Der Geldkomplex
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Franziska Gräfin zu Reventlow. Der Geldkomplex
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Отрывок из книги
Wie mir denn hier zumut ist, willst Du wissen? — Einstweilen ist es so ziemlich die dümmste Situation, die mir das Leben bisher serviert hat, und mit törichten Situationen war es freigebig genug.
Ich war noch nie in einem Sanatorium und habe noch nicht recht heraus, wie man sich hier zu benehmen hat. Der Professor nahm mich natürlich eingehend ins Verhör, und ich war in einiger Verlegenheit, was ich ihm sagen sollte. Da ich nun am ersten Abend meine Mitpatienten ziemlich unsympathisch fand, gab ich an, ich litte an krankhafter Menschenscheu — so konnte ich mich doch wenigstens ruppig benehmen, wenn mir die Leute ernstlich auf die Nerven fielen. Aber er meinte, dann wolle er mich lieber vorläufig isolieren. Ich sollte die Mahlzeiten alleine auf meinem Zimmer nehmen usw. — Nein, um Gottes willen, das wollte ich nicht, zuviel Alleinsein machte mich vollends verrückt. — Nun, er wolle mir gern möglichste Freiheit lassen, soweit ich nicht störend auf andere einwirke, etwa die Abneigung gegen meine Mitmenschen in auffallender Weise äußern sollte. — Nein, nein, das würde ich ganz gewiß nicht tun, sagte ich voller Überzeugung — er sah mich daraufhin ganz erstaunt an und schüttelte den Kopf — Pause — angestrengtes Nachdenken. Dann beklagte ich mich über Schlaflosigkeit, Depressionszustände und was mir gerade in den Sinn kam. — Wie sich die äußerten — nämlich die Depressionen —, ob ich etwa oft und ohne Grund Neigung zum Weinen fühle? Darüber fiel ich wieder aus der Rolle und mußte über dieses merkwürdige Ansinnen herzlich lachen. Aber er hielt das, Gott sei Dank, für nervös, legte mir väterlich die Hand auf die Schulter und meinte, ich hätte am Ende irgendwelche schwere seelische Erschütterungen durchgemacht — — ach, du lieber Gott, auch ohne den Geldkomplex zu erwähnen, konnte ich ihm doch nicht gut sagen: ja gewiß — aber sie lagen ausschließlich auf pekuniärem Gebiet — ich war mein Leben lang allen menschlichen und seelischen Konflikten gewachsen, nur den wirtschaftlichen nicht. Weder glückliche noch unglückliche Liebe, weder Ehe noch Ehebruch, sondern ausschließlich Gläubiger, Hausherren und Lieferanten haben es dahin gebracht, mich psychisch zu zerrütten. — — —
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Das aber nahm sie sehr übel und beteuerte, ihr Nervenleiden beruhe nur auf erblicher Belastung.
Du kannst Dir denken, daß Henry und ich uns viel zu erzählen haben und endlos von alten Zeiten reden. Wir rechneten aus, wie lange wir uns jetzt schon kennen. Es sind ungefähr acht Jahre, und die Bekanntschaft begann mit einer sehr schönen, sehr langen und sehr kostspieligen Reise, von der wir ohne einen Heller zurückkehrten. Er gab dann seine bisherige wissenschaftliche Tätigkeit auf und verlegte sich auf Unternehmungen. Der erste Anlaß dazu war ein Exfreund, dem er ein beträchtliches Kapital ins Geschäft gesteckt hatte und der es nicht wieder herausrücken wollte. Der Exfreund wurde verklagt, gepfändet, jedoch umsonst. Er hatte vorgesorgt und alles rechtzeitig seiner Tante zediert. Aber er hatte irgendeine vielversprechende Erfindung gemacht, das Patent auf diese Erfindung konnte er wohl nicht gut der Tante zedieren, und Henry ließ es beschlagnahmen. Damals lernten wir, seine näheren Bekannten, ihn bewundern; er hatte uns vorher wohl allerlei Pläne entwickelt, aber wir verstanden wenig von solchen Dingen und hielten sie deshalb für phantastisch. Ich sehe ihn noch, wie er dann eines Tages plötzlich auf den Tisch schlug und sagte: «Jetzt hab ich‘s.»
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