Was ist der Mensch? Warum wir nach uns fragen
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Georg W. Bertram. Was ist der Mensch? Warum wir nach uns fragen
Inhalt
Vorbemerkung
Zur Einstimmung
Erster Schritt: Der Mensch – ein Mängelwesen?
Zweiter Schritt: Der Mensch – ein vernünftiges Tier?
Dritter Schritt: Die Geschichtlichkeit der Vernunft
Vierter Schritt: Menschliche Erstarrungen und die Aufgabe der Vernunft
Fünfter Schritt: Selbstkritische Praktiken
Sechster Schritt: Offenheit durch Vernunft
Siebter Schritt: Antwort auf die zentrale Frage
Zum Ausklang: Wer also sind wir?
Literaturhinweise
Zum Autor
Über dieses Buch
Endnoten
Hinweise zur E-Book-Ausgabe
Отрывок из книги
Georg W. Bertram
Was ist der Mensch?
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An diesem Punkt der Überlegungen können wir diese Fragen noch nicht beantworten. Aber wir können jetzt schon ein typisches Fehlverständnis der Frage nach dem Menschen feststellen. Ganz im Sinne der angesprochenen naheliegenden Antwort wird die Frage, wer wir sind, oft so verstanden, als gehe es darum, uns von Tieren zu unterscheiden. Entsprechend legt man die klassische Bestimmung des Menschen als eines vernünftigen Tiers (auf die ich in meinen Überlegungen noch mehrfach zurückkommen werde) so aus, dass sie die spezifische Differenz des Menschen artikuliert. Von einer »spezifischen Differenz« spricht man im Anschluss an Aristoteles (384–322 v. Chr.), wenn man Arten im Rahmen von umfassenderen Gattungen voneinander unterscheiden will. Der Mensch gehört demnach zur Gattung der Tiere. Innerhalb dieser Gattung unterscheidet er sich durch Vernünftigkeit. Auf diese Weise kann man, so scheint es, den Menschen von anderen Tieren unterscheiden. Dabei ist es letztlich unerheblich, ob man Vernünftigkeit oder etwas anderes für das unterscheidende Merkmal hält, das Menschen ausmacht. Wer überhaupt nach einer festen Unterscheidung des Menschen vom Tier fragt, setzt oft im Sinne der Gattung-Art-Struktur etwas voraus, das den Menschen (als eine besondere Art) wesentlich ausmacht.
Wenn allerdings die Frage danach, wer wir sind, nicht als eine kognitive Frage zu verstehen ist, dann sind entsprechende Versuche, uns von Tieren abzugrenzen, zum Scheitern verurteilt. Und tatsächlich: Wir können uns nicht stabil von Tieren unterscheiden. Wie nicht zuletzt die Diskussionen zum Beispiel um die Intelligenz von Tieren und ihren Zeichengebrauch zeigen,5 gibt es immer wieder gute Gründe, keine strikten Unterscheidungslinien zwischen Menschen und Tieren zu ziehen. Dass in entsprechenden Diskussionen immer wieder mit großer Verve für unsere Verwandtschaft zu und für unsere Unterschiedenheit von Tieren gestritten wird, gibt einen ersten Hinweis darauf, worum es geht: Wir positionieren uns in unseren Antworten auf die Frage, wer wir sind, immer wieder auch Tieren gegenüber. Diese Positionierung ist im Sinne einer Selbstfestlegung zu verstehen. Wir legen uns auf eine bestimmte Nähe beziehungsweise Entfernung Tieren gegenüber fest.
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