1920er Jahre. 100 Seiten
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Jens Wietschorke. 1920er Jahre. 100 Seiten
Inhalt
Krise und Experiment
Instabilität und Gewalt
Schieber, Cliquen und Propheten
Geschlechterordnungen und die »neue Frau«
Rationalisierung und Vernetzung
Mehr als nur Bauhaus
Massenkultur und Unterhaltung
Pathos, Nonsens und Sachlichkeit
Rasante Informationen
Die Metropole
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Отрывок из книги
Jens Wietschorke
1920er Jahre. 100 Seiten
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Und man kann sie nur beantworten, wenn man den Blick auf soziale Differenzen richtet. Denn für bayerische Adelsfamilien bedeuteten die gesellschaftlichen Transformationen der 1920er etwas anderes als für alleinstehende Angestellte in Leipzig, für Kleinbauern im Saarland etwas anderes als für Künstlerinnen in Berlin. Sicher, das liegt auf der Hand und gilt für alle Epochen. Es lohnt sich aber, genau hinzusehen: Wer profitierte vom rasanten Kulturgetriebe der Zeit, wer nicht? Wer hatte die Hauptlast der Inflation zu tragen, wer kam mit ihr besser zurecht? Wer nutzte die Chancen, die die neue Republik bot – und wer blieb zurück? Und schließlich auch: Wer war von den politischen und sozialen Entwicklungen der Weimarer Republik so frustriert, dass er dann im Januar 1933 sein Kreuz bei einer Partei machte, die seit zehn Jahren gegen die Republik mobil gemacht hatte: der NSDAP?
Heute stehen wir am Beginn der 2020er Jahre. Die gesellschaftliche Situation nach dem Ende des Ersten Weltkriegs können wir uns nur über historische Texte, Bilder, Filme und Tondokumente erschließen; von den ZeitzeugInnen lebt niemand mehr. Was uns allerdings eine gewisse Nähe zu der Epoche vor hundert Jahren vermittelt, ist das Gefühl, selbst in einer Krisenzeit zu leben. Wir haben zwar – glücklicherweise – keinen Weltkrieg hinter uns, aber die Banken- und Finanzkrise von 2007/08 ist nicht ohne Grund mit der Weltwirtschaftskrise von 1929 verglichen worden. Die Diagnose verstärkter sozialer Spannungen und Verwerfungen verbindet unsere Gegenwart mit den 1920er Jahren. Und auch die Etablierung rechtspopulistischer Parteien auf dem politischen Parkett weckt Erinnerungen an die Zwischenkriegszeit, die ebenfalls eine Zeit nationalistischer Bewegungen und politischer Extremismen war. Unsere heutige Faszination für die 1920er Jahre speist sich wohl aus beiden Motiven: Einerseits aus dem Interesse an Krisenzeiten und den Möglichkeiten ihrer Bewältigung. Und andererseits aus der Lust am Experiment, der Suche nach Neuem, den literarischen, musikalischen und künstlerischen Entwicklungen der Zeit und den Lebensstilen der damaligen Intellektuellen- und Angestelltenmilieus, irgendwo zwischen »Davon geht die Welt nicht unter« und »Heute Nacht oder nie«.
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