Zwischen Hoffnung und Heilung
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Dunja Rotkvic. Zwischen Hoffnung und Heilung
Hinweis
Vorwort
Erste Jahre
Zusammenbruch
Sankt Wendel
Wieder zu Hause
An der Universität
Zwischen Heilaffirmation und Dauerstress
Tirol
Noch einmal mit letzter Kraft voraus
Kollaps
Reiki
Wieder im Leben
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Hinweis
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Meine erste Station wurde Venedig, diese geheimnisvolle Stadt der Lagunen. Endlich dort angekommen, sah ich vor allem Menschen, viele tausende sonnenbebrillte und sommerlich behoste Menschen. Ich drückte mich mit der Masse durch die engen Gässchen und sah doch kaum etwas von der Stadt, so viele waren wir, die wir hier eingefallen waren an diesem Ort, wie eine Heuschreckenplage, die auf unheimliche Weise das Feld verdunkelt und ihm alle Farbenpracht nimmt. Dann saß ich in meinem Zimmer, als es an meiner Tür klopfte. Der Restaurantbesitzer, mein Vermieter, ein Herr reiferen Alters, stand vor mir, einen kleinen Eisbecher in seiner Hand haltend. – Signora, vuoilo? Darauf ließ er sich wie selbstverständlich auf meinem Bett nieder. Er folgte glücklicherweise dann doch meinem Wink und ließ sich vertreiben. Schnell weiter, weiter, Venedig war mir zu voll, die Italiener zu aufdringlich, ich hatte sowieso nicht vorgehabt lange zu verweilen. Also mit dem Bus nach Umag, einem kleinen Küstenstädtchen an der istrischen Westküste, der ersten Station in Kroatien. Dann die Erfahrung, dass alles viel komplizierter war, als ich es mir vorgestellt hatte. Ich kam spätabends dort an, kein Touristbüro hatte mehr auf, aber ein hilfsbereiter Stadtbewohner brachte mich dankenswerterweise zu noch freien Appartements. Schnell merkte ich, Umag war langweilig, ein Urlaubsparadies für Familien mit vielen kleinen Hotelkomplexen, die sich aneinanderreihten, ihre kleinen Pools zur Show stellend, mit denen sie den Strand verbauten. Abends tönte geführte Animation aus den Lautsprechern. Am nächsten Morgen würde ich eine Fahrradtour unternehmen, das nahm ich mir fest vor. Ich hatte das Verleihgeschäft ganz zufällig entdeckt und entschied mich für ein massives Klappergestell. Professionellere Modelle hatte man nicht im Angebot, aber das machte nichts, ich war jung, naiv und gleichzeitig mit einem immensen Tatendrang gesegnet.
Ich hatte diese fixe Idee, möglichst viel von dem Land zu sehen, in dem ich mich befand und das doch das Land meiner Eltern war. Also fuhr ich los. Ich hatte es schon vielfach vom Fenster unseres Familienautos aus beobachten können. Hier, im sonnigen Istrien, waren viele Sportradler unterwegs, die sich an den Serpentinenstraßen übten, an uns vorbeiflitzten, voller Leichtigkeit und Eleganz, während wir uns langsam im alten, stickigen Familienauto die kurvigen Straßen entlang quälten. Jetzt saß ich auch auf einem Fahrrad und radelte über die Küstenstraße. Der Wind strich mir durchs Haar, die Sonne ließ das Meer in glänzendem Schimmer erstrahlen. Ich genoss den mir entgegenwehenden Meeresduft und die so typischen, vollen Farben eines strahlend hellen Sommertages. Immer weiter, weiter, die Straße entlang. Ich fuhr voller Elan, sah die kleinen Campingzelte, das geheimnisvolle Blau des Meeres, das strahlende Blau des wolkenlosen Himmels, fühlte den Körper in Aktion und war glücklich. Irgendwann dann begann mir die Mittagssonne auf Rücken und Kopf zu prallen, meine Wasserflasche war bald aufgebraucht. Ich blieb kurz stehen, atmete durch, saugte den Meeresduft ein und dann ging es weiter. Hin und wieder überholte mich ein Fahrzeug, ansonsten blieb die Straße leer. Die gleißenden Sonnenstrahlen ließen Luftlöcher entstehen, in denen sie sich leicht krümmte. Bald würde ich den nächsten Küstenort erreichen. Dann würde ich wieder trinken können und auch etwas zu Essen zu mir nehmen. Bis dahin hieß es weiterradeln. Hin und wieder säumten Häuser die Straße, aber das waren nur einzelne Dorfhäuser. Es gab nicht wirklich einen Ort zum Verweilen. Also radelte ich weiter. Ich muss vielleicht 15 Kilometer Luftlinie zurückgelegt haben - wer weiß, wie viele es tatsächlich waren, die Serpentinen machen die Strecke unnachvollziehbar - vorbei an dem Küstenstädtchen, dass ich gesucht, aber nicht gefunden hatte, weil es von der Straße abgelegen lag, war ich doch nur mit einer behelfsmäßigen Karte meine Reise angetreten. Inzwischen säumten immer mehr Autos meinen Weg. Sie brausten die enge Landstraße an mir vorbei, kamen aus den Kurven geschossen, streiften mich fast. Dann sah ich, dass die Straße eine gewisse Strecke offen über Meer führte. Sie kam mir von hier aus vor wie ein schmaler Steg. Ich sah und hörte den Wind, der über Meer und Meeresbrücke pfiff und wie wild an den Plastikplanen der Lastwagen riss, bekam weiche Knie, musste schlucken, überlegte mir, ob ich aufgeben sollte, umdrehen, wieder zurückfahren, machte mir Mut, hatte diesen Plan im Kopf, wollte endlich irgendwo ankommen, wo ich etwas trinken und essen konnte, war davon überzeugt, dass die Stadt, die ich suchte, bald erscheinen würde, riss mich zusammen und fuhr los.
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