Die Leute von Seldwyla - 2. Teil
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Gottfried Keller. Die Leute von Seldwyla - 2. Teil
Die Leute von Seldwyla - 2. Teil
Kleider machen Leute
Der Schmied seines Glückes
Die missbrauchten Liebesbriefe
Dietegen
Das verlorene Lachen. Erstes Kapitel
Zweites Kapitel
Drittes Kapitel
Viertes Kapitel
Über Die Leute von Seldwyla - 2. Teil
Отрывок из книги
Gottfried Keller
Solcher Habitus war ihm zum Bedürfnis geworden, ohne dass er etwas Schlimmes oder Betrügerisches dabei im Schilde führte; vielmehr war er zufrieden, wenn man ihn nur gewähren und im Stillen seine Arbeit verrichten liess; aber lieber wäre er verhungert, als dass er sich von seinem Radmantel und von seiner polnischen Pelzmütze getrennt hätte, die er ebenfalls mit grosssem Anstand zu tragen wusste.
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Als beide Züge gleichzeitig auf dem Platze vor dem Gasthause auffuhren, gab es demnach einen geräuschvollen Auftritt und ein grosses Gedränge von Menschen und Pferden. Die Herrschaften von Goldach waren überrascht und erstaunt über die abenteuerliche Begegnung; die Seldwyler dagegen stellten sich vorerst gemütlich und freundschaftlich bescheiden. Ihr vorderster Schlitten mit der Fortuna trug die Inschrift „Leute machen Kleider“, und so ergab es sich denn, dass die ganze Gesellschaft lauter Schneidersleute von allen Nationen und aus aller Zeitaltern darstellte. Es war gewissermassen ein historisch-ethnographischer Schneiderfestzug, welcher mit der umgekehrten und ergänzenden Inschrift, abschloss „Kleider machen Leute!“ In dem letzten Schlitten mit dieser Überschrift sassen nämlich, als das Werk der vorausgefahrenen heidnischen und christlichen Nahtbeflissenen allerart, ehrwürdige Kaiser und Könige, Ratsherren und Stabsoffiziere, Prälaten und Stiftsdamen in höchster Gravität.
Diese Schneiderwelt wusste sich gewandt aus dem Wirrwarr zu ordnen und liess die Goldacher Herren und Damen, das Brautpaar an deren Spitze, bescheiden ins Haus spazieren, um nachher die unteren Räume desselben, welche für sie bestellt waren, zu besetzen, während jene die breite Treppe empor nach dem grossen Festsaale rauschten. Die Gesellschaft des Herren Grafen fand dies Benehmen schicklich, und ihre Überraschung verwandelte sich in Heiterkeit und beifälliges Lächeln über die unverwüstliche Laune der Seldwyler; nur der Graf selbst hegte gar dunkle Empfindungen, die ihm nicht behagten, obgleich er in der jetzigen Voreingenommenheit seiner Seele keinen bestimmten Argwohn verspürte und nicht einmal bemerkt hatte, woher die Leute gekommen waren. Melchior Böhni, der seinen ,Teich Bethesda‘ sorglich beiseite gebracht hatte und sich aufmerksam in der Nähe Strapinskis befand, nannte laut, dass dieser es hören konnte, eine ganz andere Ortschaft als den Ursprungsort des Maskenzuges.
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