Goethes Briefe an Leipziger Freunde
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Johann Wolfgang von Goethe. Goethes Briefe an Leipziger Freunde
Herrn. Salomon Hirzel
Goethes Jugend in Leipzig
Goethes Briefe. an. Joh. Jac. Riese
I.35
II
III
Goethes Briefe. an. Chr. G. Schönkopf und seine Tochter Käthchen
I.41
Ia
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
Goethes Briefe. an. Adam Fr. Oeser und seine Tochter Friederike
An Adam Friedrich Oeser
I
II
III
IV.116
V
VI
VII.120
VIII
IX
X
An Friederike Oeser
I.129
II
III
IV
V
Goethes Leipziger Lieder
1. Neujahrslied
2. Der wahre Genuß
3. Die Nacht
4. Das Schreyen
5. Der Schmetterling
6. Das Glück
7. Wunsch eines jungen Mädgens
8. Hochzeitlied
9. Kinderverstand
10. Die Freuden
11. Amors Grab
12. Liebe und Tugend
13. Unbeständigkeit
14. An die Unschuld
15. Der Misanthrop
16. Die Reliquie
17. Die Liebe wider Willen
18. Das Glück der Liebe
19. An den Mond
20. Zueignung
An Venus
Goethes Briefe. an. Chr. G. und J. G. E. Breitkopf
I.152
II.154
III
IV
V
Goethes Briefe. an. Phil. Erasmus Reich
I.157
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
XVIII
XIX
XX
XXI
XXII
XXIII
Aus Briefen. von. Cornelie Goethe
Goethes Briefe. an. Friedrich Rochlitz
I.217
II
III
IV
V
VI
VII
VIII
IX
X
XI
XII
XIII
XIV
XV
XVI
XVII
XVIII
*XIX
XX
XXI
XXII
XXIII
XXIV
*XXV.252
*XXVI
XXVII
XXVIII
XXIX
XXX
*XXXI
XXXII
XXXIII
XXXIV
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XXXVII
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Отрывок из книги
Beim Anschauen des Olympischen Zeus vergaß der Grieche in stiller Bewunderung Leid und Kummer, gebannt unter den Zauber göttlicher Majestät fand er Frieden und Kraft, und ging mit dem stolzen Gefühl, ein Grieche zu sein, von dannen. Der heutige Tag giebt dem Deutschen ein ähnliches Gefühl. Heute ist es ihm vergönnt, selbst die schwerste Sorge, die Sorge um das Vaterland, den tiefsten Kummer um vereitelte Hoffnungen und Bestrebungen im Andenken an den großen Mann zurückzudrängen, der dem ganzen Vaterlande angehört, um auszusprechen, worin wir alle einig und frei sind, unsere Bewunderung und Verehrung gegen Goethe. Dankbarkeit und Anhänglichkeit auszusprechen, bedarf es keiner besonderen Berechtigung, Goethes Andenken zu feiern ist jeder berufen, der an deutscher Bildung Theil hat; für uns aber ist es eine mahnende Pflicht, das Bild des Dichters, der uns persönlich nahe angehört hat, mit einem Kranze der Erinnerung zu schmücken.
In Leipzig hat Goethe sein Studien begonnen, drei Jahre hindurch hat er unserer Universität angehört, ist hier durch den Verkehr mit Künstlern und Kunstfreunden angeregt und gebildet worden, Freundschaft und Liebe haben ihn hier mannigfach gefesselt, hier hat er die unruhvoll bewegte Zeit der ersten Selbständigkeit durchlebt – wahrlich kein unbedeutender Theil seines Lebens gehört uns an. Wir dürfen ihn selbst zum Zeugen seiner Anhänglichkeit an Leipzig nehmen, dessen Erinnerung ihm stets theuer und bedeutend war. „Wer kein Leipzig gesehen hat,“ schrieb er seinem Freunde Breitkopf nach der Heimkehr in Frankfurt, „der könnte hier recht wohl sein,“ in einer Stadt, „die zu sehr Antithese von Leipzig ist, um viel Annehmlichkeit für ihn zu haben.“ „Sie haben Recht, meine Freundin, daß ich jetzt für das gestraft werde, was ich gegen Leipzig gesündigt habe,“ heißt es in einem anderen Briefe; „mein jetziger Aufenthalt ist so unangenehm als mein Leipziger angenehm hätte sein können, wenn gewissen Leuten gelegen gewesen wäre, mir ihn angenehm zu machen.“ So urtheilte nicht nur der von dem Scheiden aus lieben und gewohnten Verhältnissen schmerzlich ergriffene Jüngling, der „draußen im Reich, in der Frankfurter Hungersnoth des guten Geschmacks“ die feinere, namentlich litterarische Bildung, den freien ungezwungenen Verkehr, besonders mit Frauen, wodurch Leipzig sich auszeichnete, gar sehr vermißte. Als später Goethe von Weimar aus in wiederholten Besuchen seine persönlichen Beziehungen zu Leipzig erneuete, schrieb er (December 1782) an Frau von Stein: „Seit 69, da ich von hier wegging, bin ich nie über ein paar Tage hier gewesen, auch habe ich nur meine alten Bekannten besucht und Leipzig war mir immer so eng wie jene ersten Jahre. Diesmal mache ich mich mit der Stadt auf meine neue Weise bekannt und es ist mir eine neue kleine Welt. – Ich wünschte, mich ein Vierteljahr hier aufhalten zu können, denn es steckt unglaublich viel hier beisammen. Die Leipziger sind als eine kleine moralische Republik anzusehen. Jeder steht für sich, hat einige Freunde und geht in seinem Wesen fort, kein Oberer giebt einen allgemeinen Ton an und jeder produzirt sein kleines Original, es sei nun verständig, gelehrt, albern oder abgeschmackt, thätig, gutherzig, trocken oder eigensinnig, und was der Qualitäten mehr sein mögen. Reichthum, Wissenschaft, Talente, Besitzthümer aller Art geben dem Ort eine Fülle, die ein Fremder, wenn er es versteht, sehr wohl genießen und nutzen kann. Er muß sich nur im Allgemeinen halten, und keinen Antheil an ihren Leidenschaften, Händeln, Vorliebe und Abscheu nehmen. Es leben hier einige Personen im Stillen, die, wenn ich so sagen darf, vom Schicksal in Pension gesetzt worden sind, von denen ich großen Vortheil ziehen würde, wenn es mir die Zeit erlaubte. Von dem allgemeinen Betragen gegen mich kann ich sehr zufrieden sein. Sie bezeigen mir den besten Willen und die größte Achtung, dagegen bin ich auch freundlich, aufmerksam, gesprächig und zuvorkommend gegen Jedermann.“ Und so ist Goethe nicht nur mit den in jenen Studienjahren ihm bekannt und vertraut gewordenen Personen in Verkehr geblieben, bis in die letzte Zeit haben Leipzigs bedeutende Männer – ich darf nur Gottfried Herrmann, Friedrich Rochlitz, Blümner nennen – ihm nahe gestanden. Freilich erging das Strafgericht der Xenien auch über Leipzig, und er fand auch wohl gelegentlich, daß bei Anwesenheit der Catalani sich die Leipziger absurd benahmen, und meinte, „es thäte Noth, daß man solchem verfluchtem Volke die Gaben Gottes in Spiritus aufhübe, damit sie solche, bei Gelegenheit vergleichen und eine der anderen unterordnen könnten;“1 allein nicht lange vorher war er eifrig bemüht, die von Quandt hier aufgefundenen altdeutschen Gemälde, welche jetzt unser städtisches Museum schmücken, ihrem wahren Werth nach in weiteren Kreisen bekannt zu machen.2 Überhaupt fühlt man leicht in so manchen kleinen Zügen die Theilnahme und Freude, mit welcher Goethe die Erinnerung an seinen Leipziger Aufenthalt wieder auffrischt und auf alles überträgt, was Leipzig angeht.
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Daß er bei seinem Weggehen die volle Liebe zu Käthchen und die Hoffnung sie einst zu besitzen mit sich fortnahm, ist aus seinen Briefen klar. Jene Bitte wurde erfüllt, Käthchen schrieb ihm, und sogleich antwortete er (1. Nov. 1768) seiner geliebtesten Freundin, die seine ganze Liebe, seine ganze Freundschaft hat, und in einem beigelegten Blatt verbessert er auf ihren Wunsch die orthographischen Fehler, welche sie in ihrem Brief gemacht hatte. Sie war in Sorgen gesetzt um seine Gesundheit, sofort beruhigt er (30 Dec. 1768) seine beste ängstliche Freundin, es gehe ihm besser, er hoffe reisen zu können; wenn er aber dennoch vor Ostern sterben sollte, wolle er sich einen Grabstein auf dem Leipziger Kirchhof verordnen, „dass ihr doch wenigstens alle Jahr am Johannes als meinen Namens Tag das Johannesmännchen und mein Denkmal besuchen möget.“ Einen Monat später (31. Jan. 1769) beklagt er sich bitter, daß er krank und elend und dazu ohne Nachricht von ihr sei. Das war begreiflich, denn Ende Mai gelangte an Horn, der im April von Leipzig zurückgekommen war, die Nachricht von Käthchens Verlobung mit dem Dr. Christ. Karl Kanne, welcher von Goethe selbst eingeführt im Schönkopfschen Hause wohnte,15 als dessen Gattin sie 1810 (20. Mai) gestorben ist. Während Horn sofort als Schulmeister und Ludimagister einen scherzhaften Gratulationsbrief erläßt, schreibt Goethe am 1. Juni 1769 einen Brief, der Anfangs zwar ruhige Fassung, im weiteren Verlauf aber immer mehr eine gereizte Bitterkeit zeigt, die sich selbst gegen die Geliebte wendet, deren gewissen Verlust er so schwer ertragen kann. Wir erkennen deutlich die Laune des Verliebten in diesem Briefe, die sich in Äußerungen ausspricht wie „Das liebenswürdigste Herz ist das, welches am leichtesten liebt, aber das am leichtesten liebt vergißt auch am leichtesten,“ aber der Ausruf: „Es ist eine gräßliche Empfindung seine Liebe sterben zu sehen!“ zeigt uns, wie tief sein Gemüth ergriffen war. Nach Leipzig werde er nun nicht kommen, da der abgethane Liebhaber eine schlechte Figur als Freund spielen werde; es müsse ihr doch komisch vorkommen, wenn sie an alle die Liebhaber denke, die sie mit Freundschaft eingesalzen habe, wie man die Fische einsalze, wenn man fürchtet, daß sie verderben, doch solle sie die Correspondenz mit ihm nicht ganz abbrechen, da er für einen Pöckling doch immer noch artig genug sei. Auch in den folgenden Briefen spricht sich das schmerzliche Gefühl ihres Verlustes bald mit heftiger Leidenschaftlichkeit, bald in einer ruhig wehmüthigen Stimmung aus, in welcher er in der Ahnung, daß sie schon verheirathet sei, Abschied von ihr nimmt und sie bittet ihm nicht wieder zu antworten. „Es ist das eine traurige Bitte, meine Beste, meine Einzige von Ihrem ganzen Geschlecht, die ich nicht Freundinn nennen mag, denn das ist ein nicht bedeutender Tittul gegen das was ich fühle. Ich mag Ihre Hand nicht mehr sehen, so wenig als ich Ihre Stimme hören mögte, es ist mir leid genug dass meine Träume so geschäfftig sind. Kein Hochzeitgedicht kann ich Ihnen schicken, ich habe etliche für Sie gemacht aber entweder druckten sie meine Empfindung zu viel oder zu wenig aus.“ Allein sie antwortete ihm dennoch und meldete ihm, daß sie noch nicht verheirathet sei – die Hochzeit fand am 7. März 1770 Statt – und daß sie erwarte, er werde auch ferner schreiben, kurz sie setzte ihm den Kopf zurecht. Darauf erwiederte er denn auch (23. Jan. 1770), er werde ihr schreiben, weil sie es verlange. Dieser Brief ist in einem heitern Humor geschrieben, in dem man den Wiederschein ihrer Liebenswürdigkeit erkennt, aber nicht minder ein tief schmerzliches Gefühl über ihren Verlust. Er zeigt ihr an, daß er ruhig lebe und frisch und gesund und fleißig, denn er habe kein Mädgen im Kopf, und daß er nun nach Straßburg gehen werde; dort werde sich seine Adresse verändern wie die ihrige und es werde auf beide etwas vom Doktor kommen: „und am Ende wäre doch Fr. Doct. C. und Fr. Doct. G. ein herzlich kleiner Unterschied.“ Er schrieb nicht wieder, in Straßburg verdrängte Friederike die letzte schmerzliche Erinnerung und fesselte ihn ganz; aber als er sie eben hatte kennen lernen, da dachte er in der glücklichsten Stimmung an alle die ihn liebten „und auch sogar an Käthchen, von der ich doch weiß, daß sie sich nicht verläugnen wird, daß sie gegen meine Briefe sein wird, was sie gegen mich war.“ Und bei seinem ersten Besuch in Leipzig (1776) suchte er auch sogleich „sein erstes Mädgen“ auf. „Alles ist wie's war, nur ich bin anders“ schrieb er an Fr. v. Stein, „nur das ist geblieben, was die reinsten Verhältnisse zu mir hatte damals – Mais ce n'est plus Julie.“16
In eine andere Region führte ihn der Verkehr mit dem Breitkopfschen Hause, das der Mittelpunkt eines zahlreichen Kreises war, in welchem gründliche Bildung in Wissenschaft und Kunst und ganz besonders in der Musik heimisch war. Von den beiden Söhnen, welche Goethes Studiengenossen waren, zeichnete sich der ältere, Bernhard (geb. 1749), in der Familie der Magister genannt, welcher später in Petersburg gestorben ist, schon damals als Musiker aus. Mit seinen Melodieen, von denen manche, wenn man von einigen Zufälligkeiten der Mode absieht, noch heute gefallen werden, erschien die erste Sammlung Goethescher Lieder (1770) im Druck. Der jüngere, Gottlob (geb. 1750), welcher im J. 1800 als Vorsteher der Handlung starb, nicht minder tüchtig in der Musik gebildet, war wie Goethe von Frankfurt im August 1769 schreibt, von jeher ein guter Junge und hatte Menschenverstand und Gedanken wie ein Mensch der eine Sache begreift, und Einfälle nicht wie jeder. In diesem Verkehr war das Interesse für Musik wohl das vorherrschende, das ja auch Goethe nicht fremd war; denn ob er gleich keine hervortretende Anlage zur Musik hatte, war er doch nicht unempfänglich dafür und hatte selbst mehrere Instrumente zu spielen gelernt.17 Hiller, dessen komische Opern damals in Aller Mund waren, lernte er kennen und wurde freundlich von ihm aufgenommen; er bekennt aber, daß dieser sich mit seiner wohlwollenden Zudringlichkeit, mit seiner heftigen, durch keine Lehre zu beschwichtigenden Lernbegierde so wenig als andere zu befreunden gewußt habe.18 Auch Goethe war ein begeisterter Verehrer der beiden Sängerinnen, welche damals alles entzückten, der Mlle. Schmeling und Schröter. Als jene, die später als Madame Mara in ganz Europa berühmt war, im Jahr 1831 ihr Jubiläum feierte, erinnerte sich Goethe mit Vergnügen, wie er sie in Hasseschen Oratorien gehört und ihr „als ein erregbares Studentchen wüthend applaudirt hatte“19 und richtete ein Gedicht an sie, das jene Jugenderinnerung auffrischte. Corona Schröter verehrte er als Student nur von ferne und machte für andere Gedichte an sie; später trat er ihr wiederum in Leipzig näher20 und veranlaßte, daß sie nach Weimar kam.
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