Poesie und Denken in den Psalmen

Poesie und Denken in den Psalmen
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Jean-Claude Wolf legt mit diesem Essay über Gebet und Poesie in den Psalmen keine Abhandlung, sondern einen Gesprächsanfang vor. Warum gerade ein Essay über die Psalmen? Wurden diese nicht schon ausführlich gelehrt und bis zum Überdruss erbaulich kommentiert? Eine philosophische Antwort auf diese Frage führt dabei in eine Serie von Fragen: Ist es gelungen, Gott zu «töten», den Glauben zu überwinden? Haben die Errungenschaften der Moderne dazu geführt, dass der Traum von der Nähe des Fernen ausgeträumt ist, weil er technisch realisiert wird? Müssen wir noch beten, obwohl wir uns durch Medien und virtuelle Kommunikation immer näher rücken? Haben nicht immer mehr Menschen durch Reisen räumliche Ferne, durch Bildung und Wissen zeitliche Ferne überwunden? Bleibt eine Sehnsucht nach (körperlicher? seelischer?) Nähe, die sich nicht technisch realisieren lässt? Wie ist es möglich, dass der EWIGE, der im Gebet angerufen wird, zugleich fern und nah ist?

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Jean-Claude Wolf. Poesie und Denken in den Psalmen

Vorwort

Inhalt

Einleitung

Anmerkungen

1. Zwischen Theologie und Philosophie

Anmerkungen

2. Zur Übersicht

Anmerkungen

3. Juden und Jüdinnen beten

Anmerkungen

4. Messianische Psalmen (Ps. 130) und. das Verhältnis von Kunst und Religion

Anmerkungen

5. Im Gespräch mit Gott – ohne Christus?

Anmerkungen

6. Der längste Psalm (Ps. 119): Anwesenheit des Ewigen in seinen Weisungen

Anmerkungen

7. Die Psalmen in prophetischer Ausrichtung auf Christus?

Anmerkungen

8. Christus als der Weg zu Gott

Anmerkungen

9. Christus als Gott – das Geheimnis der Trinität

Anmerkungen

10. Glauben wie Jesus / Glauben an Jesus

Anmerkungen

11. Die Psalmen als Geschenk des EWIGEN ISRAELS

Anmerkungen

12. Ist Gott statisch oder dynamisch? (Ps. 44)

Anmerkungen

13. Das Denken im Gebet (Ps. 77)

Anmerkungen

14. Wie ist ein »Fluchpsalm« (Ps. 58) zu lesen?

Anmerkungen

15. Eine weitere Hypothese zur Deutung der Rache in Ps. 58, 11

Anmerkungen

16. Paradoxien der Vergeltung

Anmerkungen

17. Gewalt in der Bibel (Ps. 78 und 79)

Anmerkungen

18. Das zweischneidige Schwert der Frommen (Ps. 149)

Anmerkungen

19. Das Böse im Text (Ps. 41, 11)

Anmerkungen

20. Das lyrische Ich im Psalm (Ps. 71)

Anmerkungen

21. Die bösen Wünsche der Betenden und die Mitschuld aller

Anmerkungen

22. Luthers Psalmen

Anmerkungen

23. Gott als Feind (Ps. 88)

Anmerkungen

24. Auslieferung an den Ewigen (Ps. 24)

Anmerkungen

25. Gottes Antlitz (Ps. 17 und 38)

Anmerkungen

26. Der Stern der Erlösung

Anmerkungen

Bibliographie

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Jean-Claude Wolf

Poesie und Denken in den Psalmen

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Es ist frag-würdig, d. h. der Frage würdig, ob die spätere Christologie der Kirche und das trinitarische Dogma, das u. a. besagt, dass Jesus der einzige Mensch ohne Sünde war, mehr der Wahrheit oder der Erbauung durch fromme Legenden dient. Der jüdische Mensch Jesus war vermutlich kein Mann ohne Sünde und auch kein Mann ohne Frau in seinem Leben. Der Mythos vom Sündenfall spielt sich ab im Verhältnis von Adam (dem Menschen) zu Gott und im Verhältnis zwischen Frau und Mann. Selbst wenn Jesus nicht verheiratet war und zu jung starb, um im Rat der Ältesten und Witwer bzw. »alten Sünder« mitreden zu können, so war er doch, besonders nach dem Porträt des Lukas-Evangeliums, ein Frauenfreund, kein Frauenverächter. Kann ein Mann ein Frauenfreund sein, ohne jemals »Jugendsünden« zu träumen oder zu begehen?12 Muss die Erfahrung der »Unfähigkeit« zur Ehe im Leben eines Wandercharismatikers nicht besonders intensiv sein? Und bleibt ein munterer Mann, der nicht vor dem Tod vertrocknet, etwa nicht lebenslänglich ein Mann mit anhaltenden Neigungen zu »Jugendsünden«? Jesus hat sich mehr für die Sünder interessiert als für jene »Gerechten« (oder sollte man besser sagen »Selbstgerechten«?), die vorgeben, das Wort »Sünde« nicht zu verstehen oder sich weigern, es auf sich selbst anzuwenden. Die Selbstgerechten sind wie die Verstockten: Sie lassen sich vom Ruf zur Umkehr nicht erreichen.

War Jesus selbst in Sünde verstrickt? Vielleicht fiel es Jesus leichter, einer Hure ihre Sünden zu vergeben, weil er selbst einmal ihre Dienste angenommen hat. Jesus bei den Huren – eine frivole Phantasie? Es geht hier weniger um den Stoff für eine Satire oder Komödie, sondern um die psychologische Frage: Ist es möglich, Sünde zu verstehen oder zu vergeben, wenn man selbst nie gesündigt hat? Genügt es, einen einzelnen Typus von Sünden (wie z. B. Geiz oder Neigung zum Jähzorn) zu kennen, um andere Typen von Sünden (wie z. B. Hurerei) zu verstehen und zu vergeben? Und würde ein kurzes Leben, das so grausam und schmählich am Kreuz endet, dazu qualifizieren, alle Sünden (auch die Sünden aller Lebensalter inklusive die »Alterssünden«) zu verstehen und zu verzeihen? Bleibt Jesus ein bornierter Mensch, der sich z. B. nicht in die Sünden eines Greises versetzen kann?

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