Kinder- und Jugendhilfe
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Joachim Merchel. Kinder- und Jugendhilfe
Vorwort des Herausgebers
Zu diesem Buch
Inhalt
1 Ein historischer Abriss über die Entwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zu einem eigenständigen System mit rechtlich-institutionell garantierter Zuständigkeit
1.1 Erste organisatorische Differenzierungen – Fürsorge im ausgehenden Mittelalter (bis ca. 1500)
1.2 Ausgrenzung und Sozialdisziplinierung – Armenpolitik und Kinderfürsorge am Beginn der Neuzeit (1500–1650)
1.3 Kommunale und private Kinderfürsorge unter dem Einfluss von Pietismus und Aufklärung (1650–1820)
1.4 Staatlicher Rückzug aus der Fürsorge und private Rettungshausbewegung (1820–1870)
1.5 Das System der Kinder- und Jugendhilfe formiert sich (1870–1915)
1.5.1 Das Wiedererstarken öffentlicher Fürsorge
1.5.2 Jugendbewegung und Jugendpflege
1.5.3 Das Jugendamt als generativer Kern der Kinder- und Jugendhilfe
1.6 Die Einführung des Reichsjugendwohlfahrtsgesetzes (1915–1925)
1.7 Kinder- und Jugendhilfe im Nationalsozialismus (1933–1945)
1.8 Fortsetzung und Neubeginn in BRD und DDR (1945–1990)
1.9 Das Kinder- und Jugendhilfegesetz (KJHG) – SGB VIII
§ 7 SGB VIII: Begriffsbestimmungen
Weiterführende Literatur/Literatur zur Vertiefung
2 Kinder- und Jugendhilfe heute – Selbstverständnis und konzeptionelle Leitorientierungen
2.1 Ziele und Aufgaben der Jugendhilfe – zwischen Infrastrukturleistung, Ansprüchen auf Hilfe und Schutzauftrag für Kinder und Jugendliche
§ 1 Abs. 3 SGB VIII
2.2 Konzeptionelle Entwicklungslinien der Kinder- und Jugendhilfe. 2.2.1 Zur Bedeutung konzeptioneller Orientierungen für professionelles Handeln in der Kinder- und Jugendhilfe
Fünf Gründe, warum eine handlungsfeldübergreifende Konzeption der Kinder- und Jugendhilfe wichtig ist
2.2.2 Umfassendere theoretische Orientierungen
Das Konzept einer Offensiven Jugendhilfe
2.2.2.2 Das Konzept lebensweltorientierter Jugendhilfe
Das Konzept des Capability Approach (Befähigungsansatz)
2.2.3 Konzeptionelle Leitbegriffe heute
Prävention
Selbstbefähigung/Empowerment/Ressourcenorientierung
Partizipation/Ermöglichung von Teilhabe
Integration und Inklusion
Sozialraumorientierung
Weiterführende Literatur
3 Trägerstrukturen in der Kinder- und Jugendhilfe
3.1 Öffentliche, freie gemeinnützige und gewerbliche Träger der Kinder- und Jugendhilfe
3.2 Zum Verhältnis öffentlicher und freier Träger in der Kinder- und Jugendhilfe
3.3 Gewährleistungsverantwortung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe
3.4 Finanzierungsmodalitäten
Weiterführende Literatur/Literatur zur Vertiefung
4 Professionelles Handeln in der Kinder- und Jugendhilfe
4.1 Professionelles Handeln
4.1.1 Kinder- und Jugendhilfe als Feld »komplexer Tätigkeit«
4.1.2 Diagnose, Inferenz und Behandlung als Kern professionellen Handelns in komplexen Situationen
4.1.3 Professionalität und die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe
4.2 Organisation als Kontext professionellen Handelns
4.2.1 Definition und Merkmale von Organisation
Organisation
Organisationsstrukturen
Formale Positionen in Organisationen
Exkurs
4.2.2 Organisationen der Kinder- und Jugendhilfe in ihrem Bezug zur Umwelt
Umwelt
4.3 Professionelles Handeln in interorganisationaler Kooperation
4.4 Infrastruktur als Bedingungskonstellation für professionelles Handeln
4.5 Professionelles Handeln und Kompetenz
4.5.1 Fallkompetenz als Voraussetzung professionellen Handelns
4.5.2 Systemkompetenz als Voraussetzung professionellen Handelns
4.5.3 Selbstkompetenz als Voraussetzung professionellen Handelns
Weiterführende Literatur/Literatur zur Vertiefung
5 Handlungsfelder der Kinder und Jugendhilfe
5.1 Kinder- und Jugendarbeit. 5.1.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
Rahmenbedingungen
Schwerpunkte der Kinder- und Jugendarbeit
Auftrag und Arbeitsprinzipien
Träger und Angebotsformen
Jugendverbände und Jugendverbandsarbeit
Offene Angebote in Einrichtungen (Jugendhäuser/Jugendzentren)
Mobile Kinder- und Jugendarbeit/Streetwork
5.1.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerung/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.1.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.1.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.2 Jugendberufshilfe/arbeitsweltbezogene Jugendsozialarbeit. 5.2.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.2.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerung/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.2.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.2.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.3 Schulsozialarbeit. 5.3.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.3.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.3.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.3.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.4 Kindertageseinrichtungen/Kindertagespflege. 5.4.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.4.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.4.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.4.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.5 Förderung der Erziehung in der Familie
5.5.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
Beratung
Hilfe und Unterstützung in Krisensituationen
Frühe Hilfen
5.5.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerung/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.5.3 Spannungsfelder
5.5.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.6 Allgemeiner Sozialer Dienst (ASD) 5.6.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.6.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.6.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.6.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.7 Hilfen zur Erziehung. 5.7.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
Ambulante, teilstationäre und stationäre Hilfen
Quantitative Hinweise auf die Entwicklung der Hilfen zur Erziehung
5.7.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Professionalität in der Sozialpädagogischen Familienhilfe
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handlung/»Behandlung«
Professionalität in der Heimerziehung
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handlung/»Behandlung«
5.7.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
Wie weit darf das Öffentliche in das Private hineinwirken?
5.7.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.8 Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung. 5.8.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
§ 8a Abs. 1 SGB VIII
Gewährleistung geeigneter Hilfen zur Gefahrenabwehr
Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen
Einschaltung des Familiengerichtes
5.8.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgern/»Inferenz«
Handeln/»Behandeln«
5.8.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.8.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.9 Mitwirkung in familiengerichtlichen Verfahren. 5.9.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.9.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgern/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.9.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.9.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.10 Vormundschaft/Pflegschaft. 5.10.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
5.10.2 Handlungsanforderungen an die Akteure
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgerungen/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.10.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.10.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
5.11 Mitwirkung in jugendgerichtlichen Strafverfahren – Jugendgerichtshilfe (JGH) 5.11.1 Funktion und sozialpädagogischer Auftrag
Quantitative Entwicklungen
Aufgaben der JuHiS/JGH
5.11.2 Handlungsanforderungen an die Fachkräfte
Analyse der Ausgangssituation/»Diagnose«
Schlussfolgern/»Inferenz«
Handeln/»Behandlung«
5.11.3 Spannungsfelder im Handlungsfeld
5.11.4 Entwicklungsperspektiven
Weiterführende Literatur
6 Perspektiven: Kinder- und Jugendhilfe – ein professioneller Institutions- und Handlungsbereich in kontinuierlicher Entwicklung
6.1 Aspekte zur Beobachtung und Weiterentwicklung von Professionalität. 6.1.1 Haltung: Ambivalenz-Toleranz und balancierender Umgang mit Widersprüchen
6.1.2 Herausbildung und Festigung eines auf Reflexivität ausgerichteten Verständnisses von Planung und Steuerung in der Kinder- und Jugendhilfe
6.1.3 Förderung von Kompetenzen zur Kooperation mit anderen Organisationen (Kooperationskompetenz)
6.1.4 Bereitschaft und Fähigkeit zur systematischen Bewertung von Qualität, einschließlich der Thematisierung von »Wirkung«
6.2 Thematische Herausforderungen für die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendhilfe
6.2.1 Umgang mit kultureller Vielfalt
6.2.2 Medien und Digitalisierung
6.2.3 Inklusion als struktureller Einbezug von jungen Menschen mit Behinderungen in die Kinder- und Jugendhilfe
6.3 Schlussbemerkungen
Abkürzungsverzeichnis
Literatur
Отрывок из книги
Die Autoren
Peter Hansbauer, Prof. Dr., ist seit 2004 Professor für Soziologie an der Fachhochschule Münster und koordiniert den Master-Studiengang Jugendhilfe. In Projekten und Veröffentlichungen befasst er sich insbesondre mit den Bereichen Jugendhilfe, Vormundschaft und Partizipation.
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Obwohl es zu diesem Zeitpunkt noch keine reichsweit verbindlichen rechtlichen Strukturen gab, lassen sich bereits vor der Einführung des RJWG inselartige Konsolidierungen und Institutionalisierungen interorganisatorischer Beziehungen zwischen freier und öffentlicher Kinder- und Jugendhilfe beobachten. In Teilbereichen der Jugendfürsorge war diese Entwicklung bereits zu Beginn des Jahrhunderts weitgehend zum Abschluss gekommen: »Die Ausbildung des Terrains der Zwangserziehung war (…) beim Inkrafttreten des RJWG völlig abgeschlossen. Tatsächlich sank (…) seitdem der Zöglingsbestand« (Peukert/Münchmeier 1990, 7). Auch in anderen Bereichen bildete und verfestigte sich in dieser Zeit – z. B. in Form von überregionalen Verbänden und lokalen Zusammenschlüssen – zunehmend eine »kommunikative Infrastruktur«, die es erst erlaubte, strategische Allianzen und organisationsübergreifende Interessenkoalitionen zu formieren. Trotz der zu beobachtenden Spezialisierung, der Entdeckung neuer sozialer Notstände und der dadurch bedingten Vervielfältigung der Aufgaben scheint sich also in dieser Zeit zunehmend eine kollektive Identität herauszubilden, die in engeren oder weiteren Zirkeln um das Problem »erziehungsbedürftige Kinder und Jugendliche« kreiste. Bereits hier deutet sich damit an, was dann einige Jahre später mit der Verabschiedung des RJWG zu einem vorläufigen Endpunkt kommen sollte – die strukturelle Fusionierung von Jugendfürsorge und Jugendpflege zu einem eigenständigen Handlungssystem mit rechtlich und institutionell garantiertem Zuständigkeitsanspruch.
Fragt man nach den unmittelbaren Folgen dieses Zusammenwachsens für einzelne Organisationen, so war damit ein entscheidender qualitativer Sprung verbunden: Zum einen verstärkte die allmähliche Herausbildung einer sinnhaften kollektiven Orientierung als Folge einer zunehmenden Strukturierung, Institutionalisierung und arbeitsteiligen Gestaltung zwischenorganisatorischer Beziehungen die Notwendigkeit zu einer rechtlichen Normierung und Verständigung über methodische Standards. Zum anderen musste sich dadurch auch der Umweltfokus einzelner Organisationen verschieben: Waren relevante Umwelten für Erziehungs- und Fürsorgeeinrichtungen zunächst vor allem ihre Mittelgeber (Spender und Spenderinnen, religiöse Gemeinschaften, kommunale Entscheidungsgremien usw.), so wurde diese Umwelt nun zunehmend komplexer und vielgestaltiger. So lange einzelne Einrichtungen noch relativ isoliert nebeneinander bestanden, konnte jeder, der sich dazu berufen fühlte und die entsprechenden Geldmittel organisieren konnte, seine eigene Anstalt eröffnen und darin arbeiten, wie er wollte. Der Entscheidungsfreiheit waren also kaum Grenzen gesetzt. Durch die zunehmende Integration weiterer Organisationen in diesen Verflechtungszusammenhang, die wachsende Verrechtlichung und die Zentralisierung von Ressourcen, stieg nun der Koordinierungsbedarf an und, andere Organisationen wurden stetig bedeutsamere Einflussgrößen bei organisationalen Entscheidungen. Ein Waisenhaus als Manufakturbetrieb zu führen, wäre zu diesem Zeitpunkt vermutlich schon nicht mehr möglich gewesen, ohne die Existenz der Einrichtung mittelfristig aufs Spiel zu setzen. Für einzelne Einrichtungen wurde es also zunehmend notwendig, andere Organisationen zu beobachten, sich an deren normative und kognitive Erwartungen anzupassen und die innerhalb des Systems gültigen Regeln (Formen, Methoden und Inhalte von Erziehung, Finanzierungsmodalitäten, baurechtliche Bestimmungen usw.) zu beachten.
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