Drei Anläufe brauchte ich nach einer Trunkenheitsfahrt, um würdig zu sein, wieder einen Führerschein zu bekommen. Das hat mich überrascht, schließlich war ich nicht ein jahrelanger Trinker und ich hatte meine Trunkenheitsfahrt abgebrochen als ich erkannte, dass das so nicht weiter geht. Nur ich konnte mein Verhalten nicht beweisen und Statistiken machten ein anderes Verhalten plausibel. So wurde es mir zu einer wichtigen Erkenntnis, dass eine MPU nicht auf Wahrheit baut, weil Wahrheit schwer zu beweisen ist. Die relativen Wahrheiten von Statistiken finden Gutachter viel attraktiver und plausibler. Die sind ihnen vertrauenswürdiger, weil sie wenig wissen und oft von Klienten belogen werden, denen die Tragweite ihres Fehlverhaltens nicht vollumfänglich bewusst ist. Gerade das gutachterliche Nichtwissen und die Beweispflicht durch den Klienten machen den intuitiven Entscheidungsrahmen des Psychologen so bedeutend. Das schafft für die MPU ganz eigene Gesetze, die mit Erkenntnistheorie und evidenzbasierter Argumentation nichts zu tun haben. Der Gutachter hat mit seinem erfahrenen Empfinden immer recht. Widerspruch wird schnell als Widerstand persönlich genommen. Die daraus folgende Befindlichkeit ist unbedingt zu berücksichtigen. Glaubwürdigkeit steht im Mittelpunkt. Geben sie von sich preis was man glauben will. Ein solches Verhalten ist neben einer Therapie und Techniken zur Trinkdruckkontrolle unbedingt einzuüben. Letztlich zählen alle Techniken zur Abstinenz nur in Verbindung mit dem Gefühl, das der Experte für Sie empfindet. Die Sympathie, die dem Gutachter Ihnen gegenüber möglich ist, ist das zentrale Element für eine erfolgreiche MPU. Was individuell in Ihnen vorgeht, können oder wollen die Experten oft nicht verstehen, wenn sie sich früh festlegen oder wie im Falle meiner vierten MPU gar nicht um den Anlass zur MPU wussten. Die fand nämlich nicht wegen einer Trunkenheitsfahrt statt. Suchen Sie immer Verständnis und Konsens. Nur das schafft Wohlwollen.
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Helge Hanerth. MPU Protokolle
Vorwort
Ich brauche TÜV
MPU – der erste Versuch. Die Suche nach der Trinkhistorie
MPU – der erste Versuch. Die psychologische Exploration
Ich mach `ne Therapie
MPU - Der zweite Versuch
Eine neue Strategie muss her
MPU – der dritte Versuch
MPU – Der vierte Versuch
Kritik am Verfahren der MPU
Das kompakte 1x1 für eine erfolgreiche MPU
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Vorwort
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Gerne erinnere ich mich dabei an eine Frau aus Wuppertal die in einem höheren Leistungskader trainierte und gerade im Sprint für mich unmöglich zu schlagen war. Herrlich auch eine ältere Doktorandin aus Spanien, die im Nationalkader geschwommen hatte und immer noch sehr schnell unterwegs war. In meinem zweiten Studienjahr waren wir dann sogar Ausrichter der deutschen Hochschulmeisterschaften. Leistungssport unter Alkohol ging nicht. Davon war ich überzeugt. Ich wollte es erst gar nicht probieren. So etwas zerstörte bestimmt meine Endorphinkicks (Endorphin ist ein Hormon, das vom Körper bei Hochleistung ausgeschüttet wird).
Neben dem Sport war Musik meine wichtigste kulturelle Aktivität. Es gab einen Jazzclub und für mich war es Ereignis genug, wenn beispielsweise ein Exbassist von Lionel Hampton oder einfach nur talentierte Studenten und ihre Dozenten der Musikhochschule aufspielten. Immer ging ich alleine zu den Gigs. Ich empfand das stressfreier. Schließlich kam ich nicht für ein gesellschaftliches Ereignis, sondern wegen des Musikgenusses. Im Schatten der Hochschule blühte eine vielfältige Szene mit den unterschiedlichsten Bands. Ich hätte gerne in der einen oder anderen Formation mitgespielt, aber ich war damals noch zu verhaltensgestört und scheu, um die nötigen Beziehungen aufzubauen. Selber spielte ich also nur zu Hause auf meinem Keyboard. Damit konnte ich jederzeit, wenn mir danach war, spielen. Nie mussten sich Nachbarn gestört fühlen, denn es ging auch leise. Und an langen, nasskalten, einsamen und melancholisch stimmenden Herbsttagen, wirkte das Instrument geradezu wie ein Antidepressivum. Dann spielte ich nach einem abgewandelten Beatles-Zitat . Tatsächlich ging dann jedes Mal die Sonne auf. Alkohol tötet die Musik selbst in einer Jazzkneipe. Schließlich wollte ich nicht nur zuhören, sondern neue Riffs und andere technische Kniffe lernen.