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Vorwort. Nachdem es seit einiger Zeit zu einer Häufung von Rentnern in meinem Verwandten- und Bekanntenkreis kommt und ich auch von diesem zwiespältigen Schicksal betroffen bin, mache ich mir Gedanken zu den mehr oder weniger bewussten Strategien dieser Gattung bezüglich der Gestaltung ihres neuen Lebensabschnittes. Da ich meinen Psychotherapeutenberuf schon vor Jahren aufgegeben habe, fühle ich mich befreit von wissenschaftlicher Akribie und kann küchenpsychologisch über uns schreiben. Vielleicht ist ja dennoch etwas dran an meinen Überlegungen und der eine oder andere findet sich gut getroffen
Die jungen und die alten Rentner. Wenn Männer ihren Beruf ganz aufgeben und in Rente gehen - ich muss mich auf Männer beschränken, weil ich nur da mitreden kann - kommt die Aufgabe auf sie zu, Zeitgewinn und Wertverlust unter einen Hut zu bekommen. Das ist eher einfach für diejenigen, die nicht die Erfüllung in ihrem Beruf fanden, denn sie verlieren nicht viel, aber schwierig für die Männer, die überwiegend für ihren Beruf lebten. Die meisten von diesen hatten aber zum Glück auch nebenbei noch andere Interessen und Tätigkeiten, die ihnen das Gefühl gaben, etwas wert zu sein. Diese Wertspender können dann in der Rente ausgebaut werden. Ich nenne einige Beispiele:
Rudi zieht in das Haus an der Donau. Auch in den wilden 70er Jahren war es für viele Studenten nicht einfach, bezahlbaren Wohnraum zu finden. In mittelalterlichen Universitätsstädten mit noch einigermaßen gut erhaltener "alter Bausubstanz“ wurden die noch nicht renovierten Gebäude meist von alten Menschen, jungen Studenten und anderen reichtumsfernen Personen genutzt
Bert soll ein starker Mann werden. Bert war ein kleines Baby, aber viele Babys, die 1945 auf die Welt kamen, waren klein. Doch Bert war ein Frühchen und keiner glaubte, dass er durchkommen würde. Ein Pfarrer wurde nicht geholt, weil das Kind ein "Bastard" war. Berts Mutter konnte oder wollte den Erzeuger ihres Jungen nicht nennen - und insgeheim hatte sie sich gewünscht, der Kleine möge sich gegen ein Leben auf dieser schrecklichen Welt entscheiden. Es dauerte lange, bis sich Bert dafür entschieden hatte und dieses Hin und Her bestimmte auch die weitere Kindheit des Jungen. Er bekam alle Infektionskrankheiten, die ein Kind bekommen konnte und immer wieder stand er auf der Kippe, schaute ein wenig hinüber und entschloss sich doch, herüben zu bleiben
Jakob überlebt im Krieg. Als sich der schwere Bert und der lange Jakob an jenem denkwürdigen Tag des teilweisen Einsturzes des Hauses an der Donau im Jahr 1976 kennen lernten, ahnten sie noch nicht, dass sie bald Freunde werden würden und eine Art Sohn-Vater-Beziehung ihrem Leben neuen Sinn geben sollte. Und erst viel später kamen sie zufällig darauf, dass sie noch mehr verband. Erinnern wir uns: Jakob wurde 1925 geboren und Bert 1945. Bert lernte in der Bundeswehrzeit, die damals noch eine eineinhalbjährige "Wehr-Pflicht" war, "etwas fürs Leben", wie sein Großvater meinte, und Jakob musste als junger Soldat eineinhalb Jahre das Überleben im Krieg lernen und behielt, neben einem großen Granatsplitter im rechten Oberschenkel, viele schreckliche Erinnerungen zurück - das war auch "etwas fürs Leben"! Sie entdeckten bei einem Spaziergang an der Donau, dass sie beide das Morsealphabet beherrschten. Und auch das verlernt man nie, es ist auch etwas fürs Leben. Wie sie darauf kamen, nahmen beide mit einem großen Lacher zur Kenntnis:
Richard will in Therapie. Rudi, inzwischen ausgebildeter Psychotherapeut, hatte Richard am Telefon schon an der Stimme erkannt und er erinnerte sich auch 20 Jahre danach noch an den Namen des kleinen Botanikers - und sofort kamen ihm Bedenken! Psychotherapeuten können keine Patienten in Behandlung nehmen, die sie privat kennen, selbst nach so langer Zeit! Der Biologe aber hatte Rudi angerufen, gerade weil er ihn kannte. Nun, niemand kann einem Laien böse sein, wenn der nicht weiß, dass sich Psychotherapeuten so anstellen. Für beide war es aber ein Vertrauensbeweis, dass sich der inzwischen über 60-Jährige an seinen ehemaligen Mitbewohner mit der Bitte um psychologische Gespräche wandte
Aus Alt mach Neu. Die Uni-Klinik war sehr unübersichtlich gebaut und Rudi irrte in den Gängen umher. Im Moment las er Bezeichnungen, die auf die Orthopädie hindeuteten. Er wollte sich jedoch den Darm untersuchen lassen, der ihm immer wieder Probleme bereitete. Hier war er also falsch. Doch wenn er es recht bedachte, zwickte immer wieder einmal auch das linke Knie. Vielleicht sollte er auch da mal nachschauen lassen. Es wäre doch wirklich fatal, wenn er jetzt, gleich zu Beginn seiner Rentenzeit, etwas übersehen würde und er seine vielen Urlaubsplanungen über Bord werfen müsste
Nachbetrachtung. Die Psychiaterin Kübler-Ross beschreibt in einem Buch fünf Phasen des Sterbens:
Der Autor und die Bücher. Helfried Stockhofe, geb. 1950, war als Psychologischer Psychotherapeut tätig, überwiegend in eigener Praxis in einer Gemeinde im Bayerischen Wald. Kennzeichnend für die meisten seiner Bücher ist, dass in die fiktiven Handlungen realistische Informationen eingearbeitet werden. Bei den Bayerwald-Büchern sind das Beschreibungen beliebter Wander- und Ausflugsziele im Bayerwald, bei den anderen Büchern Informationen zur Arbeit des Psychotherapeuten. Dennoch: Es sind keine Sach- oder Fachbücher, denn im Vordergrund steht immer die unterhaltende und zum Nachdenken anregende Handlung!
Im zweiten und dritten Kapitel arbeite ich Erfahrungen aus meiner Studenten- und Bundeswehrzeit mit in die Handlung ein und das vierte Kapitel wurde inspiriert von den Erzählungen meines verstorbenen Vaters. Die dort zitierte schräg gedruckte Geschichte habe ich wortwörtlich seinen schriftlichen Aufzeichnungen entnommen.
Ich hoffe, die Mischung aus erstaunlichen, lustigen, besinnlichen und leider auch grausamen Erfahrungen gefällt!
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Der Älteste ist ein "Greis". So nannte man früher einen alten Mann. Dieser Begriff ist inzwischen nicht mehr gebräuchlich. Vermutlich mangelt es ihm an Political Correctness. Die Frau Wiktionary meint - mit "Frau" bin ich hoffentlich auf der sicheren Seite - ein "Greis" sei ein "sehr alter Mensch, meist ein Mann" (warum "meist"?) und sie weist mit einem schönen Beispiel darauf hin, wie sich das Alter der Greise im Verlauf der Zeit verändert hat: In der Laudatio der Königsberger Universität zum 50. (!) Geburtstag von Immanuel Kant habe man diesen mit "Ehrwürdiger Greis" angesprochen! Das war also im Jahr 1774.
Zweihundert Jahre später war ein "Greis" meist schon über 80, heute ist er über 90. Aber "Greis" darf er nicht mehr genannt werden - und er will es auch nicht!
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