Der Unternehmer-Mythos

Der Unternehmer-Mythos
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Erindergeist, Risikobereitschaft, Verantwortungsbewusstsein, Führungsqualität und weitere sind die gemeinhin bekannten und immer wieder stapazierten Eigenschaften, wenn es um die Deutung des Wesens und der Bedeutung privatwirtschaftlicher Unternehmer geht. Aus eben diesen Faktoren werden in aller Regel seitens der Apologeten der Privatwirtschaft auch die zuweilen gegenüber dem Durchschnittsvediener gigantischen Unternehmereinkünfte abgeleitet, stets begeleitet dabei von den Forderungen nach einer durch den Staat in keiner Weise intervenierten Wirtschaftstätigkeit. Die Streitschrift erklärt in einfacher Darstellung, wo die Quellen des Unternehmergewinns wirklich liegen, zeigt Bedeutung und Grenzen des sogenannten freien Unternehmertums auf, gibt einen Überblick über Formen und Wirken der gegenwärtigen kapitalistischen Unternehmen, nimmt Stellung zu den diversen Eigentumsformen sowie deren Einfluss auf wirtschaftliche Motivationen und setzt sich mit den Forderungen zur staatlichen Nichteinmischung in die privatkapitalistische Wirtschaftstätigkeit auseinander.

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Joachim Gerlach. Der Unternehmer-Mythos

Eine ökonomische Streit- und Denkschrift. von. Gert Holstein

I - Einstieg

II - Der klassische Unternehmer

III – Das moderne Unternehmertum

IV – Die Apologeten des kapitalistischen Unter- nehmertums

V – Ausstieg

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Vom Unternehmer-

Doch schauen wir uns die märchenhafte zuckerbergsche Reichtumsmehrung etwas genauer an: Das Durchschnittseinkommen eines Beschäftigten in den USA beträgt pro Jahr rund 50.000 US-Dollar, aus einer zehnjährigen Durchschnittsbeschäftigung erwachsen mithin eine halbe Million Dollar. Wer gleich mir die menschliche Arbeit als alleinigen Quell allen irdischen Reichtums anerkennt, sucht mit mir nach den Faktoren, welche das Arbeitseinkommen von in Relation ein paar wenigen gegenüber den allermeisten übrigen Arbeitseinkommen nicht nur verzehn-, oder verzig- sondern sogar verhundertfachen. Wie also entstehen aus der Arbeitstätigkeit des Mark Zuckerberg in zehn Arbeitsjahren mehr als 50 Milliarden US-Dollar?

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In Zeiten von Mangelwirtschaft, was ökonomisch nichts anderes heißt, als dass das Verhältnis von Warenangebot und Geldmenge zuungunsten des Warenangebotes in Schieflage geraden ist, bauen sich im allgemeinen schnell kriminelle Strukturen auf, welche aus der Situation ihren Nutzen ziehen. So geschehen auch im Bezirk Karl-Marx-Stadt Mitte der 1970er. Ein gigantischer Schiebering hatte sich gebildet, angeführt vom Trainer einer in der Mittelklasse spielenden Fußballmannschaft. Es wurde mit allem geschoben, was den Bedarf nicht abdeckte: Lizenzschallplatten, Damenstrümpfe, Badkeramik und –armaturen, Personenkraftwagen. Am lukrativsten liefen die Schiebegeschäfte mit Wohnraum. Einen Wohnungsmarkt im eigentlichen Sinne gab es nicht, sieht man von den Tauschbörsen ab. Die Vergabe von Wohnraum erfolgte neben den staatlichen Agenturen in großem Umfang über die volkseigenen Betriebe. Bedarfslisten bestimmten den Zuweisungstermin. Wer eher Bedarf anmeldete, stand auf der Liste weiter vorn. Die auf der Liste hinten Stehenden warten drei, vier oder gar sechs Jahre. Woraus geschlussfolgert werden kann: die vorderen Listenplätze waren begehrt. Für Geld kriegt man bekanntlich alles, so auch im Sozialismus, es ist ausschließlich eine Frage der Höhe des Betrages. Mit einem Betrag von 3.000 Mark konnte man sich „schwarz“ einen der begehrten vorderen Wohnungsvergabe-Listenplätze „erkaufen“, was die Zuweisung der Wunschwohnung innerhalb eines halben Jahres vorantrieb. Die im Schiebering Schiebenden verdienten sich so allesamt goldenen Nasen bis der Ring mit Karacho aufflog und die Rädelsführer vor Gericht standen. Der Urteilsverkündung wurde aus ideologischen und erzieherischen Gründen in der Bezirkspresse der SED großer Raum zugemessen: eine ganze Seite. Maßgeblich für mich waren damals und sind noch heute die Ausführungen des Hauptbeschuldigten. Ob seines Motivs befragt, äußerte er ohne den Anflug der geringsten Zurückhaltung, dass die Menschen insgesamt gleich dem Prinzip der Fußball-Liga in zwei Hauptgruppen einzuteilen seien, die Gruppe der Cleveren und die der weniger Cleveren. Funktion der erstgenannten Gruppe sei es, die zweitgenannte gehörig zu schröpfen, Tor für Tor, Punkt für Punkt, Mark für Mark. Eine ähnliche Lebensphilosophie entnahm ich vor wenigen Jahren einem Spiegel-Artikel, worin die Berufserlebnisse einer Uni-Absolventin in einer der großen deutschen Wirtschaftsberatungs-Agenturen abgehandelt wurden. Gleich am ersten Tag sei sie dort mit der Firmenphilosophie vertraut gemacht worden, die da im Kern lautete: Wir sind die Elite, die Auserwählten. Die persönlichen Befindlichkeiten derer, über die wir mit unseren Schlussfolgerungen ein wie auch immer unerträgliches Urteil zu fällen haben, sind irrelevant. Unsere Themen sind ausschließlich Effizienz und Gewinn unserer Auftraggeber. Elitäres Maschinendenken.

Derartige Denkweisen mögen im ersten Moment als eine Ausnahmeerscheinung empfunden werden. Kratzt man aber den Lack von all den eloquenten Umschreibungen des Unternehmertums hinsichtlich Motivation und Bestimmung ab, gelangt man unweigerlich punktgenau wieder genau dorthin. Selbstgefälligkeit, Machtanspruch, Profitgier. So entnahm ich erst vor Tagen einer in Managerkreisen vorgenommenen Analyse, dass die befragten hochkarätigen Wirtschaftsfunktionäre ohne Ausnahme dem Umstand, eine wichtige Position einzunehmen und mit Hilfe dieser nicht nur ein enormes Gehalt sondern darüber hinaus auch gigantische Boni zu beziehen, das Wichtigste Ziel in ihrem Leben sei. So wichtig, dass sie selbst um des Preis eines möglichen nachfolgenden jähen und tiefen Absturzes eben diese Position anstrebten. Koste es was es wolle. Wir haben kein Problem damit zu sehen, dass Menschen mit den oben genannten Eigenschaften selbstredend alles daran setzen werden, die einmal erreichte Position mit Klauen und Zähnen zu verteidigen und, wenn es nur irgendwie geht, auszubauen.

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