Отрывок из книги
Gerhard Henschel
Harry Piel sitzt am Nil
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Man müsse Falk in seinem Kampf gegen »dieses Ungezücht« aufmuntern und ehren, schrieb Johann Gottfried Herder im Oktober 1800. Im selben Jahr erschien das anonyme Pamphlet »Drey Briefe an ein humanes Berliner Freudenmädchen über die Lucinde von Schlegel« mit der Vorbemerkung: »Ist es dem Herausgeber erlaubt, hier seinem Herzen Luft zu machen, und sein philosophisch=ästhetisches Glaubensbekenntnis abzulegen: so schwört er einen ewigen und dauernden Haß dieser frechen Rotte eingebildeter Gäuche und niedriger Lüstlinge, diesen Verwirrern der Moralität und Kunst, deren Grazien betrunkene Bachantinnen, deren Apollo ein zügelloser Marsyas ist, die mit Füßen treten Tugend, Schaam, Bürgerglück, Fleiß und gute Sitten, der Faulheit, dem Müßiggange und der geilen Liederlichkeit Lobreden halten, um ihre an sich elenden Produkte pikant zu machen.«
So gifteten die Tugendwächter, die etwas Unflätiges witterten, aber nicht in der Lage waren, den Ursprung des Gestanks, der ihnen in die Nase stach, zu lokalisieren. 1870 fällte der Literaturwissenschaftler Rudolf Haym ein Verdammungsurteil über Schlegels Werk: »Eine absurde Verwirklichung der ästhetischen Doctrin ihres Verfassers, ist es zugleich eine rücksichtslose Ausstellung seiner persönlichsten Erfahrungen, eine litterarische Ausnutzung von Lebens- und Liebesverhältnissen, die er als unentweihtes Geheimnis zu behandeln gegen sich und andere die Pflicht gehabt hätte.« Dem Philosophen Wilhelm Dilthey schwante im selben Jahr etwas »unsäglich Widriges«, als er die »Lucinde« las, und er kam zu dem Urteil, daß die dichterische Ausführung »einen exzentrischen und unsittlichen Grundgedanken in den Schlamm des Gemeinen« ziehe. »Und dann schleuderte man gegen dies Werkchen durch die Jahrzehnte immer wieder die Vokabeln: Ekel, moralischer Frevel, schamlose Sinnlichkeit. Ein berühmtes Lexikon belehrte noch das zwanzigste deutsche Jahrhundert, daß dies Buch in kühler Schamlosigkeit’ gemacht sei. Und in einer Kulturgeschichte, die zur Zeit der Weimarer Republik die Historie der Lüsternheit in Bild und Schrift behaglich ausbreitete, wurde noch einmal Friedrich Schlegels ›lüsterner‹ Roman angeprangert« (Ludwig Marcuse).
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