Polizei.Wissen

Polizei.Wissen
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Описание книги

In der Lehre an Polizeiaus- und fortbildungseinrichtungen fallen immer wieder Themen an, die verschiedene Perspektiven auf sich zulassen. Das können z.B. die juristische, soziologische und die polizeipraktische Sichtweisen sein. Die Zeitschrift macht sich nun zur Aufgabe, a) eine Mannigfaltigkeit an Sichtweisen b) in kurzen Texten zusammenzuführen. Dadurch soll eine Diskussion möglich werden, die ansonsten nur schwer zu organisieren wäre und die sehr lange dauern könnte. Grundsätzlich wird in den Themenheften, ein Thema von verschiedenen Seiten beleuchtetet. Dabei wird jeweils besonders der polizeilichen Lehre als auch der polizeilichen Praxis Raum zur Aussprache eingeräumt.

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Inhalt

Vorwort der Herausgeber des aktuellen Heftes

„Alles schwule Themen“ - Kollektive Selbstaffirmationen im Feld Polizei

Polizeiausbildung durch und mit Sozialwissenschaft. Einige erfahrungsbasierte Reflektionen und Überlegungen

Schlusslicht Soziologie – Bewertung der Studienfächer im polizeilichen Bachelorstudiengang

Polizeiarbeit als Alltags-Soziologie? Warum Polizisten mehr über Soziologie wissen sollten

Sind Polizisten bewaffnete Soziologen?

Polizeimuseen – (Heimliche) Einflüsse der Sozial- und Gesellschaftswissenschaften?

Politische Bildung in der polizeilichen Ausbildung: „Labern“ + „Labeln“ = „Politisch bilden“?

Sonderfall Kriminologie in der polizeilichen Ausbildung – eine „polizeispezifische Sozialwissenschaft“?

Und danach? Was von der soziologischen Lehre im Beruf übrig bleibt

Kriminalistische Praxis meets Sozialwissenschaften – Zum Potenzial sozialwissenschaftlicher Methodik für die Kriminalistik

Erwartungen an Soziologie in der Polizeiausbildung

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Vorwort des Herausgebers der Heftreihe „Polizei.Wissen“

Der Arbeitstitel für das vorliegende Heft war über lange Zeit „Polizei und Laberfächer“. Es ist nur einer kollektiven Entscheidung des Herausgeberteams zu verdanken, dass es dazu nicht gekommen ist. Dieser Arbeitstitel verrät zweierlei:

.....

Im Anschluss an Bourdieu (2013: 181f.) verwenden wir die Dichotomie hard und soft. Traditionelle Lehrinhalte gelten als die harten, gleichermaßen maskulin assoziiert. Nicht-traditionelle Lehrinhalte gelten als soft – oder um mit den Worten der von Chan (2003: 315, 131) interviewten Studierenen zu sprechen – als: „Warm and fuzzy stuff“ und werden tendenziell als feminin (jedenfalls „unmännlich“) assoziiert. Analog zur tradierten Geschlechterordnung steht das hard hierarchisch über dem soft. Die soften Fächer sind Spielverderber, weil sie die polizeilichen Akteure durch ihren Gegenstand zu kognitiven Dissonanzen zwingen. Zu Selbstreflexionen, einem epistemologischen Bruch mit vertrauten Welt- und Wahrheitskonstruktionen. Und weil sie nicht die Logik polizeilicher Checklisten, mithin die Reduktion von Komplexität bedienen, die den polizeilichen Alltag fassbar machen soll, d.h. Handlungssicherheit geben, Orientierung, Klarheit, Gewissheit. Polizeiarbeit erfordert bisweilen ohne Zweifel ad-hoc-Handeln, teils in Sekundenbruchteilen. Im Habitus prägt sich diese Feldvariable als Tendenz zum Pragmatischen aus, zum Konkreten, zum Unverstellten und: Zu „anti-theoretischen Perspektiven“ (Bowling / Reiner / Sheptycki 2019: 179). Sozialwissenschaftliche Erklärungsansätze devianten Handelns werden als für die Praxis irrelevant, überflüssig und weltfremd wahrgenommen, oder auch als: „Alice in Wonderland stuff“ (Chan 2003: 10, vgl. 131, 303). Sozialwissenschaftler werden dabei nicht als richtige polizeiliche Akteure wahrgenommen. Sie gehören formell zwar dem Feld an, ihnen fehlt jedoch der richtige Stallgeruch mit seinen zahlreichen Initiationsriten. Oder anders: Zwischen (Sozial-) Wissenschaftlern und der Polizei herrscht eine Art soziale Fremdheit. Sie vertreten in freier Analogie zu Arbeiterklasse und Bourgeoisie überwiegend unterschiedliche Alltagsrealitäten, Klassifikationssysteme und Identitätskonstruktionen. Sprechen unterschiedliche Sprachen. Denken anders. Und Anderes. Nehmen anders und Anderes wahr. Handeln anders. Gemeinsamkeiten schaffen Verstehen, Nähe, ein Einvernehmen. Umgekehrt resultiert aus verschiedenen Verhaltenscodes Distanz, Unverständnis, Fremdheit. In der Folge nehmen sich die Interaktionen bisweilen wie die Begegnung von Traditionalisten und Subversiven aus, die durch ihre (Spiel-)Einsätze, ihre Interessen, ihr Ringen um die feldspezifischen (Macht-)Positionen das Koordinatensystem des Feldes beständig neu bestimmen (vgl. analog Bourdieu / Wacquant, 1996: 128ff.). Die Herabwürdigung der (Sozial-)Wissenschaften ist damit immer auch eine Sicherung und Reproduktion der männlichen Macht im Feld Polizei. Polizisten markieren damit die Grenze zwischen uns und denen. Die dergestalt als Fremdkörper empfundene Wissenschaft stört darüber hinaus, weil man Kritik erwartet. Wer will schon hinterfragt und kritisiert werden? Und warum, so wird aus den polizeilichen Praxen gefragt, brauchen wir Akademiker im Streifenwagen? Diese Schutz- und Abwehrreaktionen resp. der Widerstand betrifft, weil er genereller Natur ist, jedoch nicht nur die Erkenntnisse wissenschaftlicher Forschung, sondern ebenso Erlasse des Innenministeriums oder Reformen und die damit zusammenhängenden Veränderungen. So widersetzt sich das Feld auf vielen Ebenen, um die überkommenen feldspezifischen Verhältnisse unverändert fortbestehen zu lassen und Handlungssicherheit zu erhalten. Mit Bezug auf die Wissenschaftsskepsis des Feldes Polizei liegt die Ursache des Phänomens daher nicht allein primär im Wesen des wissenschaftlichen Feldes, sondern in einer generellen Skepsis der Polizei gegen alles, was nicht organisch zum Feld gehört. Und wer als Sozialwissenschaftler gegen die Wissenschaftsskepsis der Polizeipraktiker (vgl. Schöne 2005: 50ff.) disziplinären Kurs hält, immer wieder aufs Neue ins Schwungrad der Gewohnheit greift, nimmt nicht selten an seiner Selbstexklusion teil, wird zum Insulaner in der Polizei, weil im Zuge der kollektiven Selbstaffirmation nicht Theorie und Reflexion und damit ein heuristisches Vorgehen, sondern die an Checklisten und einer algorithmischen Logik orientierte mythentaugliche (Aktions)Praxis das Hauptkriterium für Qualität und Leistung sind. Teilweise erleben wir im Kollegium auch Konkurrenzen und Widersprüche zwischen „hard“- und „soft“-Lehre. Im Einsatztraining wird den Studierenden eine klare Linie vermittelt („Zugriff jetzt!“). Polizeiliche Bildungseinrichtungen neigen zur „algorithmischen Lehre“, zu eindeutigen Handlungsvorschriften zur Lösung eines Problems. „Wenn A vorliegt, tue X“ (Scheitza / Düring-Hesse 2014: 129). Im Habitus der Lernenden (auch in der Fortbildung!) erwächst der Wunsch nach „Checklisten“. Schwarz und Weiß prägen Wahrnehmung, Denken und Handeln. Sozialwissenschaftliche Lehre oder Verhaltenstrainings können genau das nicht bieten. Die „soften Fächer“ orientieren sich stärker an einem heuristischen Lernparadigma. Nicht nur wird dem Wunsch nach einfachen Lösungen nicht entsprochen: Die Welt wird als äußerst komplex und unübersichtlich gezeichnet. Und auch das führt zu Irritationen und zum Teil heftigen Lernwiderständen.

Der Leiter des Psychologischen Dienstes einer Landespolizeischule selbstironisch: „Die Psychologie ist über die Polizei gekommen wie eine Seuche.“

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