Die Welt Homers
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Jörg Fündling. Die Welt Homers
Impressum
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Inhaltsverzeichnis
Eine Entdeckungsreise
Mit den Augen des Blinden
Der große Aufbruch
Auf den Schultern von Riesen
Die Zeit der Könige
Der göttliche Held Alexandros
Am Anfang aller Dinge
Anmerkungen
Literatur
Dank
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Отрывок из книги
Jörg Fündling
Die Welt Homers
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Ein gewisser Verfremdungseffekt lag in der Sprache des Vortrags (die übrigens die Suche nach der Heimatstadt Homers so erschwert). Ilias und Odyssee sind in einem griechischen Kunstdialekt geschrieben, den niemand je gesprochen hat, einer Mixtur aus Äolisch (wie es etwa auf den Inseln in der Ägäis zu finden war) und Ionisch (wie es die Bewohner eines langen Streifens der kleinasiatischen Küste sprachen) mit Formen, die einfach nur gut in den Hexameter, den Erzählvers, passten. Dabei scheint Homer eher einen äolischen Sprachkern in einem ionischen Rahmen verwendet zu haben als umgekehrt, und so war er wohl ein Küstenbewohner Ioniens, in dessen Heimat die lange auf den Inseln gepflegte Tradition eingezogen und kurz vor ihm zur Blüte gelangt war. Smyrna, eine der überlieferten Geburtsstädte Homers, lag für eine solche Verschmelzung besonders günstig (siehe Karte Seite 19) – was leider nichts beweist. Einzelzüge des Wortgebrauchs aber waren antiquiert und viel archaischer als beide Dialekte – vermutlich Jahrhunderte älter. So war bereits die Ausdrucksweise eines Sängers dieser Zeit ein Mittel, Distanz zwischen der Gegenwart und dem Erzählten hörbar zu machen, und zog den, der sich hineinvertiefte, auf die andere Seite des Abgrunds zwischen Jetzt und Einst.
Ausgerechnet Homer brachte das Ende dieses Mysteriums. In seiner Schöpfung fand die Nachwelt etwas Letztgültiges über Götter und Menschen ausgesagt; das aber schloss die Geschichte der beim Fest gesungenen Verse ab, die unversehens Türen zur Vergangenheit geöffnet hatten. Es gab Opferfeste und Rituale, in denen ein bestimmter Moment wieder und wieder gegenwärtig wurde; es gab (anderswo) heilige Texte, in denen sich die göttlich verbürgte Wahrheit ein für allemal ausdrückte. Neugier, Methode und Zweifel schließlich haben sich verbunden, einen mühsamen Weg zurück zu eröffnen, auf dem die Wissenschaft Überreste sichtet, Begriffe sucht, Grenzen zieht und sich mit der Frage, wie sehr sie sich selbst und dem Anschein trauen kann, das Leben notgedrungen schwer macht. Kein Zweifel, dass sie dem Sänger und seinem routinierten Griff nach göttlichem Beistand als bizarrer Um- und Abweg erschienen wäre. Sie gibt und nimmt mit derselben Hand, der Muse nicht ganz unähnlich, und Verstehen anstelle des Verklärens zu setzen bleibt immer eine gemischte und schmerzhafte Gabe. Es hilft aber nichts: So stehen wir vor der Zeit, so erkennen wir sie, unter diesen Bedingungen müssen wir auf ihre andere Seite gelangen.
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