Was wir im 1. Samuelbuch lesen, ist kein historischer Bericht. Noch streiten die Gelehrten, was daran Legende, was späterer Nachtrag, was tendenzielle Überarbeitung ist und wo sich geschichtliche Tatsachen herausschälen lassen. Aber wie der Streit auch ausgehen mag: Diese Erzählung von Saul, dem ersten König Israels, beschreibt zugleich wohl erstmals in der Menschheitsgeschichte ein besonderes Krankheitsbild. Wir würden es heute eine bipolare Störung nennen, eine Reihung manisch-depressiver Schübe, hervorgerufen durch mancherlei äußere Umstände, aber wohl auch genetisch bedingt. Zugleich aber begegnen wir in dieser Geschichte jenem ewig neuen Gegensatz zwischen Bewahrung des Alten und dem Glauben an den Fortschritt, dem Konflikt zwischen rationaler Politik und religiös motivierter Intoleranz. Dem allen wollen wir nachgehen, den Stimmen der verschiedenen Akteure lauschen, dem Reiz einer wunderbaren Erzählung nachspüren.
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Eckhard Lange. Der dunkle König
ERSTES KAPITEL: DAS ENDE
ZWEITES KAPITEL: DER GEIST JAHWES
DRITTES KAPITEL: DIE PLÄNE DES KÖNIGS
VIERTES KAPITEL: DAS OPFER DES KÖNIGS
FÜNFTES KAPITEL: DER SIEG DES KÖNIGS
SECHSTES KAPITEL: DER BANN ÜBER AMALEK
SIEBENTES KAPITEL: DIE KRANKHEIT
ACHTES KAPITEL: DER ZWEIKAMPF
NEUNTES KAPITEL: DER VERRAT
ZEHNTES KAPITEL: DIE FLUCHT
ELFTES KAPITEL: DIE WÜSTE
ZWÖLTES KAPITEL: DIE NACHRICHT
DREIZEHNTES KAPITEL: DER UNTERGANG
Impressum
Отрывок из книги
Titel
ERSTES KAPITEL: DAS ENDE
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Sauls Blick wanderte in die Runde, während die Männer herandrängten und die Hände zum Gruß erhoben. Er nickte ihnen freundlich zu, aber zunächst suchte sein Auge nach Samuel, und ehrfürchtig ging er auf den Alten zu, der ihn aufmerksam musterte. "Jahwe sei mit dir, ehrwürdiger Seher," begann Saul grüßend und erbat dann von ihm Gottes Segen für das, was ihm und den Männern bevorstand. Der Seher hörte es mit Wohlwollen, dann befahl er, einen Altar zu errichten und nach Besek um ein Opfertier zu schicken. Danach rief er Jahwe an und legte seinen Segen auf das versammelte Heer und seinen Anführer Saul, denn er erkannte wohl, daß dieser Mann aus Gibea dazu berufen war, den Kampf gegen die Ammoniter zu führen.
Als die heiligen Riten vollendet waren, trat Saul in die Mitte und hob die Hand als Zeichen, daß er zu reden gedächte. Mit knappen Worten gab er seine Anweisungen, als wäre er von Jugend auf das Kriegshandwerk gewöhnt. Sein Plan war ebenso einfach wie geschickt. Er teilte zunächst die Männer in drei gleichstarke Haufen. Getrennt sollten sie den Jordan durchqueren und ins Gebirge Gilead hinaufsteigen. Den Befehl über die erste Gruppe übertrug er seinem Vetter Abner, der schon mehrfach bei den Kämpfen gegen die Philister Verantwortung übernommen hatte. Für den zweiten Haufen bestimmte er Jonathan als Führer, obwohl sein Sohn noch zu den jüngsten Männern im Heerbann zählte; den dritten befehligte er selber.