Spiegel
Реклама. ООО «ЛитРес», ИНН: 7719571260.
Оглавление
Harald Winter. Spiegel
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
KAPITEL 4
KAPITEL 5
KAPITEL 6
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Kapitel 1
.....
Ich hörte ein Geräusch. Draussen hinter der Tür. Schritte. Ich fuhr hoch und presste den Rücken gegen die Wand. Nur zu gerne wäre ich darin verschwunden. Ich legte den Kopf schief und lauschte. Die Schritte kamen nicht näher, wie ich befürchtet hatte. Wer immer in meinem Haus herumschlich entfernte sich von mir. Die Geräusche wurden leiser und schon nach kurzer Zeit konnte ich nichts mehr hören. Außer meinen eignen, hektischen Atemzügen. Mein Herz raste, als wollte es meinen Brustkorb sprengen und meine Hände hatten zu schwitzen begonnen. Ich hatte keine Haustiere und auch keinen Untermieter, also sollte sich in diesem Haus absolut nichts bewegen. Ausser mir. So leise, wie es mir möglich war, schlich ich zur Tür hinüber und legte das Ohr an das harte Holz. Nichts. Nur das Rauschen meines eigenen Blutes. Hatte ich mir die Schritte nur eingebildet? Oder war der, der sie verursacht hatte nach oben gegangen, wo ich ihn nicht mehr hören konnte? Vorsichtig ließ ich mich zu Boden sinken. Es war vollkommen egal, wo ich saß und an diesem Platz würde ich wenigstens unmittelbar mitbekommen, wenn jemand versuchte zu mir zu gelangen. Ich ballte die Hände zu Fäusten und kämpfte gegen das Zittern an. Wärst du mutiger, dann würdest du jetzt da hinaus gehen. Aber ich war nicht mutig. War ich nie gewesen. Ich schätzte die Sicherheit einer modernen, westlichen Gesellschaft. Die Meisten mussten niemals im Leben echten Mut beweisend wenn sie es nicht wollten. Zu genau jenen hatte ich mich immer gerne gezählt. Leider war es damit nun vorbei. Wenn ich nicht verrückt geworden war und mir meine Einbildung eine ganze Reihe von absurden Streichen spielte, dann schlich ein Eindringling durch mein Haus, den es nicht geben durfte. Jemand aus einer Welt hinter den Spiegeln. Ein Abbild von mir selbst.
Ich stützte den Kopf in die Hände und seufzte. Ich bekam Kopfschmerzen, wenn ich darüber nachdachte. Minuten vergingen, die endlich zu Stunden wurden. Schließlich wich die Dunkelheit vor dem kleinen Fenster dem Zwielicht des frühen Morgens, in dem nur verschiedene Grau-Töne zu existieren schienen. Ich stand schwerfällig auf, ging zum Fenster hinüber und sah hinaus auf die Bäume hinter meinem Haus. Zum ersten Mal in meinem Leben bereute ich die Entscheidung, mich in einer Gegend niedergelassen zu haben, in der kaum etwas den nächtlichen Frieden störte. Die nächste Straßenlaterne war weit genug entfernt und hinter ausreichend Blattwerk verborgen, so dass kaum etwas von ihrem Licht bis hierher vordrang. Natürlich hatte ich Nachbarn. Nicht einmal wenige in der unmittelbaren Umgebung, aber hier draussen lebten die meisten Leute noch so wie früher. Wenn es Dunkel wurde, dann zogen sie sich in ihre Häuser zurück. Als wäre die Nacht immer noch voller Gefahren, die man erst bemerkte, wenn es zu spät war. Am Anfang hatte ich das seltsam und ein klein Wenig charmant gefunden. Dann hatte ich mich daran gewöhnt. Jetzt wo ich hier in diesem Raum festsaß, weil ich mich vor dem fürchtete, was in meinem eigenen Haus geschah, verstand ich es plötzlich. Die Dunkelheit war kein Freund. Meistens war sie neutral und kümmerte sich nicht um die Menschen, aber sie konnte ein Feind werden. Ein Mantel unter dem sich böse Dinge verbergen konnten. Ich stand am Fenster und wartete darauf, dass die Farben in die Welt zurückkehrten. Schließlich geschah es. Das gelbe, warme Licht der aufgehenden Sonne strich wie ein Pinsel über die Landschaft und vertrieb das allgegenwärtige Grau. Ich öffnete das Fenster und nahm einen tiefen Atemzug. Die klare, kühle Morgenluft strömte in meine Lungen und verlieh mir neuen Mut. Noch einen Moment lang sah ich gedankenverloren hinaus. Dann wandte ich mich um und ging mit raschen Schritten zu der Tür hinüber, die mir trügerischen Schutz vor dem geboten hatte, was dahinter auf mich warten mochte.
.....