Carmen und die Farben des Regenbogens

Carmen und die Farben des Regenbogens
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Описание книги

Carmen hatte sich verliebt. In den schwulen Mann, den sie an diesem Tag erst zum zweiten Mal sah und der ihr bester Freund werden sollte! Wie hatte das passieren können? Sie spürte in der Sekunde, als er nach ihrer Hand griff, wie sich seine Hände auch bittend um ihr Herz legten. Und ihr Herz wurde groß und weit und begann sich zu teilen. Vertrauensvoll schmiegte sich die eine der zwei Hälften in die geöffneten Hände, die sich augenblicklich beschützend darum schlossen, um es für immer mit sich fort zu tragen … Was Carmen zu diesem Zeitpunkt noch nicht ahnen konnte: Er brachte es ihr nie wieder. Und sie forderte es nie zurück. Sie startet ein unkonventionelles Experiment, mit dem sie sich auf eine emotionale Achterbahnfahrt begibt. Eine regenbogenbunte Geschichte über das Leben.

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Eva Hardt. Carmen und die Farben des Regenbogens

Impressum

Der Brief »Lieber Alex, – Freitag, 16. 05. 97. So, dieser Brief wird mal wieder etwas anders werden als die letzten, die du von mir erhalten hast. Gleich zu Anfang möchte ich dich bitten, diesen Brief nur dann zu lesen, wenn du Zeit und Ruhe hast – und vor allen Dingen, wenn du den Kopf frei hast, um alles, was ich dir hier schreiben möchte, richtig aufzunehmen. Das wird sicherlich ein Brief, den man nicht einfach so überfliegen sollte, sondern den man bewusst lesen muss, damit er verstanden wird. Ich schätze, dass dich dieser Brief zum Nachdenken anregen wird. Also, leg ihn bitte an dieser Stelle aus der Hand und heb ihn dir lieber für einen besseren Zeitpunkt auf, sollten die oben genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sein. Es ist mir selten so schwer gefallen wie jetzt, einen geeigneten Anfang für einen Brief zu finden und ehrlich gesagt, ich weiß jetzt noch nicht genau, womit ich anfangen werde. Es gehen mir so viele Dinge völlig unterschiedlicher Art durch den Kopf, dass ich erst recht nicht weiß, wie dieser Brief komplett verlaufen wird, beziehungsweise wie das Ende ist. Ich werde dich in diesem Brief an meinen Gedanken teilhaben lassen und bin mir sicher, dass auch du dir deine Gedanken dazu machen wirst. Eine Stellungnahme erwarte ich nicht, würde mich aber darüber freuen, wenn ich zu irgendeinem späteren Zeitpunkt erfahren könnte, was dir zu dem folgenden Schreiben alles in den Sinn gekommen ist. Anfangen kann ich eigentlich nur mit mir, da ich diejenige bin, die sich mit ihren Gedanken an dich wendet. Oder besser gesagt, ich werde zuerst mit Frauen allgemein anfangen. Frauen sind bekannt dafür, dass sie dazu neigen, gerade Gefühlssachen zu verkomplizieren. Ich bilde da, so fürchte ich, keine Ausnahme. Es hat mich von Anfang an fasziniert und beeindruckt, welch eine Sensibilität und welch ein Verstehen bei unseren tiefgehenden Gesprächen von dir an den Tag gelegt wurden. Deine Bekannte hat das, ohne es zu wissen, in einem ganz einfachen Satz formuliert: „Der Alex ist da wie eine Frau.“ Sie hatte Recht. Denn ich habe es persönlich noch nie bei einem Mann erlebt, dass er in der Lage ist, Frauensachen und Frauengeschichten nachzuvollziehen, wie es vergleichbarer Weise bei dir der Fall ist. Bei dir steht zumindest (je nach Gesprächspartnerin und Thema) das Interesse dahinter, dich mit der jeweiligen Person auseinander zu setzen. Und das wirklich, nicht nur einfach halb hingehört. Woran das liegen mag, weiß ich nicht genau, es kann aber sein, dass diese Sensibilität deinerseits mit deinem Schwulsein zusammenhängt. Das halte ich zumindest nicht für ausgeschlossen. Aber um dein Schwulsein geht es an dieser Stelle noch gar nicht, sondern vielmehr darum, dass ich mir durch deine Sensibilität erhoffe, dass du dieses Schreiben nicht als frauentypische Komplikation verstehst, sondern dass du dich wirklich damit auseinandersetzt, um es nachvollziehen zu können, dass es mir fern liegt, dich mit irgendwelchen Gefühlsduseleien zu belasten. Ferner bist du der Mensch, der – sicherlich unbewusst – bei mir die Gefühlsschwankungen auslöst, so dass ich der Meinung bin, dass, wenn überhaupt ein Mensch ein Recht dazu hat, meine Gefühls- beziehungsweise Gedankenwelt zu erfahren, du der einzige bist, den es etwas angeht. Außerdem halte ich unsere besondere Freundschaft nach wie vor für etwas, das es wert ist, sich damit auseinander zu setzen. An dieser Stelle habe ich mir meinen bisher geschriebenen Brief noch mal durchgelesen. Er klingt jetzt schon ziemlich anstrengend beziehungsweise recht ernst. Hoffentlich werden die kommenden Zeilen nicht noch schlimmer! Naja, wir werden es sehen. So, nun zu mir: Dass du vom ersten Moment an, als ich dich kennengelernt habe, etwas ganz Besonderes für mich warst, habe ich zwar schon mehr als einmal gesagt, möchte diese Aussage aber als Leitfaden für die kommenden Zeilen noch mal besonders hervorheben. Diese Besonderheit deinerseits hat sich für mein Empfinden bis heute unverändert gehalten. Dass dieses Empfinden des Besonderen auch besondere, vielleicht auch komplizierte, oder aber auch einfach nur ungewöhnliche Dinge mit sich bringen würde, war – wenn man es zu diesem Zeitpunkt betrachtet – völlig klar. Darüber bewusst nachgedacht habe ich zu früheren Zeitpunkten nicht. (Nur noch mal zum besseren Verständnis: Die letzten zwei Sätze schildern ausschließlich meine Situation.) Ich habe mit allem Möglichen und Unmöglichen gerechnet, ohne dass ich großartig darüber nachgedacht habe. Bis zu dem Zeitpunkt, an dem sich bei mir mein Gefühl eingeschaltet hat – und das war eigentlich recht schnell, spätestens aber an dem Zeitpunkt vor, beziehungsweise an deinem Geburtstag. Tja, Gefühl. Wie soll ich jetzt weiterschreiben? Ich versuche es mit der Erklärung, was das für ein Gefühl für mich ist. Und das kann ich mit einem Satz. Es ist mehr als einfach nur ein Liebhaben. Wenn du es bisher auch immer nur geahnt hast, jetzt hast du die (sicherlich beängstigende, verwirrende und befürchtete) Klarheit. An diesem Gefühl hat sich für mich auch nichts nach unseren letzten, langen, beziehungsbezogenen Gesprächen geändert, obwohl ich es zuerst geglaubt habe. Daraus entsteht zwangsläufig eine Situation, mit der wir beide nur sehr schlecht umgehen können. Auf deine Seite gehe ich etwas später ein, werde also erst einmal weiter von mir erzählen. Ich habe heute Morgen von meiner Kollegin ein Kompliment erhalten, von dem ich für mich selber empfinde, dass es mir nicht entspricht. (Vielleicht aber doch etwas später …) Sie sagte zu mir, dass sie mich für absolut interessant und – was die Toleranz anderen Menschen gegenüber anbelangt –für etwas ganz Besonderes hält. Versteh mich bitte jetzt nicht falsch. Ich schreibe dir dies nicht, um dich wissen zu lassen, dass mir jemand ein tolles Kompliment gemacht hat, sondern ich schreibe dir dies, weil ich gerade im Punkt auf dich denke, dass die löblichen Eigenschaften, die sie mir gegenüber ausgesprochen hat, überhaupt nicht zutreffen. Denn, hätte sich mein Verstand zu einem früheren Zeitpunkt eingeschaltet – was in unserem Fall vermutlich besser gewesen wäre – dann müsste ich diesen Brief heute nicht schreiben. Es ist nicht so, dass ich nicht versucht habe, den Kopf stärker sein zu lassen als das Herz – aber es hat bisher nicht funktioniert. Nur einige Beispiele:

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