Hockenstett – Eine Erzählung
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Erich v. Gaens. Hockenstett – Eine Erzählung
Inhalt
Vorwort
Lorencz Hoggenstad. oder: Im Spätmittelalter
Zwei Könige. oder: Etwas später im Spätmittelalter
Das schwarze Schaf. oder: Die fleißige Elisabeth
Auf zu neuen Ufern. oder: Fast schon in der Neuzeit
Heiliger Zorn. oder: Kann denn Nichtstun Sünde sein?
Suum cuique. oder: Essen ist die beste Medizin
Sechszehnhundertdreiundachzig. oder: Alla Turca
Voilà, un homme. oder: Nie hab‘ ich so etwas gehört noch gesehen
Gold! Gold! Gold! und: Klondike Fever
Volldampf voraus! oder: Erfindungen, die keiner braucht
Yeah, yeah, yeah! oder: Immer mit der Ruhe
Epilog. des Autors
Epilog. des Erzählers
Epilog. von Alois Schaasäugl
Epilog. der Dame von Seite 40 ff
Anhang. Die Rezepte der Familie Hockenstett
Coq au Vin. Der hockenstettsche Klassiker
Kubanisches Huhn. dazu: Süßkartoffel-Zucchini-Auflauf
Hühnersuppe. nach dem Geheimrezept von Abundius Benedictus Cato von Hockenstett
Backhendl. am besten mit Petersil-Erdäpfeln und Gurkensalat
Poulet Marengo. Ein Gericht für besondere Anlässe
Chicken Lyonnaise. Das letzte Dinner
Chicken Nuggets „For your Luck – a McCluck®!
Chicken Satay mit Erdnußsauce. Ooohhhmmmm!
Türkischer Kaffee. natürlich „not to go“
Impressum:
Отрывок из книги
„Sie sind gefeuert!“ Drei Worte und in der Regel ein Rufzeichen, die wohl bei jedem Arbeitnehmer Panik aufkommen lassen. Arbeitslosigkeit. Erwerbsunfähigkeit. Existenzangst. Verlust des Selbstwertgefühls. Beziehungskrise. Sozialer Abstieg. Verelendung. Alkoholismus. Beschaffungskriminalität. Knast. Keine gute Situation und noch schlechtere Aussichten für - nennen wir sie einmal - Normalbürger. Dabei ist ein Jobverlust - zumindest in unserer heutigen, westeuropäischen Gesellschaft – bei weitem nicht mehr so tragisch, wie noch vor einigen Jahrzehnten. Soziale Netze sorgen für ein gewisses Maß an Sicherheit, ein Grundeinkommen verhindert zumindest den Hungertod, Arbeitsämter und Jobcenter tun wenigstens so, als ob sie einem wieder beruflich auf die Beine helfen könnten und wenn man nicht über 40 ist, hat man sogar eine kleine Chance, wieder im Berufsleben Tritt zu fassen. Und mit sehr viel Glück bleibt nur ein kleiner Knick in der Karriereleiter.
Langzeitarbeitslosen, die aufgrund ihres Alters, diverser Gebrechen oder anhaltender Wirtschaftskrisen trotz aller Bemühungen keinen Job finden, sollte unser aller soziales Mitgefühl gelten. Nicht zuletzt eingedenk der Tatsache, dass jeden von uns das selbe Schicksal ereilen kann und wir in einer entsprechenden Situation über jede Hilfe dankbar wären. Aber es gibt auch andere, weniger ambitionierte, weniger karrieregeile und – man kann sie nicht anders benennen – stinkfaule Tagediebe, Müßiggänger, Faulpelze, Sozialschmarozer! Arbeitsscheues Gesindel, das zur optimalen Ausnützung von Sozialleistungen eine enorme Energie aufbringt und nebenbei zu diesem Zweck sogar eine erstaunliche Kreativität entwickelt. Für manche wird diese Untätigkeit gar zur Lebensphilosophie und stolz prahlen sie damit, wie es ihnen gelingt, ihre Mitmenschen jahrelang abzuzocken. Ein unverständlicher Stolz, weil ein Leben am Existenzminimum eigentlich nicht allzu verlockend klingt.
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Dies beantwortet wohl auch die Frage nach den - für den Erzähler unerklärlichen - ungewohnten und ungewöhnlichen Anstrengungen des Lorencz Hoggenstad. Es gab sie nicht. Und das war auch ganz gut so. Denn wer nichts mehr hat, dem kann man auch nichts mehr wegnehmen. Das einzige, was fremde Eroberer ihnen noch abverlangen hätten können, wäre ihre Arbeitskraft gewesen. Und so gab es – wie zu allen früheren Zeiten üblich – einige Versuche den einen oder anderen Hoggenstad in den Frondienst oder gar in die Sklaverei zu verschleppen. Ein sinnloses Unterfangen, wie sich für die jeweiligen Herren alsbald herausstellen sollte. Nicht nur, dass sich die armen Verschleppten als äußerst resistent gegenüber körperlicher Betätigung entpuppten – da half kein gutes Zureden, keine Belohnungen und auch körperliche Züchtigung und rohe Gewalt verpufften ergebnislos – nein, zu allem Übel steckten sie mit ihrer Arbeitsaversie auch alle anderen Gefangenen an. Um Schlimmeres zu vermeiden, wurden sie fast alle wieder nach Hause geschickt oder einfach zum Teufel gejagt. Wieder daheim bei ihren Familien, taten sie das, was die Hoggenstads schon immer getan haben: nichts. Oder besser, sie lebten in den Tag hinein und schauten, was er so bringen möge. Und irgendwas brachte jeder Tag mit sich. Ein bisschen was konnte man sich beim Spiel mit fremden Soldaten und Marketendern mit Hilfe gezinkter Würfel verdienen, hin und wieder verirrte sich ein Huhn in den eigenen Suppentopf und wurde zu einem delizösen Hühnchen in Weinsauce verarbeitet und irgendwas gab es immer zum Schnorren oder – wenn es sein musste – zum Klauen. Angeblich wussten vor allem die weiblichen Hoggenstads auch ganz gut, wie man sich mit gewissen Gefälligkeiten gegenüber spendabler Herren ein ganz nettes und einigermaßen bequemes Nebeneinkommen sichern konnte, aber davon wird in der Familie nicht gerne geredet.
Irgendwann – der Lorencz musste das schon nicht mehr miterleben – wurde es im Tal aber doch zu eng für die Familie. Alle, die nicht schon längst das Weite gesucht hatten, mussten dies irgendwann doch auch machen. Aber keines der vielen Kinder des Lorecz und der Walpurga musste ganz mit leeren Händen gehen. Nicht nur, dass sie durch eine gute Schule gegangen waren, was die Ausbildung in der Fähigkeit „Ohne-Geld-durch-die-Welt“ anbelangt, konnte ihre mittlerweile wirklich alte Mutter jedem Sprössling ein immerhin kleines Säcken mit einigen Münzen mitgeben. Dieses Geld hatte sie in den guten Zeiten des Hühnerhofes gespart und über all die Jahre wohlweislich und sehr gut vor den Steuereintreibern des Grafen, marodierenden Soldaten und vor allem vor der Schnorrerverwandtschaft versteckt gehabt. Und wann immer nun eines ihrer Kinderleins in die Welt hinauszog, steckte sie ihm oder ihr einen Teil davon in eine der vielen Taschen, nicht ohne den wohlmeinenden mütterlichen Rat, gut darauf aufzupassen, es nicht sinnlos und natürlich nur in Notlagen auszugeben und möglichst gut anzulegen. Ratschläge, die nicht immer fruchteten, aber der eine oder andere Nachfahre des Lorencz wusste mit diesem Geld Vernünftiges anzufangen. Die meisten von ihnen verprassten es allerdings schon gleich zu Beginn ihrer Reise im „Gockel“.
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