Abhandlung des Daseyns der Gespenster

Abhandlung des Daseyns der Gespenster
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Gerald van Swieten war ein holländischer Mediziner und Aufklärer. Sein Werk «Abhandlung des Daseyns der Gespenster» bot seinen Lesern eine völlig natürliche Erklärung für den Glauben an Vampire und Geister an. Er wies die Behauptungen über ungewöhnliche Vorgänge in der Nähe von Gräbern mit möglichen Ursachen wie Gärungsprozessen und Sauerstoffmangel als Gründe für die Verhinderung der Verwesung zurück. Als Reaktion auf das Buch erließ Kaiserin Maria Theresia ein Dekret, das alle traditionellen Maßnahmen der Bevölkerung verbot, wie das Pfählen, Enthaupten oder Verbrennen von Vampiren. Das Buch folgt der Ausgabe des Jahres 1768 und benutzt die damals gültige Rechtschreibung.

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Gerald van Swieten. Abhandlung des Daseyns der Gespenster

INHALT:

Vorrede

1. §. Was ist ein Gespenst?

2. §. Vom Ursprunge der Gespenster

3. §. Die Wirklichkeit der Geister kann aus der heiligen Schrift nicht bewiesen werden

4. §. Die Vernunft saget uns nicht, daß es Gespenster gebe

5. § Die Wirklichkeit der Gespenster wird aus den geistlichen Geschichten nicht erwiesen

6. §. Die weltliche Geschichte erprobet das Daseyn der Gespenster nicht

7. §. Die Geister-Erscheinungen, die man in Baiern und anderswo erzählet, sind gemeiniglich leere Einbildungen, falsche Erfindungen, und öfters lächerliche Begebenheiten

8. §. Mitteln wider die Gespenster und Geister

9. §. Von dem Nutzen dieser Abhandlung und Meinung, daß es keine Gespenster gebe

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Abhandlung des Daseyns der Gespenster

GERARD VAN SWIETEN

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So allgemein diese Meinung ist, so finde ich doch eine sehr große Beschwerniß, welche sowohl diese, als die vorgehende Erklärung betrift. Die Rede, die die Schlange mit der Eva gehalten hat, müßte ihr allerdings sehr verdächtig und unwahrscheinlich vorgekommen seyn. Reden ist den Thieren nicht natürlich, und niemand wird so leicht dem jüdischen Geschichtschreiber Josephus Flavius, beipflichten, und behaupten, daß die Thiere vor dem Sündenfall das natürliche Vermögen zu Reden gehabt haben. Diesen Knotten aufzulösen, sagen einige, daß der Eva diese Rede zwar übernatürlich habe vorkommen müssen; daß sie aber geglaubt habe, daß ein guter Geist aus der Schlange rede. Ein guter Geist? also ein Engel. Allein die Schrift meldet kein Wort von einem Engel, und wer weis, ob Eva einige Wissenschaft von den erschaffenen Engeln hatte? oder wie hat sich wohl die Eva, die einen durch keine Sünde verdunkelten Verstand besaße, vorstellen können, daß ein guter Geist, sie zu Übertrettung des scharfen Gebothes, so ihr GOtt gegeben hatte, anleiten könnte. Vielleicht könnte man die Geschichte wegen dieser Beschwerniß also erklären. Die Schlange ist auf dem Baum herum gekrochen, und hat, da sie die Früchten abgebrocket, unsere erste Mutter zu eben diesen angereizet, und der Satan hat der Eva durch innerliche Versuchung eingegeben: Ihr werdet nicht des Todes sterben, ihr werdet wie die Götter werden, und das Gute und Böse wissen, sofern ihr von der Frucht des Baums esset. Siehe! die Schlange rühret auch die Früchte an, und sie stirbet nicht des Todes, auch du wirst ewig leben, wenn du von diesem Baume genießest.

Es kann dieses seyn. Es kann aber auch nicht seyn, daß sich diese Begebenheit also zugetragen. Mir ist es genug, daß diese Erklärung viel wahrscheinliches in sich enthält, und daß der durch seine Schriften verewigte Calmet[26] sage: Es wird an verschiedenen Orten der Schrift, das, was der Satan gethan, oder eingegeben hat, nach Art eines menschlichen Gespräches angeführt; gleich wie sein Gespräch mit Eva im Paradeis, wie auch daß er unter den guten Engeln von dem HErrn erschienen seye, vom Job geredet, und die Erlaubniß selben zu versuchen erlanget habe.[27]

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