Der Reiher
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Giorgio Bassani. Der Reiher
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Anmerkungen des Verlags
Отрывок из книги
Nicht jäh, sondern eher mühsam aus der bodenlosen Tiefe des Unbewußten auftauchend, suchte Edgardo Limentani mit der rechten Hand den Nachttisch zu erreichen. Der kleine Reisewecker, den ihm seine Frau Nives vor drei Jahren in Basel zu seinem zweiundvierzigsten Geburtstag geschenkt hatte, hörte nicht auf, im Dunkeln sein Stakkato zu läuten. Es war, bei aller Gedämpftheit, ein schriller, hartnäckig mahnender Ton, den man zum Schweigen bringen mußte. Limentani zog die rechte Hand zurück, öffnete die Augen und drehte sich auf die Seite, wobei er sich mit seinem ganzen Gewicht auf den rechten Ellenbogen stützte, während er gleichzeitig die linke Hand ausstreckte; und in dem Augenblick, in dem er mit den Fingerspitzen das feine, schon etwas abgenutzte Wildleder des Weckers berührte und durch einen Druck auf den Knopf das Läutwerk abstellte, las er auf dem Zifferblatt an der Stellung der leuchtenden Zeiger die Stunde ab. Es war vier Uhr: genau die Zeit, zu der er, wie er sich am Abend vorgenommen hatte, aufstehen wollte. Wenn er in Volano rechtzeitig ankommen wollte, durfte er jetzt keine Minute mehr verlieren. Alles brauchte seine Zeit: aufstehen, auf die Toilette gehen, sich waschen, rasieren, anziehen, einen Espresso trinken und so weiter, so daß er sich kaum vor fünf Uhr ins Auto setzen konnte.
Aber als er Licht gemacht hatte und sich, auf dem Bett hockend, langsam im Zimmer umblickte, packte ihn plötzlich ein solches Gefühl der Niedergeschlagenheit, daß er versucht war, alles zu lassen und nicht zu fahren.
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Sie sah ihn lachend an, mit den kleinen grauen, ausdruckslosen Augen blinzelnd. Und als er da so stand und neugierig ihre Augen musterte und darauf die Nase – sie war kurz und gebogen wie der Schnabel eines Raubvogels –, schließlich den Mund mit der fast unsichtbaren dünnen Oberlippe und der dicken aufgeworfenen Unterlippe (ein Mund, von unten nach oben gesehen, ein verkehrter Mund, wie er fand), da wurde sein Erstaunen immer größer. Zwar war er sich vollkommen klar darüber, wie es dazu gekommen war, daß diese Frau vom Lande, zwischen dreißig und vierzig Jahren alt, seine Frau geworden war – und ob er sich klar war! Doch zugleich konnte er es nicht fassen, daß es wirklich so war, wenn er hörte, wie sie da vor ihm die Dame der feinsten Gesellschaft der Stadt spielte, die noch nie einen Fuß aufs flache Land gesetzt hatte, von der Bassa ganz zu schweigen. Das war seine Nives? Wie hieß sie noch mit ihrem – also: Familiennamen? Ach ja: Pimpinati. Pimpinati Nives.
»Wann kommst du heute abend zurück?«
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