Описание книги
Ebook nach der 2. erweiterten Print-Auflage.
Реклама. ООО «ЛитРес», ИНН: 7719571260.
Eine Bundesstraße bei Heidelberg überquert die Autobahn. Eine Betonbrücke, rund zehn Meter breit, zwei Fahrstreifen, eine Spur für Radfahrer und eine für Fußgänger. Zu beiden Seiten ein Stahlgeländer, einen Meter hoch, am oberen Rand ein zehn Zentimeter breiter Handlauf. Und darauf steht ein Junge. Die Füße hintereinander gesetzt, mit Armen und Oberkörper balancierend. Rechts geht es einen Meter tief auf die Brücke. Links 15 Meter tief auf die Autobahn.
Es ist vier Uhr morgens. Auf der Bundesstraße fahren noch keine Autos, aber unten auf der Autobahn rauscht schon vierspurig der Urlaubsverkehr. Doch das scheint der Junge nicht zu registrieren. Er ist ganz darauf konzentriert, das Gleichgewicht zu halten, um nicht vom Geländer zu stürzen, weder nach rechts auf die Brücke noch nach links auf die Autobahn. Denn das würde den Tod bedeuten.
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Und eines Tages den Mann, der einen entscheidenden Einfluss auf mein Leben haben wird: Rudolf Niehaus. Niehaus ist Inhaber einer in der Schweiz ansässigen, weltweit arbeitenden Spedition. Er ist ein hochgewachsener Mann mit einem hageren Gesicht und hellen, wachen Augen. Im Auftrag der GTZ – der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit mit Sitz in Eschborn bei Frankfurt, der offiziellen Entwicklungshilfegesellschaft der Bundesrepublik Deutschland – soll er Dutzende von Lastern in den Norden von Mali bringen. Dort, in Bourem, am nördlichsten Nigerbogen, hat die Entwicklungshilfe eine Phosphatmühle gebaut.
Ich bin mal wieder im Restaurant des Tropicana mit meinem kunstvoll geschichteten Fressteller unterwegs zu einem Tisch, als mich Rudolf Niehaus belustigt anschaut und dann anspricht: »Wenn du das jetzt hier auf der Stelle aufisst, dann halte ich dich die ganze Woche frei.« Ich überlege kurz: Steaks, Gemüse, Geschnetzeltes und Reis sind kein Problem. Aber das ganze Huhn, das war eigentlich für morgen Mittag gedacht. Doch eine Woche frei wohnen, in einem richtigen Zimmer? Also zögere ich nicht lange, setze mich zu Niehaus und seinen Freunden an den Tisch – und esse unter den staunenden und zweifelnden Blicken der Runde den Teller leer. Großer Applaus. Und Niehaus hält sein Versprechen: Für eine Woche ziehe ich mit Sack und Pack ins Tropicana ein. Wieder denke ich: was für ein Luxus. Und was ich wieder mal für ein Glück habe.
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