Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers
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Helmut Degner. Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers
Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers
Für edith
Bericht aus einer Totenkammer
Ende eines Kapitels
Der Sonntag bei dem Onkel
Er und die zwei Kleinen
Schreiben
Graugrün und Kastanienbraun I
Der Trip
Fisch, gebraten
Fragen, Fragen …
Schreiben, leben …
Goldene Schuhe
Volkesmund
Uhr ohne Zeiger
Ein Snob
Fünfzehn Jahre
Neun Zahnärzte
Graugrün und Kastanienbraun II
Concierto de Aranjuez
Lieber Herr Schiblinski!
Das Urteil
Als er die Treppe
Ein Traum?
Der Tenor
Das Vermächtnis
Handwerk
Die frühen Jahre
Fantasia para un gentilhombre
Haar
Der Pullover
Gustav Mahler
Fernsehen
Der andere Kreis
Das Gewitter
Der Pappmachéarm
Concierto de Aranjuez II
Das Weiße im Auge
Korrespondenz
Der Orangeneisfresser
Rechtsphilosophischer Diskurs über Laila
Noter. Korrespondenz
Über Graugrün und Kastanienbraun. Aufzeichnungen eines Neurotikers
Отрывок из книги
Helmut Degner
SAGA Egmont
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Durch einen unwahrscheinlichen Zufall erfuhr er später, daß das Baby des Mädchens von einem amerikanischen Besatzungssoldaten war und daß sie mit ihm in der Augenabteilung gelegen hatte, weil sie von dem Soldaten nicht nur das Baby bekommen hatte, sondern auch einen Tripper, den sie bei der Geburt auf die Augen des Kindes übertrug.
In den Tagen und Nächten vor seinem nächsten Besuch gelangte er endlos grübelnd zur Überzeugung, daß nun nichts anderes blieb als die auch schon einige Male von ihm angewandte Methode unverhüllter Überrumpelung, und so versuchte er bei seinem nächsten Besuch gleich, nachdem er seinen Mantel ausgezogen hatte, ohne ein Wort und ohne sich erst in einen der Fauteuils niederzulassen, sie in Richtung des riesigen rosa Baldachinbettes mit der geblümten Bettwäsche zu drängen, doch sie stieß ihn, als er ihr Sträuben nicht beachtete und nicht nachgab, schließlich mit einer wütenden Heftigkeit, die einen Moment sein Herz aussetzen ließ, zurück. Dann sank sie in den einen Fauteuil, schlug die Hände vors Gesicht und begann bitterlich zu weinen. Sein Herz schmolz; er beugte sich über sie und versuchte, voll Reue über seine unfaßbare Gefühllosigkeit, sie zu beruhigen, wobei er mit der Hand über ihr schulterlanges kastanienbraunes Haar strich, wovon er jedoch bald abließ, denn die Berührung ließ – und er begann sich selbst zu hassen – neuerliche Begierde in ihm aufsteigen. Endlich nahm sie die Hände vom Gesicht, hob den Kopf, wischte mit einem bestickten kleinen Taschentuch die Tränen ab und deutete auf den Fauteuil auf der andern Seite des Glastischs. Er setzte sich, und nachdem sie ihn einen Moment angesehen hatte, mit einem herzzerreißend traurigen Blick, begann sie stockend und mit leiser Stimme zu erzählen: Sie habe seit drei Jahren eine Beziehung zu einem viele Jahre älteren, in der Öffentlichkeit sehr bekannten Mann mit einer hohen Position in der siebzig Kilometer entfernten Festspielstadt, der verheiratet sei und zwei Töchter in ihrem Alter habe; sie könne ihn nur alle paar Monate über ein Wochenende sehen, das sie immer in einem Hotel im nahen Gebirge verbrächten, doch ihre Gefühle für ihn seien so, daß sie nicht von ihm loskäme und ließen keine Beziehung zu einem andern Mann zu; sie habe sich, trotz aller Ausweglosigkeit, damit abgefunden. Dann bat sie ihn, der mit starrer Fassungslosigkeit zugehört hatte, zu gehen; er solle aber nächste Woche wiederkommen, sie könnten doch Freunde sein; und er ging, schwankend und benommen.
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