Der Katholische Bahnhof
Реклама. ООО «ЛитРес», ИНН: 7719571260.
Оглавление
Irmin Burdekat. Der Katholische Bahnhof
DER KATHOLISCHE BAHNHOF. ROMAN
Nachtrag
Man will ja nicht undankbar sein:
Weitere Bücher von Irmin Burdekat:
Impressum
Отрывок из книги
IRMIN BURDEKAT
Fünf Sterne deluxe
.....
„Montags ist der Turm geschlossen!“ Was soll dieses alberne Schild? Hier geht es um Leben beziehungsweise Tod! Durchkreuzt so eine banale Regelung nun das perfekt geplante Drama? Manfred steht fassungslos vor der schweren Holztür. Da schreibt ein sich in Pose werfender „Oberstadtdirektor“, dass der Turm geschlossen sei. Warum? Was steckt dahinter? Montags etwa keine Selbstmorde? Was denkt sich so eine Verwaltungs- kanone? Manfred stiert eine Ewigkeit auf das Schild und liest, welche Öffnungszeiten in den nächsten Tagen zur Verfügung stehen. Das sind Möglichkeiten, aber keine Alternativen. Einen Plan B hat er noch nicht. Nur ein weit geöffnetes Ventil: Manfred brüllt seinen Frust in die Landschaft. Jene bekannte braune Masse, die bei solchen Gelegenheiten meistens zitiert wird, muss auch jetzt herhalten. Sogar mehrfach.
Dann dreht er sich um. Vor ihm liegt der Hermannsweg, der in den tiefen Wald führt. Wenn nichts mehr geht, dann soll man wenigstens gehen. Laufen hilft immer. Einfach sich am Laufen halten. Die Beine bewegen, damit sie den Verstand beruhigen. Laufen, von irgendwo nach anderswo. Manfred stellt die Füße auf Automatikbetrieb ein und das Hirn so weit wie möglich ab. Einfach nur geradeaus trotten. Einem Weg folgen. Irgendwann wird der Weg schon zum eigenen. Die erste Stunde hebt Manfred den Kopf nicht ein einziges Mal. Gramgebeugt. Dann schaut er doch einmal hoch, folgt einem Stamm in dessen Krone, verweilt ein wenig in dem Astgewirr und überlegt, ob er hochklettern und von dort springen soll. Auf den Waldboden? Das kann er vergessen. Der ist zu weich. Aber der Stamm birgt eine Überraschung. Zunächst übersieht er das weiße H, den Hinweis auf den Hermannsweg über den Kamm des Teutoburger Waldes. Aber dann funkt es. Dieser Weg führt zum Hermannsdenkmal. Ein monumentaler Koloss, gewidmet einem Cherusker, der als Namensgeber und Sinnstifter teils für nationale, aber auch für demokratische Ideale herhalten musste. Genau – und dort gibt es eine Aussichtsplattform, ein Umlauf zu Füßen des Blechsoldaten. Mindestens dreißig Meter hoch. Eine ideale Selbstmörder-Absprungschanze. Jedenfalls ist das der Geistesblitz, der nun dem liebeskranken Werther-Nachfolger ein Ziel gibt, wenn auch ein weit entferntes. Mindestens fünfundzwanzig Kilometer hat er noch vor sich. Und eine dunkle Nacht, die bald dem Tageslicht den Garaus machen wird. Aber was sind das für marginale Problemchen. Hier geht es nicht um was Großes, nein, ihm geht es um das Größte. Sein Leben und ein Fanal! Das Ausscheiden aus dem Leben als maximal mögliche Strafe für, ja für wen eigentlich? Für den Vater? Vorrangig schon. Knapp dreißig Kilometer Chance, um die Sache nochmal von allen Seiten zu beleuchten.
.....