Die schönste Brücke der Verständigung
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Helmut Lauschke. Die schönste Brücke der Verständigung
Das 2. Klavierkonzert von Brahms und eine deutsch-polnische Liebesgeschichte
Ankunft in Warschau
Der gemeinsame Stadtbummel
Besuch bei der Dame Lydia Grosz, der Schwester des Maestro Wiktor Kulczynski
Die ersten erotischen Berührungen und der Gute-Nacht-Kuss
Aufschlagender Resonanzdeckel und die tonale Überschwemmung im mitternächtlichen Traum
Der große Blumenstrauß aus weißen Narzissen und roten Rosen
Die Liebesbrücke der Verständigung
Das Konzert in der Warschauer Philharmonie
Abendlicher Empfang im Hotel ‘Polnischer Hof’
Der Brückenschlag zur Völkerversöhnung und Verständigung
Die Fahrt zum Flughafen und der Abschied
Impressum
Отрывок из книги
Titel
Das 2. Klavierkonzert von Brahms und eine deutsch-polnische Liebesgeschichte
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Der junge Geiger nun war ein hochgewachsener, schlanker Pole mit ovalem Gesicht, dunkelbraunen Augen und langem, zurückgekämmten schwarzen Haar. Auch die übrigen Orchestermitglieder hießen Boris willkommen, indem die Streicher mit den Bögen gegen ihre Instrumente klopften, was die Bläser und der Schlagzeuger mit den Schuhen auf dem Bühnenboden taten. Boris dankte für den herzlichen Willkommensgruß mit einer tiefen Verbeugung. Dann klappte er den Flügeldeckel auf, setzte sich und spielte Abschnitte aus dem ersten, zweiten und dritten Satz. Viertel nach neun betrat der Dirigent Wiktor Kulczynski die Bühne und begrüßte Boris mit einer väterlichen Umarmung, denn dieser untersetzte, freundliche Herr mit der hohen Stirn und großen Nase hätte vom geschätzten Alter her gut sein Vater sein können. “Ich freue mich sehr, Boris Baródin, mit ihnen das zweite Brahms-Konzert aufführen zu können, nachdem ich so hervorragende Kritiken über Sie gelesen habe. Ich hoffe, dass Sie in einer guten Verfassung sind, damit wir das Konzert zu einem großen Erfolg bringen.” Das sagte Dirigent Kulczynski im fehlerfreien Deutsch mit polnischem Akzent. “Packen wir’s an!” Er stieg aufs Podium, schlug die große Orchesterpartitur auf, nahm den Taktstock in die rechte Hand und sagte: “Bitte meine Herren, fangen wir von vorne an.”
Das Orchester brachte das Eingangsmotiv im ‘Allegro non troppo’ mit den steigenden Viertelnoten B-C-D, der herabgleitenden Triole Es-D-C, dann dem D als Viertelnote und dem langgezogenen F als Dreiviertelnote. Wieder und unwillkürlich hörte Boris den Ruf seines Vaters, den stummen Schrei des Ilja Igorowitsch. Wieder sah er vor sich den breiten Wolgastrom, wieder spürte er die Breite der Schwermut über diesem Lauf. Er setzte seinen stakkierten Triolenlauf als die leichtermachende, lebensweckende Kraft aus dem fortdauernden, nie-endenden, die Lebensspanne des Individuums überschreitenden Status nascendi mit seiner grenzenlosen Hoffnungstracht entgegen, setzte das Triolen-Stakkato zum Zeichen der Seinsannahme wie einen bunten, verheißungsvollen Spitzhut “der Weisheit” dem weinenden Clown in seiner, der Kleingeisterei widerstrebenden Existenz- und existenzphilosophischen Bedeutung auf, um ihn aus der Blick- und Daseinsschwere heraus zu helfen, ihn wieder zum Lachen zu bringen, ihm mindestens ein Lächeln abzugewinnen. Nun hatte Boris plötzlich die springenden Flachsteine auf dem Wasser wieder vor Augen. Schnell wuchs die Dynamik mit den stakkierten Oktavläufen in der rechten Hand über den begleitenden Dezimen in der linken, als hätte sich ein kräftiger Arm, der Arm eines Riesen ausgestreckt, der das Klanggebäude, in dem es “Türen und Fenster” gab, die geöffnet und geschlossen werden, in der Hand hält, es hebt und senkt.
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