Es werde dunkel - Ein Spaziergang durch die Geschichte der Filmbearbeitung
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Günter Sack. Es werde dunkel - Ein Spaziergang durch die Geschichte der Filmbearbeitung
Отрывок из книги
Günter Sack
Es werde dunkel
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„Nein“, lächelte ich. „In meinem späteren Beruf hatte ich zwar eine fotografische Grundausbildung, aber für eine Reporter-Karriere fehlten mir ein paar Voraussetzungen, die man damals in der DDR brauchte. Mein Plan, nach der Schulzeit Fotolaborant zu werden, wurde mir schnell von einem bekannten Berliner Fotohändler mit dem Verweis auf die erbärmlich niedrige Bezahlung ausgeredet. In den 80er Jahren fotografierte ich dann allerdings, zusammen mit meiner Frau, die ebenfalls seit ihrer Kindheit fotobegeistert ist und eine Kopierwerksausbildung hat, einige Zeit nebenberuflich.
Ich war, wie du dich richtig erinnert hast, als Schüler oft mit meinem Fotoapparat unterwegs, aber eine besondere Faszination ging für mich immer vom bewegten Bild aus. Es ist wahrscheinlich auf ein kindliches Erlebnis zurückzuführen. In den frühen fünfziger Jahren ging ich mit meinen Eltern an der Jannowitzbrücke durch eine nächtliche Straße, die so verlassen aussah, wie die Straße auf dem Bild von Franz Radziwill, weißt du? Berlin litt noch unter den Schäden des zweiten Weltkriegs, es gab viele Ruinen und aus einem offenen Fenster projizierte jemand mit einem kleinen Projektor einen Film auf die seitliche Wand einer fensterlosen Fassade. Am liebsten wäre ich bis zum Ende der Vorführung stehen geblieben, aber es war Herbst und schon recht kalt. Ein richtiges Kino hatte ich noch nie von innen gesehen und das Fernsehen steckte noch in den Kinderschuhen. Dies war, glaube ich, mein Schlüsselerlebnis. Dann kam das Jahr 1960, in den Kneipen, im Westteil der Stadt, spielten die Musikboxen Wunderland bei Nacht, von Bert Kaempfert und ich sah in einem Kino am alten Potsdamer Platz den abendfüllenden Dokumentarfilm Traumstrasse der Welt von Hans Domnick. Die Fahrtaufnahmen auf der Panamericana in CinemaScope und Farbe waren für die damalige Zeit überwältigend. Man hatte die Illusion, selbst in dem Auto zu sitzen. Das Filmplakat mit einer anmutigen jungen Frau in mexikanischer Tracht sehe ich noch vor mir. Den später gedrehten zweiten Teil konnte ich dann nicht mehr sehen, denn es kam die Teilung Deutschlands. Ein weiteres unvergessliches Ereignis war einige Jahre später die Aufführung des Films Die glorreichen Sieben in einem Freilichtkino in unserem Ort. Das war der erste Western bei uns im Osten und die Kinokarten waren im Nu ausverkauft. Wer nicht mehr reinkam saß auf den Parkbäumen oder stand an der Umzäunung. Man setzte den Film sehr schnell ab, wohl aus Angst vor Unruhen, die Grenzen waren zu der Zeit schon geschlossen. Wenn ich in unser Freilichtkino ging, versuchte ich immer einen Platz in der Mitte der letzten Reihe zu erwischen, denn von dort aus konnte man die Vorbereitungen der Filmvorführer beobachten, wenn sie an den großen, in einem Bus installierten Maschinen hantierten.“ „Den alten Potsdamer Platz habe ich noch in Erinnerung“, sagte Kalli. „Auch an die Kinos entsinne ich mich schwach.“ „Ja“, sagte ich. „Sie hießen Aladin und Camera und waren, wie ich später erfuhr, als Grenzkinos speziell für Ostberliner gedacht.“
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