Philosophinnen des 20. Jahrhunderts
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Группа авторов. Philosophinnen des 20. Jahrhunderts
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Inhaltsverzeichnis
EINLEITUNG. Von nicht-notwendigen Wirklichkeiten: Denkerinnen der Kontingenz
EDITH STEIN. Kontingenz im Spannungsfeld von Ontologie und Phänomenologie
SIMONE WEIL. Kontingenz im Widerspruch der Identität
SIMONE DE BEAUVOIR. Kontingenz als Bedrohung, als Chance und als Gegenwart
SUSANNE K. LANGER. Pluralität menschlicher Symbolisierungen. Zur Semantik und Ontologie der Gegenwart
IRIS MURDOCH. Lob der Kontingenz
HANNAH ARENDT. Auf der Suche nach der Freiheit jenseits von Souveränität
JUDITH BUTLER. Macht der Kontingenz – Begriff der Kritik
AGNES HELLER. Philosophin der Kontingenz
SEYLA BENHABIB. Meine Kontingenz und unsere Vernunft1
LUCE IRIGARAY. Kontingenz als Differenz
LYNN HANKINSON NELSON UND SANDRA HARDING. Feministische Wissenschaftstheorie und Kontingenz
DIE AUTORINNEN
Informationen zum Buch
Informationen zur Autorin
Fußnoten. Einleitung: Von nicht-notwendigen Wirklichkeiten: Denkerinnen der Kontingenz
Edith Stein: Kontingenz im Spannungsfeld von Ontologie und Phänomenologie
Simone de Beauvoir: Kontingenz als Bedrohung, als Chance und als Gegenwart
Susanne K. Langer: Pluralität menschlicher Symbolisierungen. Zur Semantik und Ontologie der Gegenwart
Iris Murdoch: Lob der Kontingenz
Hannah Arendt: Auf der Suche nach der Freiheit jenseits von Souveränität
Judith Butler: Macht der Kontingenz – Begriff der Kritik
Agnes Heller: Philosophin der Kontingenz
Seyla Benhabib: Meine Kontingenz und unsere Vernunft
Luce Irigaray: Kontingenz als Differenz
Lynn Hankinson Nelson und Sandra Harding: Feministische Wissenschaftstheorie und Kontingenz
Отрывок из книги
Regine Munz (Hrsg.)
Philosophinnen des 20. Jahrhunderts
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Stein führt weiter eine wichtige Unterscheidung zwischen Zeitlichkeit und Endlichkeit ein, wodurch sich auch Kontingenz weiter profiliert. Endliches wird bestimmt als das, „was sein Sein nicht besitzt, sondern der Zeit bedarf, um zum Sein zu gelangen“; ferner ist es ein „sachlich Begrenztes“, dessen Sinn ist: „etwas und nicht alles sein“. Ewiges als Gegenbegriff besagt umgekehrt: „Herr des Seins“, „Herr der Zeit“, „alles sein“ (60). Endliches und Zeitliches decken sich aber nicht einfachhin. Um ihr eigentümliches Verhältnis zu klären, trennt Stein zwischen Wesenheit und zeitlichem Sein, illustriert an der schlichten Erfahrung des Unterschieds von „meiner Freude“ zur „Freude als solcher“: Die erste entsteht und vergeht, die zweite besteht überhaupt. Unmittelbar leuchtet ein: „wo und wann immer Freude erlebt wird, da ist die Wesenheit Freude verwirklicht“ (62). Andererseits: Erlebte Freude gibt es, aber Freude überhaupt „gibt es“ so nicht. Daher gerät Stein in die seit Platon bestehende Notwendigkeit, Wesenheiten (Ideen) als gedankliche Struktur fordern zu müssen, ohne sie letztlich als wirklich vorzustellen. Wesenheit ist vielmehr Bedingung der Möglichkeit des Freuens, also transzendental im kantischen Sinne; wirkliche Welt ist ohne Wesenheiten gedanklich nicht zu strukturieren.
Solche Feinarbeit ist wichtig, weil sich dadurch das Maß an Sein im kontingenten Ich genauer bestimmen lässt. Das kontingente Ich weist als drittes Merkmal Endlichkeit auf (meine Freude vergeht, Freude überhaupt bleibt). Endliches hat aber durchaus einen Zug zur Voll-Endung, ist nicht einfachhin eingeschränkt und unvollkommen. Es kennt eine Art „Höhe“, wo seine Wirklichkeit in die volle Wirksamkeit „ausbricht“, so etwa wenn die stumme Saite beginnt zu tönen: Das Sein „geht aus sich heraus, und das ist zugleich seine ‘Offenbarung’“ (89). So verbindet sich Endliches über die ihm gemäße Welt des Werdens und Vergehens mit seinem vollen Wesen und bildet in ihr eine ursprüngliche Wesenheit nach. Sosehr man also zwischen dem bloß wesenhaften (in sich kraftlosen und unwirklichen) Sein und dem wirklichen Sein unterscheiden muss, so sehr stellt doch das lebendige, endliche Sosein eines Dinges die Brücke zwischen beiden dar. Auf das kontingente, endliche Ich hin gesprochen bedeutet dies: Auch das Ich zielt im zeitlichen Strömen auf eine Vollendung ab, die sein eigenes Wesen zur vollen Darstellung bringt. (Welche Wesenheit damit verwirklicht wird, kann hier offen bleiben.) Weniger spröde formuliert: Das kontingente Ich konstituiert sich nicht in einer Folge gleichgültig sich ablösender Augenblicke oder Jetztpunkte der Zeit, sondern seine Endlichkeit realisiert ein Wachstum (oder eine Verminderung) des wesentlichen bzw. verwirklichten Ich, zuzeiten auch beglückend als „Vollendung“ erfahren.
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