Отрывок из книги
Er hatte keine Angst vor dem Sterben. Nur der Gedanke an die Art, wie er wohl sterben würde, erschreckte ihn manchmal. Es gab so viele Arten zu sterben. Einige waren mit großem Schmerz und langem Leiden verbunden, andere spürte man gar nicht. Das menschliche Leben ist zerbrechlich, dachte er, wir sind nicht mehr als ein Klumpen aus Blut, Knochen und Muskeln, verpackt in eine dünne Schicht zarter Haut, die kaum das Sonnenlicht verträgt. Andererseits, so hatte er gehört, war es wiederum gar nicht so leicht, dem Ganzen ein Ende zu setzen. Sowohl das Herz als auch das Hirn, diese wichtigen Lebensfunktionen, mussten aufhören zu arbeiten. Dann würde auch die allerwichtigste aussetzen: das Atmen. Nicht alle Selbstmordkandidaten hatten Glück, wenn sie sich das Leben nehmen wollten. Sie schnitten nicht tief genug, um die Pulsader im Handgelenk oder am Hals zu treffen, sie brachen sich nur ein paar Rippen, wenn sie sich von einem Hochhaus stürzten, sie nahmen nicht genug Schlaftabletten, oder irgendein ›Retter‹ bewahrte sie im letzten Augenblick vor dem Tod. Warum war es wohl ihm gelungen? Seinem Vater? Ein Strick um den Hals und ein Sprung aus großer Höhe. Auf diese Weise hatte er direkt zur Sache kommen, das Übel an der Wurzel packen können. Ein Mann sein.
Er konzentrierte sich für einen Augenblick nur auf das Atmen. Er hatte das Empfinden, ganz sicher sterben zu müssen, würde er in der Dunkelheit in einem kleinen Raum eingeschlossen werden – allein aufgrund des Gefühls, nicht atmen zu können. Keine Luft holen zu können. Wieso kamen ihm gerade jetzt diese Gedanken? Vielleicht weil er gerade wieder jene Atemprobleme hatte, die bei ihm Panik auslösten.
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Irene überlegte, wie sie Rolando diese Neuigkeit beibringen sollte, und sah auf die Uhr; er würde wohl bald nach Hause kommen. Sie setzte Wasser für die Nudeln auf. Mensch, dass sie wieder Großeltern werden sollten!
»Oma, Oma! Guck mal, was ich gefunden habe!« Marianna kam in die Küche gerannt, Angolo direkt auf den Fersen; sie versteckte etwas zwischen den gekrümmten Fingern und hatte in ihrem Eifer vergessen, die Schuhe auszuziehen. Rikke führte sie mit einem harten und bestimmten Griff am Arm wieder hinaus. Irene setzte so lange ein entschuldigendes Lächeln auf. Marianna fehlte ein Schneidezahn; sie hatte ihn an einem Wochenende verloren, als sie bei ihnen zu Besuch gewesen war. Irene hatte dafür gesorgt, dass die Zahnfee ihre Pflicht erfüllt hatte. Sie starrte hinaus in den Garten. Ihre Hände zitterten immer noch und sie atmete tief durch, um sich zu entspannen. Die Nummer war anonym gewesen, und sicher war es nur jemand, der sich immer wieder verwählte, aber es lag etwas Beängstigendes und Bedrohliches in dem Schweigen und dem leisen Atmen am anderen Ende.
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