Spuren des Tragischen im Theater der Gegenwart

Spuren des Tragischen im Theater der Gegenwart
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Wie wird das Tragische aktuell in den Aufführungskünsten erfahrbar gemacht? Welche ästhetischen Verfahren und künstlerischen Praktiken kommen dabei zum Einsatz? Wie gehen das Theater und die dafür entstehenden Texte in der Nachfolge Einar Schleefs aktuell mit der Figuration des Chors um und welche Rückschlüsse lassen sich daraus hinsichtlich eines Denkens von Gemeinschaft und Individuum ableiten? Wie wirkt sich die gegenseitige Einflussnahme von performativer Praxis und philosophischer Theorie in Hinblick auf den Tragödienbegriff aus? Und wie ist die momentane Faszination für die Figur der Antigone zu bewerten? Ausgehend von diesen Fragen widmen sich die Beiträge dieses Bandes aus der Perspektive der Theater-, Tanz- und Literaturwissenschaft der Wiederkehr des Tragischen im Theater der Gegenwart.

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Группа авторов. Spuren des Tragischen im Theater der Gegenwart

Inhalt

Einleitung

Figurationen des Tragischen

Antigones Nachleben

Figurationen des Tragischen. Palimpseste für ein Theater der Gegenwart

( 1 ) Hegel

( 2 ) Heiner Müller

( 3 ) Aristoteles

( 4 ) Zusammenfassung und Thesen

( 5 ) Spuren des Tragischen: Einige Beispiele

Inmitten von Satyrn, Boten und lebenden Toten

I

II

III

„Wir bitten nicht, wir fordern“

Fremdheit in Mythos und Tragödie

Hikesia und Asylon im Theater der Tragödie

Annäherungen zwischen Theater und Asyl

Flucht, Fremdheit und Asyl bei Einar Schleef

Asylanten 89 – „Wir bitten nicht, wir fordern“

Gott/Schutz-Befohlen

Einzelne und ihre Umgebung

Genealogie, Gründung und deren Ende

Das Ritual am Ort des Theaters

Installation als Matrix

Körper und Technè

Enden

Antigones Nachleben. What is Niobe to her?

Antigone Sr

Das kreolisierte Tragische

I (unverwandte) VERWANDTSCHAFT

II FIGUREN (statt Menschen)

III (vibrierende) KLAGE

Antigone wirbelt Staub auf

Antigone als Figur ohne Grund

Bodenlosigkeit als Ortlosigkeit

Kopís / kónis

Antigones Nachkommen

Antigone in New York

Nirgends in Friede. Antigone

Die drei Leben der Antigone

Drei Formen postmoderner Tragik

Antigones erstes Leben: Widersprüche zwischen Projektskizze und Text

Antigones zweites Leben: Überleben und Monstrosität

Antigones drittes Leben: das thebanische Lehrstück vom (nicht immer erklärten) Einverständnis

Das Stück als politische Diagnose und Theorie des Tragischen

Konturen einer möglichen Inszenierung

Wiederkehr des Tragischen? Tragödie³

KOMM MIT REINIGENDEM FUSS

1

2

3

4

5

6

Der Untergang des Tragischen in zeitgenössischen Inszenierungen attischer Tragödien

„Tragik” – ein tauglicher Begriff?

Die weg-inszenierte „Tragik” – zwei Beispiele

„Tragik” und Theater-Spiel – ein Gegenmodell

„Tragik” als diagnostische Sonde in den Sozialwissenschaften

Fazit – Funktionen des Tragik-Begriffs heute

Zäsur „Europa“; und wieder eine Tragödie?

Das mediale Framing von Empire

Euripides’ Medea und Aischylos’ Orestie als Zäsuren europäischer Geschichte

Die Medea-Zäsur

Die Orestie-Zäsur

Die Zäsur der geteilten Trauer

Eine medienkritische Reflexion über die Gemeinschaft Europas

Transzendenz der Tragik

Tragödienspuren

Die tragische Dialektik im globalen Kapitalismus

Vergegenwärtigung der Vergangenheit

Exemplarische Darstellung des Tragischen

Furcht, Mitleid und Katharsis

Die Überschreitung des Tragischen im Realtheater

Gegenwart und Zukunft der Tragödie

Der Anfang der Geschichte

I

II

III

IV

V

Fußnoten. Einleitung

Palimpseste für ein Theater der Gegenwart

( 1 ) Hegel

( 2 ) Heiner Müller

( 3 ) Aristoteles

( 4 ) Zusammenfassung und Thesen

( 5 ) Spuren des Tragischen: Einige Beispiele

I

II

III

„Wir bitten nicht, wir fordern“

Fremdheit in Mythos und Tragödie

Hikesia und Asylon im Theater der Tragödie

Annäherungen zwischen Theater und Asyl

Flucht, Fremdheit und Asyl bei Einar Schleef

Asylanten 89 – „Wir bitten nicht, wir fordern“

Gott/Schutz-Befohlen

Einzelne und ihre Umgebung

Genealogie, Gründung und deren Ende

Das Ritual am Ort des Theaters

Installation als Matrix

Körper und Technè

Enden

What is Niobe to her?

Antigone Sr

Das kreolisierte Tragische

I (unverwandte) VERWANDTSCHAFT

II FIGUREN (statt Menschen)

III (vibrierende) KLAGE

Antigone wirbelt Staub auf

Antigone als Figur ohne Grund

Bodenlosigkeit als Ortlosigkeit

Kopís / kónis

Antigones Nachkommen

Antigone in New York

Nirgends in Friede. Antigone

Die drei Leben der Antigone

Drei Formen postmoderner Tragik

Antigones erstes Leben: Widersprüche zwischen Projektskizze und Text

Antigones drittes Leben: das thebanische Lehrstück vom (nicht immer erklärten) Einverständnis

Das Stück als politische Diagnose und Theorie des Tragischen

Tragödie³

1

2

3

4

5

6

Der Untergang des Tragischen in zeitgenössischen Inszenierungen attischer Tragödien

„Tragik” – ein tauglicher Begriff?

Die weg-inszenierte „Tragik” – zwei Beispiele

„Tragik” und Theater-Spiel – ein Gegenmodell

„Tragik” als diagnostische Sonde in den Sozialwissenschaften

Fazit – Funktionen des Tragik-Begriffs heute

Zäsur „Europa“; und wieder eine Tragödie?

Euripides’ Medea und Aischylos’ Orestie als Zäsuren europäischer Geschichte

Die Medea-Zäsur

Die Orestie-Zäsur

Die Zäsur der geteilten Trauer

Eine medienkritische Reflexion über die Gemeinschaft Europas

Transzendenz der Tragik

Tragödienspuren

Die tragische Dialektik im globalen Kapitalismus

Vergegenwärtigung der Vergangenheit

Vergegenwärtigung der Vergangenheit

Exemplarische Darstellung des Tragischen

Furcht, Mitleid und Katharsis

Die Überschreitung des Tragischen im Realtheater

Gegenwart und Zukunft der Tragödie

Der Anfang der Geschichte

I

II

III

IV

V

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Silke Felber / Wera Hippesroither

Spuren des Tragischen im Theater der Gegenwart

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Erst nachdem Aristoteles den Mythos als telos der Darstellung bestimmt hat, geht er über zum 7. Kapitel, in dem er darlegt, „welche Beschaffenheit die Zusammenfügung der Geschehnisse haben muss“ (25), und erst hier erfolgt die Bestimmung, dass eine Tragödienhandlung ein „Ganzes ist, was Anfang, Mitte und Ende hat“ (25) wie ein „Lebewesen“ (25) – eben jene Bestimmung, die Wolfram Ette so gestört hat.

Aber nicht der Mythos ist eine Einheit oder Ganzheit, sondern die Schnitte, die sich der Tragödiendichter vom Mythos abschneidet, soll diese Eigenschaften aufweisen. Der Mythos ist wie die reine Farbe, ohne Anfang und Ende und ohne bestimmte Kontur, aber von a-signifikanter Leuchtkraft. Da aber „Handlungen nicht an beliebiger Stelle einsetzen noch an beliebiger Stelle enden“ können, heißt es im 7. Kapitel, müssen sie „gut zusammengefügt sein“ (25). Sie müssen anfangen und enden. Eben wie ein Lebewesen, dessen Anfang „nicht mit Notwendigkeit auf etwas anderes folgt“ (25), mit dessen Ende es sich jedoch „umgekehrt“ (25) verhält. Es ist, und zwar so oder so, „notwendigerweise oder in der Regel“ (25), sterblich. Die Sterblichkeit ist kein telos, sondern Bedingung von Lebewesen, mit denen es sich so verhält, dass „am Anfang schon feststeht, was am Ende herauskommen wird.“2 Die qualitative Verschiedenheit von Anfang und Ende verbietet es hier jedoch, einen „Kreislauf“ (Ette) anzunehmen. Es handelt sich nicht um etwas, das sich notwendig schließt (wie ein Kreis), sondern um etwas, dessen Anfang aus keiner Notwendigkeit heraus beginnt, während dessen Ende mit Notwendigkeit erfolgt. Dazwischen liegt eine Mitte, in der „natürlicherweise etwas anderes eintritt oder entsteht“ (25). Also nicht deshalb, weil sich das Lebewesen „von den Ursprüngen emanzipiert oder sich selbst verwirklichen will“, wie Ette als Befürworter einer „geschichtlichen, nicht-teleologischen Prozessform“3 meint. Bei Aristoteles, der nicht an die Geschichte glaubt, sondern die Bewegung (dynamis) als solche privilegiert, heißt es sehr viel einfacher und genauer, dass in der Mitte „etwas anderes eintritt oder entsteht“, was damit zusammenhängt, dass Lebewesen „aus etwas zusammengesetzt“ (25) sind (wie jeder andere zusammengesetzte Gegenstand auch).

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