Die Baródins
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Helmut Lauschke. Die Baródins
Von der frühen deutschen Nachkriegszeit aufwärts
Boris Baródin, der Pianist
Der Flug nach Warschau
Der Besuch bei Frau Lydia Grosz
Eine deutsch-polnische Liebesbeziehung
Die Aufführung des Brahms-Konzertes in Warschau
Die Begegnung mit dem Vater in Moskau
Der Traum und aus dem Leben
Der Konzertabend in Moskau
Besuch im Heim für hirngeschädigte Kinder
Rückflug mit Zwischenstation in Warschau
Der Tod des Ilja Igorowitsch Tscherebilski
Das Gespräch mit dem Sachbearbeiter Wilhelm vom Drogendezernat
Zum Begräbnis von Ilja Igorowitsch Tscherebilski nach Moskau
Der Klavierabend mit den Schülern
Auf dem Weg zur jungen Familie
Die letzten Tage des Boris Baródin
Björn Baródin, der Arzt und Psychiater
Mutters Geburtstag
Das medizinische Staatsexamen
Die Assistentenzeit
Der plötzliche Tod von Professor Kretschmar. Der neue Chef – ein Formatabrutsch
Ortswechsel
Das erweiterte Privatleben und das tragische Ende von Professor Reuter
Zwischenfall mit Kopfplatzwunde – “Buddenbrooks’ kleine Malschule” und die “holsten’schen” Musikabende
Die letzte Station
Die Vorstellungsrunde und die klinischen Aktivitäten
Die ersten “Nordlichter” im Malen und Musizieren, “Ludwig van Beethoven, der zweite”
Im Gang der Zeit
Epilog
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Von der frühen deutschen Nachkriegszeit aufwärts
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Herr Wilhelm las die Anzeige durch, wobei er das eingelegte Blatt in der Schreibmaschine Zeile für Zeile nach oben drehte. Er fand keinen Fehler, brauchte also kein Tipp-Ex, machte keine Korrektur. So drehte er das Papier aus der Maschine heraus, las den Inhalt dem Anzeigenerstatter vor und fragte ihn, ob das Geschriebene so recht ist und dem Tatbestand entspricht. Boris bejahte die Frage und sagte, dass die Anzeige, so wie sie ist, dem Tatbestand entspreche. “Dann lesen Sie die Anzeige noch einmal durch und setzen ihre Unterschrift darunter”, sagte Herr Wilhelm im geläufigen Amtston eines Kriminalbeamten. Boris kam dieser Aufforderung nach, las und unterschrieb die Anzeige. “So, das hätten wir”, meinte der Beamte Wilhelm und legte die geschriebene und unterschriebene Anzeige in die Aktenmappe zu dem Notizblatt, das er säuberlich aus dem Notizblock gerissen hatte. Ganz oben auf dem vorderen Aktendeckel schrieb er mit rotem Stift die Bearbeitungsnummer, die er mit schwarzem Stift auch in die Kladde der fortlaufenden Nummern eintrug. Wie auf dem Aktendeckel gab er der laufenden Nummer in der Nummernkladde den Namen ‘Eberhard Kleinert’. “Das wär’s für heute. Nun kann die Ermittlung ihren Lauf nehmen”, schloss der Kriminalbeamte die Sache mit der Anzeigenerstattung ab und klappte die Akte mit den ersten beiden Papieren zu. Boris erhob sich und wünschte dem Beamten Wilhelm einen guten Abend. “Ich wünsche ihnen für ihre Konzert-Reise viel Erfolg”, sagte Herr Wilhelm, als Boris die abgegriffene Klinke an der Tür in der Hand hielt. “Ich melde mich bei ihnen, wenn ich von der Reise zurück bin”, bemerkte Boris mit einem leichten Lächeln, während der Beamte Wilhelm die angelegte Akte auf die anderenAktenmappen legte und den Schreibtisch aufräumte. “Dann schick ich ihnen zum Vorspielen Andreas, meinen Sohn, damit Sie sich ein Urteil bilden können”, sagte er. “Das geht in Ordnung!”, sagte Boris und verließ den Raum und schloss die Tür.
Er ließ sich mit dem Taxi zurück in die Wohnung fahren. Es war Abend. Boris hatte ein unwohles Gefühl, ja es bedrückte ihn, dass er den Tag für seine Konzert-Vorbereitung so gut wie verloren hatte. Er machte sich in der Küche den chinesischen Kräutertee und schluckte die Antibiotikakapsel gegen die eitrige Tonsillitis. Er setzte sich mit der Tasse in die schmale Klubecke und dachte über den Ablauf des ‘verlorenen’ Tages nach. “Hoffentlich hat Olga dem Türken das Geld gegeben, dass dieser sie endlich in Ruhe lässt. Mögen die Kriminalbeamten bei der Wohnungsdurchsuchung fündig werden,dass dem Eberhard Kleinert, alias Rudolf, den Filialleiter Groß zu seinen besten Mitarbeitern zählt, das betrügerische Handwerk gelegt wird.” Diese Gedanken gingen Boris schluckweise durch den Kopf, den die Brutalität der Erpressung aufsHeftigste anwiderte. Er trank den Tee aus, stellte die geleerte Tasse auf den kleinen Klubtisch, überflog die offene Solo-Partitur des Schumann-Klavierkonzertes, die über den ebenfalls offenen Partituren des Beethoven- und des Grieg-Konzertes lag. Er ging an den Flügel und begann mit dem Schlusssatz aus dem zweiten Brahms-Konzert, und da mit dem schnellen Schlussteil im >un poco più presto<. Dabei stellte er das Metronom auf 138 Viertelnotenschläge pro Minute ein, wie es Brahms in der Partitur angegeben hat. Über den Stakkati der arpeggiert (wie beim Harfenspiel hintereinander) kommenden Töne im Akkordvortrag mit den Dezimen in der linken Hand, rollten mit der rechten Hand die Oktavläufe zunächst in geschlossener, dann in unterbrochener Folge präzis und auch im Stakkato der Hammerschlagtechnik (wie beim Hammerklavier oder den Klöppelschlägen auf dem Xylophon) ab. Boris war zufrieden, weil Tempo und Genauigkeit stimmten.
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