auf diese Weise in der Klärgrube sich ansammelnde Spülungswasser ermöglichte die mehr oder weniger reibungslose Absaugung der Grube. Einmal im Jahr war dies ein aufregend anrüchiges Erlebnis für uns Kinder, besonders wenn die bis zum Jaucheauto auf der Straße verlegten Schläuche undicht waren oder sich einzelne Bajonettverschlüsse lösten und das Getöse der motorbetriebenen Saugpumpe die unter Druck gleichmäßig in die Gegend verspritzten Hinterlassenschaften melodisch begleitete.

Von späteren Jahrgängen nicht mehr nachvollziehbar das fast elektrizitätsfreie Leben. In Küche, Schlafzimmer und Wohnzimmer gab es jeweils eine Deckenlampe mit einem Kippschalter neben der Tür. Einzig das Wohnzimmer wies zusätzlich zwei Steckdosen auf für eine Leuchte auf Mutters Schreibtisch und mittels Verteiler auch für das Radio. Fernsehen war völlig unbekannt. Erst in späteren Jahren gab es so etwas wie Fernsehen im städtischen Pionierhaus – für uns Jüngere auf den hinteren Stuhlreihen allerdings flimmerte nur etwas auf weit entfernter Bühne, das man weder genau erkennen noch verstehen konnte. In den letzten Jahren bot sich dieser Luxus gelegentlich in Schwarz-Weiß-Qualität in der Wohnung des Klassen-kameraden Hans Peter S.. Die zweite Wohnzimmer-steckdose war für Vati reserviert, wenn er abends bei der häuslichen Schneiderarbeit mit dem Bügeleisen hantierte. Wasser konnte man in der Küche aus einem Messinghahn zapfen, der über halbrundem Emaillebecken aus der Wand ragte. An diesem Becken unterm Hahn wurde auch die Morgentoilette erledigt, wurden Zähne und Gemüse geputzt, Hände gewaschen. Dicht daneben der Küchen-herd, der mit Holz und Braunkohle aus dem Keller seiner Bestimmung nachkam. Auf ihm wurde gekocht, gebraten und in seiner Röhre gebacken, er strahlte Wärme aus und sorgte mit seiner in die Herdplatte eingelassenen Wasserwanne für abgekochtes Trinkwasser. Aufregend wurde es, wenn unregelmäßig an Freitagen Badetag war. Ein großer Zinkbottich blockierte, nachdem der Küchentisch beiseite geschoben und er aus dem Keller in unsere Etage herauf geschleppt war, die Zimmermitte, gefüllt mit heißem Wasser. Zuerst absolvierten wir Kinder die Waschprozedur, und wenn wir anschließend bereits im Bett lagen, erfreuten sich die Eltern an und in der trüben Brühe.

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