Aus dem Leben einer jüdischen Familie
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Edith Stein. Aus dem Leben einer jüdischen Familie
Vorwort
Aus den Erinnerungen meiner Mutter
Aus der Welt der beiden Jüngsten
Von Sorgen und Zerwürfnissen in der Familie
Vom Werdegang der beiden Jüngsten
Von den Studienjahren in Breslau
Aus dem Tagebuch zweier Mädchenherzen
Von den Studienjahren in Göttingen
Aus dem Lazarettdienst in Mährisch-Weisskirchen
Vom Rigorosum in Freiburg
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Vorwort
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Mein Vater starb auf einer Geschäftsreise am Hitzschlage. Er hatte an einem heißen Julitage einen Wald zu besichtigen und mußte eine größere Strecke zu Fuß gehen. Ein Briefträger, der über Land ging, sah ihn von weitem liegen, nahm aber an, daß er sich zum Ausruhen hingelegt habe, und kümmerte sich nicht weiter darum. Erst als er ihn nach Stunden auf dem Rückweg noch an derselben Stelle sah, ging er hin und fand ihn tot. Meine Mutter wurde benachrichtigt und holte die Leiche nach Breslau. Der Ort, wo mein Vater starb, liegt zwischen Frauenwaldau und Goschütz. Nahe dabei ist eine Holzschneidemühle, in der oft die frisch geschlagenen Stämme für uns geschnitten wurden. Die braven Müllersleute haben in jenen schweren Tagen meiner Mutter beigestanden, und sie hat es ihnen nie vergessen. Wenn sie später selbst in dieser Gegend Wälder einkaufte und schlagen ließ, holte Herr Ludwig sie mit seinem Bauernwägelchen an der Bahnstation ab und begleitete sie oft auf ihren Wegen. Wenn unterwegs ein Wasser zu durchwaten war, trug er sie auf den Armen hinüber. Und seine gute Frau stärkte sie an heißen Sommertagen mit kühler Buttermilch und in bitterer Winterkälte mit heißem Kaffee. So ist eine Freundschaft fürs ganze Leben erwachsen. Meine Mutter schickte für die vielköpfige Familie Kleider und Kolonialwaren aus der Stadt. Dafür brachten Ludwigs, wenn sie nach Breslau kamen, Landbrot und Butter, frischen Weißkäse und manchmal einen Karpfen oder ein paar Schleien. Als die älteste Tochter heiratete, mußte unsere Familie bei der großen Bauernhochzeit vertreten sein. Besonders geehrt fühlten sie sich, als meine Mutter ihnen meine Schwester Erna und mich einmal für die ganzen Sommerferien anvertraute. Wir wurden in der „guten Stube“ untergebracht, wo die sauber gescheuerten Dielen mit weißem Sand bestreut waren, bekamen wie Herrschaften serviert, während die andern in der Küche alle aus einer Schüssel aßen, und genossen alle unbekannten Freuden des Landlebens: Kühe hüten, Garben binden, lebendige Fische mit der Hand aus dem klaren Bach holen. Es waren die schönsten Ferien während unserer ganzen Schulzeit.
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