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ОглавлениеJennifer Sommer
Urlaubsflirts und wilde Küsse
Vom Milliardär in Frankreich verführt
Jennifer Sommer
Urlaubsflirts und wilde Küsse
Vom Milliardär in Frankreich verführt
Verlag:
Westside Media Marketing
Münsterstraße 5
59067 Hamm
Dies ist ein Roman. Alle Figuren und Handlungen sind frei erfunden. Eventuelle Ähnlichkeiten mit lebenden oder bereits toten Personen sind zufällig und nicht beabsichtigt.
Alle Rechte vorbehalten. Unerlaubte Vervielfältigung, Verbreitung, Speicherung oder sonstige Bearbeitung ist ohne die ausdrückliche Genehmigung des Urhebers verboten. Alle genannten Marken und Produkte sind Eigentum ihrer jeweiligen Inhaber.
Urlaubsflirts und wilde Küsse
“Du hast mit Tina geschlafen???”, frage ich, und ich bin weniger wütend als vielmehr fassungslos. “Mit Tina?” Tina ist Daniels Ex-Freundin, eine laute, herrschsüchtige Alte, die so dermaßen ätzend ist, dass er gegenüber seinen Freunden immer behauptet hat, er wäre froh, sie endlich los zu sein. Aber das gilt wohl nicht für gelegentliche Abenteuer im Bett.
“Was soll ich sagen, du warst das Wochenende bei deinen Eltern, und…”
“Und da dachtest du, du knallst ein bisschen deine Ex-Freundin? Sag mal spinnst du?”
Ich würde gerne weinen können. Aber ich kann nicht! Ich weiß nicht warum. Ich fühle mich im Moment einfach nur leer. “Verschwinde einfach! Los!”
“Aber Baby, bitte, jetzt beruhige dich doch erst einmal…”
“Nein!”, sage ich, “raus! Los! ich will dich hier nicht mehr sehen, verschwinde aus meiner Wohnung. Deine Sachen kannst du ein anderes Mal packen und abholen, für heute will ich dich nicht mehr hier sehen, leg den Schlüssel auf den Tisch und verschwinde.”
“Und wo soll ich schlafen?”, fragt Daniel, setzt seinen Dackelblick auf, den ich so sehr liebe. Oder geliebt habe, bis vor einer halben Stunde, als ich beim Wäschemachen in seiner Tasche eine Quittung gefunden habe für eine Paarmassage vom letzten Samstag.
“Das ist mir scheißegal”, sage ich kalt, und ich meine es tatsächlich so.
“Aber Baby…”
“Nenn mich nicht Baby, du Arschloch”, zische ich, “hau einfach ab!”
“Jessica, bitte…”
Doch ich bleibe hart, und fünf Minuten später verschwindet er aus meiner Wohnung. Ich knalle die Tür zu, stehe noch einen Moment lang im Flur, und erst dann bricht es aus mir heraus. Ich setze mich einfach auf den Boden und heule wie ein Schlosshund…
“Tina???”, fragt Annika, und sie klingt genauso fassungslos, wie ich vor einer Stunde war, “ist der Typ völlig bescheuert?”
Meine Stimme ist nur noch ein dünnes, zittriges Piepsen, ich habe einfach zuviel geweint.
“Ich komme vorbei!”, sagt meine beste Freundin, legt auf, und mit dem Handy in der Hand rolle ich mich einfach wieder auf dem Sofa zusammen und warte…
“Fast zwei Jahre… Kannst du dir das vorstellen? Fast zwei Jahre bin ich mit dieser Versager zusammen, höre mir die immer gleichen Versprechungen an: ‘Ich werde bald mit der Band das Album aufnehmen’, ‘wenn ich das Geld für die Aufnahmen bekomme, dann zahle ich natürlich auch Miete Baby’, ‘ich schließe mich dann das ganze Wochenende im Proberaum ein, Baby’...” Ich äffe Daniels Stimme nach, schneide dabei eine Grimasse, und Annika schüttelt den Kopf.
“Oh man, der Typ merkt auch gar nichts mehr! Da bist du ein Wochenende nicht da, und schon fickt der diese ätzende Olle?” Sie nimmt einen großen Schluck von ihrem Sekt, stellt das Glas dann ab und legt ihren Arm wieder um meine Schulter. “Man Süße, es tut mir so Leid, ehrlich. Dieses Arschloch weiß gar nicht, was es da verliert.”
Ich schniefe.
“Ich bin aber auch selbst schuld. Ich bin jetzt 29. Ich bin eindeutig zu alt, um auf das Gelaber von so einem Typen reinzufallen. Ich meine, ich bitte dich, wie peinlich ist das denn? Der erzählt vom großen Durchbruch mit seiner Band und bekommt jeden Monat Geld von seinen Eltern überwiesen, obwohl er schon 32 ist. Geht es noch erbärmlicher?”
Auch ich nehme einen Schluck Sekt, schlinge dann meine Arme wieder um das große lila Kissen, dass ich auf dem Schoss liegen habe.
“Vergiss den Typen einfach. Wir suchen dir einen neuen Mann, einen, der wirklich zu dir passt!”
Ich schnaube, verächtlicher als ich es geplant habe.
“Ja, genau. Wie denn? Auf Dreamdate? In einer Kneipe? Das klappt doch nicht”, jammere ich, “und einen Millionär wie deinen Christian findet man doch auch nicht an jeder Ecke. Ich will nicht vor einem Computer sitzen und mich durch die Profile von irgendwelchen Idioten klicken und darauf hoffen, dass da ein halbwegs guter Mann bei ist.”
“Das musst du doch auch nicht! Wir können ja auch zusammen um die Häuser ziehen, du findest schon einen heißen Kerl. Weißt du nicht mehr, wie wir das früher gemacht haben, bevor ich Nico bekommen habe?”, fragt Annika mich, und ich schniefe, muss lachen.
Ja, bevor meine beste Freundin vor einigen Jahren Mutter geworden ist, haben wir beiden regelmäßig die Stadt unsicher gemacht. Haben den Jungs die Köpfe verdreht.
“Ach komm schon, sind wir aus dem Alter nicht langsam raus?”, frage ich, doch Annika lacht nur.
“Quatsch, Süße.” Sie deutet auf unser Spiegelbild in meinem großen IKEA-Wandspiegel. “Guck dich doch mal an, du bist eine richtig heiße Schnitte, und wenn du mal aufhörst zu heulen und dich wieder zurecht machst, dann kannst du doch alle haben!”
Jetzt muss ich auch lachen…
Ich habe mich wirklich in Schale geworfen, die Haare gelockt, mein L’Oreal-Makeup, ein enges Top von ONLY, dass meine Kurven betont, die dank eines Hunkemöller-BHs richtig in Form gebracht sind. Dazu trage ich eine knappe Miss Sixty-Jeans, meine JETTE JOOP Kette um den Hals und hohe Schuhe von Tamaris. Mit ein paar Gläsern Rotkäppchen-Sekt habe ich mich in Stimmung gebracht, und Annika und ich entern das Taxi.
“Einmal dahin, wo die heißen Typen sind”, johlt meine beste Freundin, und der Fahrer lacht.
“Zum Boulevard also, alles klar!” Er gibt Gas und zehn Minuten später setzt er uns auf der Feiermeile der Stadt ab, auf der bereits hunderte Leute unterwegs sind und in den verschiedenen Clubs und Bars das Wochenende starten.
Annika greift meine Hand, und wir steigen aus dem Taxi aus, es fällt mir schwer, auf dem Kopfsteinpflaster zu laufen, und sie zerrt mich hinter sich her in Richtung des "Sultan", eines Clubs, in dem wir früher oft feiern waren.
Die zwei riesigen Türsteher, die den Eingang bewachen, sehen uns an, und einer hält seinen Arm in den Weg.
"Ausweise?", brummt er, und wir müssen lächeln. Es ist ein schönes Kompliment, immerhin sind wir beide näher an der bösen 30, als an der guten 20. Also sind wir ziemlich happy, als wir unsere Ausweise vorzeigen, und mit einem Nicken lassen uns die Muskelprotze rein.
"Ihr seid die Besten", sagt Annika, zwinkert dem einen von ihnen, ein Vin Diesel-Klon im schwarzen Anzug, zu, und wir streichen an ihnen vorbei ins Innere des "Sultan".
Es läuft ein lauter Schlager-Mix, wie er auch am Ballermann laufen könnte, und Annika reißt die Arme in die Luft, wirft ihr braunes Haar zurück, kreischt begeistert, und sofort drehen sich alle Männer im Umkreis von fünf Metern zu ihr um. Ich senke den Blick. Hänge mich an sie heran, werfe ebenfalls die Arme in die Luft. Folge ihr in Richtung der Bar, wo sie sich zwischen eine Gruppe attraktiver Studenten in Polohemden und Cargoshorts drängelt.
"Entschuldigung Jungs, dürfte ich mal?", kichert sie, dann winkt sie dem Barkeeper zu.
"Zwei Hugo, bitte", sagt sie, drückt ihm einen Zehneuroschein in die Hand. "Stimmt so", lächelt sie ihn an, sichert uns so eine Premiumbehandlung für den Rest des Abends.
Wir stoßen an.
"Auf alte Freundinnen und neue Männer!", sagt Annika, sieht mir in die Augen, leert ihr Glas dann zur Hälfte und sieht sich um.
"Und, schon was für dich dabei?", fragt sie, und ich sehe mich um. Die Männer hier sind größtenteils jünger als ich, und einige sehen wirklich nicht schlecht aus. Aber irgendwie ist keiner dabei, von dem ich denke "Wow, der ist es!" Also mache ich eine abwägende Geste mit meiner Hand. "Ich weiß noch nicht."
"Dann werden wir gleich etwas aufreißen!"
"Du etwa auch?", frage ich, beuge mich herüber zu ihr. "Hast du nicht noch Christian?"
Sie schmunzelt. "Doch, natürlich habe ich Christian. Ich mache ja auch gar nichts Böses."
Sie steht auf, nimmt ihr Glas, und tanzt auf eine Gruppe von Männern zu, die Anzüge tragen und Whiskeygläser in der Hand halten. Kaum angekommen, hat sie schon die Aufmerksamkeit der Kerle sicher, wickelt sie gekonnt um den Finger, und ich stehe verschämt an unserem Tisch, beobachte sie. Mit einem Finger deutet sie in meine Richtung, und im nächsten Moment löst sich einer der Männer aus der Gruppe, kommt auf mich zu, knipst sein Lächeln an. Er ist groß, bestimmt 1,90 Meter, trägt einen dunkelblauen Anzug und ein schwarzes Hemd ohne Krawatte, und sein Gesicht ist glatt rasiert.
"Hallo, du bist also Jessica?", fragt er, stützt sich mit dem Ellbogen auf den Tisch, sieht mich an. "Freut mich, ich bin Achim!"
Ich sehe ihn an. Aus ein paar Metern Entfernung sah Achim - wer heißt denn heute noch Achim? - gar nicht mal schlecht aus, aber jetzt sehe ich, dass er ziemlich betrunken ist, Schweiß auf der Stirn, rote Augen, und er lallt.
"Freut mich", sage ich, und es ist eine Lüge, aber ich zwinge mich, zu lächeln. Werfe dafür Annika einen bösen Blick zu, die immer noch bei den anderen Typen steht, übertrieben mit den Schultern zuckt als wollte sie sagen "Ups, da kann ich nichts für". Ich leere mein Glas, höre mir an, was für ein toller Hecht Achim doch ist, und lasse mir noch einen zweiten, dritten und vierten Hugo von ihm ausgeben.
Irgendwann grinst er mich an, fragt: "Und, wo landen wir zwei Hübschen jetzt noch?", und ich starre ihn an, verstehe erst nicht, was er von mir will, dann fange ich an zu lachen, drehe mich um und gehe weg ...
Vor dem "Sultan" versuche ich, Annika anzurufen, doch sie geht nicht an ihr Handy. Stattdessen antwortet immer nur ihre Mailboxansprache: "Hallo, hier ist Anni! Wenn ihr eine Nachricht für mich habt, dann legt nach dem Pieps los!"
"Hey Annika, ich stehe hier vor dem ’Sultan', und diese Niete, die du mir angeschleppt hast, habe ich abgeschossen! Melde dich mal, sonst fahre ich gleich alleine nach Hause!" Dann lege ich auf. Warte ab. Doch es kommt nichts. Stattdessen sitze ich alleine auf der Bank und beobachte das bunte Treiben auf der Feiermeile. Jungesellenabschiede ziehen grölend vorbei, Studenten und Studentinnen in kleinen Gruppen gehen in die Clubs oder torkeln heraus, jubeln, tanzen, trinken. Dazwischen sieht man die Türsteher, die dafür sorgen, dass alles halbwegs gesittet abläuft.
"Ey du, hast du eine Kippe?", fragt mich ein Typ, schwarzes T-Shirt, enge Jeans, mit Gel nach hinten gestylte Haare. Er hält sich an der Lehne der Bank fest, sieht auf mich herunter, hält sich Zeige- und Mittelfinger vor den Mund, als würde er an einer Zigarette saugen.
"Nein, ich rauche nicht", sage ich, ohne ihn anzusehen, und er murmelt so etwas wie "blöde Zicke", bevor er wieder in der Menge verschwindet.
"Zur Adenauerstraße", sage ich dem Taxifahrer, der mich fragend ansieht, während ich mich auf die Rückbank fallen lasse.
"Klar", nickt er, gibt Gas und wir fahren los.
Ich krame mein Handy aus meiner Longchamps-Tasche, schreibe Annika eine SMS: "Da du dich nicht gemeldet hast, fahre ich jetzt nach Hause. Melde dich morgen - Kuss."
Dann sehe ich, dass ich noch ungelesene Mails habe - zwölf Stück, alle von Daniel. Da ich während der Fahrt sowieso nichts Besseres zu tun habe, lese ich ein paar davon.
"Bitte, Baby, gib mir noch eine Chance! Du liebst mich doch, und das weißt du so gut wie ich!" Ich schnaufe, lösche die Mail. Die nächste beginnt mit "Sei doch nicht so unfair zu mir!", und ich lösche auch die, ohne weiterzulesen. Vielleicht sollte Tina sich mal besser um ihn kümmern, dann müsste er mich nicht so vollheulen, denke ich.
Die dritte Mail klingt versöhnlicher: "Ich weiß, dass ich Mist gebaut habe, Baby. Kannst du mir noch einmal verzeihen?" Doch dann fährt Daniel fort mit "Wir haben halt beide Fehler gemacht", und ich denke: Stimmt, ich habe ja auch mit Tina geschlafen! Obwohl, nein, das warst ja nur du! Die anderen Mails lösche ich, ohne sie zu lesen. Das Kapitel ist zu Ende, da muss ich nicht mehr weiter lesen ...
In meinen Schubladen und Schränken sind überall Zeugen meiner Zeit mit Daniel - die ja auch erst 72 Stunden vorbei ist, und immerhin zwei Jahre gedauert hat. In meinem Badezimmerschränkchen sind Gilette-Rasierer und seine Zahnbürste, in meinem Wäschekorb liegen seine Unterhosen, im Küchenschrank stehen Tassen mit dummen Sprüchen aus Stromberg oder den Simpsons.
Ich packe all diesen Müll in einen großen Karton und schreibe mit einem dicken Filzstift ARSCHLOCH darauf. Packe den Karton dann in den Keller, in die letzte Ecke, und schiebe eine alte Kommode davor, die ich mal von meiner Oma geschenkt bekommen habe, die aber aussieht, als wäre die schon zu Zeiten von Kaiserin Sissy aus der Mode gewesen.
Schwerer wird es bei den Fotos: Die tun wirklich weh, und ich bringe es nicht übers Herz, sie wegzuwerfen. Packe sie stattdessen in einen Schuhkarton, den ich auf meinen Kleiderschrank stelle, in der Hoffnung, sie irgendwann zu vergessen.
Erst jetzt fühle ich mich richtig frei, rufe meine Friseurin an und mache einen Termin für den Nachmittag ...
"Und, was gibt’s Neues bei dir?", fragt mich Katja, meine Friseurin, und wirft mir den Umhang um. Vor mir blubbert der Sekt im Glas, und sie lächelt mich im Spiegel an.
"Ich bin nicht mehr mit Daniel zusammen!", sage ich, atme tief durch, knipse ein erzwungenes Lächeln an. Sie greift meine Schultern, beugt sich runter zu mir.
"Oh mein Gott, endlich! Das freut mich so für dich, Schätzchen!" Ich frage mich, warum sie das so freut. "Weißt du, ich habe die diese Kundin, ich wollte dir das ja noch erzählen, aber ich habe den immer mal wieder gesehen, mit dieser Blondine, und ich dachte noch immer: ’Ist das nicht der Freund von Jessica?', aber der hat dann mit der geknutscht und so, aber du weißt ja wie das ist, man weiß auch nie so genau ... Aber was weinst du denn, Schätzchen? Ach komm her, trink erst einmal einen Schluck Sekt!"
Eine halbe Stunde später verlasse ich den Salon, mit einer neuen Haarfarbe, einer neuen Frisur, getrockneten Tränen und der Erkenntnis, dass es kein Verlust ist, Daniel nicht mehr zu haben!
In meinem Kühlschrank sieht man immer noch, dass ich mal mit einem Mann zusammengelebt habe, oder zumindest mit der erbärmlichen Ausrede für einen Mann: das Einzige, was ich habe, ist etwas Fleisch, eine halbe Flasche Ketchup, drei Bier und ein Yoghurt. Ich werfe einfach alles, was ich im Kühlschrank habe, in einen Müllsack, dann gehe ich einkaufen. So langsam bin ich zufrieden mit dem Neustart meines Lebens.
Smoothies, Bananen, Vanilleeis und eine Schale Erdbeeren landen in meinem Einkaufswagen, dazu zwei Flaschen Sekt, eine Tafel Schokolade und eine große Packung Müsli mit Haselnüssen und Rosinen. Ich kaufe alles, was in meiner Vorstellung nicht in einem Männerhaushalt zu finden sein würde, und werfe an der Kasse noch ein Paket lila Duftkerzen in den Wagen. 45,29 Euro, nicht schlecht! Ich bezahle, packe alles in meinen kleinen Clio, stelle den Einkaufswagen wieder weg und fahre nach Hause.
"... Christian, Nico und ich waren vor ein paar Wochen da, und es war einfach nur traumhaft schön", sagt Annika, lutscht das letzte Bisschen Vanilleeis von ihrem Löffelund sieht mich an. "Vielleicht wäre das ja auch was für dich! Christian hat dort ein kleines Haus gekauft, nur fünf Minuten vom Strand, und in dieser Jahreszeit ist das Meer wunderschön!"
Ich sitze mit meiner besten Freundin auf meinem Sofa, und sie erzählt mir von ihrem letzten Urlaub mit ihrem Freund, dem Millionär Christian Recker. Ich überlege selbst, für ein paar Tage wegzufahren, will einfach nur etwas Abstand gewinnen, will nachdenken und dann mit neuer Kraft wieder nach Hause zurückkehren.
"Du kannst da wohnen, solange du willst, wir werden in den nächsten zwei Monaten nicht da sein. Also wenn du möchtest ..."
Ich zögere. Will ich das Angebot annehmen? Dieser Ort in der Bretagne hört sich zu schön an, um wahr zu sein, genau das, was ich im Moment brauche.
"Bist du sicher?", frage ich, sehe Annika an.
"Ja, natürlich!"
"Und Christian hat da auch nichts gegen?"
"Warum sollte er da was gegen haben? Wir sind demnächst zwei Wochen in Südafrika und auf dem Rückweg in Dubai, da brauchen wir das Haus nicht."
Ich muss grinsen.
"Christian hat dich ja richtig zur Globetrotterin werden lassen, was?"
"Ja, scheint so", lacht Annika. Und tatsächlich ist sie braungebrannt und hat so eine glückliche Ausstrahlung, um die ich sie beneide.
"Na gut, wenn es wirklich okay ist ...", sage ich, und meine beste Freundin jubelt.
"Klar. Ich bringe dir morgen den Schlüssel und die Adresse." Sie steht auf. "Ich muss noch etwas für die Arbeit erledigen, der alte Weber gibt mir nur noch die ganz wichtigen Aufgaben, seit er weiß, dass mein Freund unser wichtigster Kunde ist." Sie steht auf, umarmt mich, haucht mir einen Kuss auf die Wange. Ich werde also demnächst in die Bretagne fahren. Nach Sables D’Or ...
"Und, hast du schon deine Tasche gepackt?", fragt meine Mutter am Telefon, und ich klemme mir den Hörer zwischen Ohr und Schulter, drücke mit meinen Händen auf den Deckel des Koffers, lehne mich nun auch mit einem Knie darauf und keuche.
"Ich ... Bin ... Gerade ... Dabei", stöhne ich, und endlich schnappt der Verschluss zu! Da ich nicht weiß, wie lange ich unterwegs sein werde, habe ich einfach mal den ganz großen Koffer genommen. Zum Glück arbeite ich als freie Redakteurin für ein paar Online-Magazine und kann deshalb auch im Ausland ganz einfach über das Internet arbeiten, deshalb ist es nicht schlimm, wenn ich unterwegs bin. Die Redaktionskonferenzen sind sowieso Zeitverschwendung, und ich weiß nicht, wann es sich das letzte Mal gelohnt hat, dort gewesen zu sein, also habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich die eine oder andere Konferenz verpasse.
"Das ist doch schön", sagt meine Mutter, "und deine Freundin hat dir das Haus einfach zur Verfügung gestellt?"
"Ja, Mama, der Mann meiner besten Freundin hat das Haus gekauft, und ich bin ein paar Tage dort."
"Dann pass aber gut auf dich auf!", mahnt sie mich, und ich verdrehe die Augen. Wahrscheinlich wird meine Mutter niemals aufhören, mich wie eine Vierzehnjährige zu behandeln, die immer zu spät nach Hause kommt und sich mit bösen Jungs rumtreibt. Ich kann es ihr gar nicht verdenken, aber es nervt mich doch manchmal.
"Ach Mama, keine Sorge, da sind Fischerdörfer und Häfen und eine Burg und der Strand, und ich brauche einfach ein bisschen Abstand ..."
"Ja, vielleicht ist es das Beste", sagt meine Mutter, "aber ich finde es trotzdem schade mit dir und Daniel."
Wieder verdrehe ich die Augen, diesmal so heftig, dass ich Angst habe, dass mir schwindelig wird. "Mama, fang damit bitte nicht an! Es ist besser so, vertrau mir!"
"Aber er war doch immer so ein lieber Junge, und ich finde es einfach traurig, ihr wart doch so ein schönes Pärchen ..."
"Nein, er war kein lieber Junge, er hat hinter meinem Rücken diese miese Schlampe Tina gefickt!", rufe ich, drücke auf den roten Knopf auf meinem Telefon und feuere es mit aller Gewalt in Richtung meines Bettes, wo es auf der Decke landet und in einem Berg von Zierkissen verschwindet. Oh man, denke ich, dafür wird Mutter mir noch gehörig auf die Nerven gehen ...
Mein Navigationssystem sagt mir, dass ich für die 1040 Kilometer bis nach Sables D’Or les Pins beinahe zehn Stunden brauche, also packe ich meinen iPod voll mit Musik: Alanis Morisette, Pink, Gwen Stefanie, die Pussycat Dolls, Jennifer Rostock, Deichkind und Jan Delay. Außerdem packe ich eine große Kühlbox mit einem Salat, zwei Flaschen Mineralwasser, zwei Yoghurts und einer Tafel Schokolade. So werde ich die Strecke hoffentlich gut überstehen.
"Hier hast du den Schlüssel, und hier hast du die Visitenkarte eines Hausmeisters, der sich um den Garten und alles andere kümmert. Wenn irgendwas ist, dann ruf den an, und sag ihm, dass du eine Freundin von Monsieur Recker bist." Christian gibt mir einen Schlüsselbund mit drei Schlüsseln und ein weißes Kärtchen.
Ich stecke es ein, verschränke meine Hände ineinander. "Ach ihr zwei, ich bin euch so dankbar", sage ich, doch der Millionär winkt ab.
"Schon okay, Hauptsache, es geht dir wieder gut", antwortet er, und Annika nickt.
"Hey Süße, wir wollen doch nur, dass du den Kopf frei bekommst!" Christian legt seinen starken Arm um ihre schmalen Schultern, zieht sie an sich, und ein Gefühl zuckt durch meinen ganzen Körper, eine Mischung aus Neid und Freude für das Glück meiner besten Freundin.
"Fahr vorsichtig!", sagt Annika, nimmt mich fest in den Arm und drückt mir einen Kuss auf die Wange. "Und melde dich, sobald du angekommen bist, ja?"
"Natürlich", sage ich. "Komm her", fordere ich Christian auf, umarme ihn kurz, rieche sein Parfüm. "Das ist so lieb von euch beiden!"
Dann steige ich in den vollgepackten Clio, und winke aus dem Fenster. Annika und Christian winken zurück, bis ich um die Ecke biege und sie nicht mehr im Rückspiegel sehe.
Die erste Strecke über die A2 ist easy, ich fahre auf der Mittelspur an den LKWs vorbei, lasse mich von Audis und BMWs überholen, und aus den Boxen meines Clio dröhnt laut das neue Album von Gwen Stefanie, und ich singe mit, falsch und schief.
Das Fenster ist runtergekurbelt, und ich genieße den Fahrtwind, der meine rotbraun gefärbten Haare zerzaust. Hinter Dortmund wechsele ich auf die A1, wo die Fahrt langsamer vorangeht, weil die Autobahn zweispurig ist und die Laster sich gegenseitig überholen und damit alle anderen aufhalten.
Das Wetter ist schön, und obwohl Freitag ist, ist nicht soviel los, wie ich befürchtet hatte. Also halte ich zwischendurch auf einem kleinen Rastplatz an, schnalle mich ab, kippe den Sitz nach hinten, strecke meine nackten Füße aus dem Fenster, setze meine Sonnenbrille auf und genieße die Sonne, knabbere dabei an einem Stückchen Schokolade und trinke ein wenig Evion. Das Leben kann eben auch schön sein ...
In Belgien fahre ich von der E 42 ab, weil ich eine Werbetafel sehe, auf der belgische Waffeln angepriesen werden. Und tatsächlich gibt es dort, in einem Ort namens Tournai, ein Gebäude mit einer Waffel auf dem Dach. Ich lenke den Clio auf den Parkplatz, gehe hinein, setze mich an einen Tisch. Der Laden hat etwas von einem Familienrestaurant, wirkt viel gemütlicher als die sterilen Hamburger-Schuppen, die man sonst an Autobahnen findet.
"Bonjour, Bonjour Madame", begrüßt mich ein massiger Mann mit einem gewaltigen Schnurrbart, und gibt mir eine Speisekarte. Ich bestelle drei Waffeln mit Preiselbeersoße und eine Cola dazu. Himmlisch, ich lasse mir die Teigfladen auf der Zunge zergehen, und die süße Soße schmeckt vielleicht besser als alles, was ich je zuvor gegessen habe!
Ich schlage mir den Bauch voll, lasse mir noch zwei Waffeln einpacken für heute Abend, und dann fahre ich weiter, lenke meinen kleinen Franzosenflitzer wieder auf die E 42 und gebe Gas.