Mobile Röntgenstationen
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Jurgis Kuncinas. Mobile Röntgenstationen
Nullzyklus
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Отрывок из книги
Jurgis Kunčinas
Mobile
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Aber vielleicht ist es auch für mich selbst Zeit zu beginnen, denn neue Freunde werden sich kaum noch einfinden, und die alten erschrecken einen immer häufiger mit einem finalen Scherz: Ohne jede Vorwarnung begeben sie sich dorthin, wohin es schon vor vielen Jahren den kleinen Povilas verschlug, den Philologen und Kellner Šarlis, die Verse schmiedende Mika, den Saxophonisten Henrikas und andere, die hier nicht namentlich aufzuführen sind. Und alle einzeln, jeder für sich. Vielleicht wäre es in der Gruppe angenehmer gewesen? Man hätte ein paar Worte gewechselt, eine Selbstgedrehte herumgehen lassen. Wohl kaum. Jener Scherz ist finster genug, und er ist unwiderruflich. Da kommt doch keiner, klopft an die Tür und sagt: Nimm’s nicht übel, diesmal hab ich ein wenig übertrieben! Auch weiß man nie, wann man selbst mit diesem Scherz seine Mitmenschen erschreckt, daher fürchte ich mich, etwas über andere zu sagen, ohne in deren neues Fell geschlüpft zu sein.
An einem Sommerabend fuhr ein sehr berühmter Regisseur mit eigenem Auto bei mir vor, den Kopf kahl geschoren, dennoch hatte er wenig von einem Banditen. Einmetersechsundneunzig, mit dem Blick eines müden Falken, es gibt auch solche. Er zog an seiner Zigarette, schlürfte Kaffee, um dann gleich zur Sache zu kommen: Wir machen einen Film. Sie machen immer irgendwas, anders können sie gar nicht mehr. Das Theater, so bekam ich zu hören, habe ihm schon allen Saft aus den Adern gezogen, eine Bluttransfusion sei nötig. Er drückte sich einfacher aus, ich übertreibe jetzt. Ich hörte mir alles an und wusste: Da kommt was auf dich zu. Aber ich nickte nur mit dem Kopf: klar, natürlich, worüber, wann? Auf Ruhm war der Kahlköpfige nicht aus, er war berühmt genug, obendrein einer, der geradezu zur Kunst verurteilt war und darüber nicht gern sprach. Wir waren miteinander noch aus jenen Nullzyklus-Jahren bekannt, als der heutige Genius in einer Armeejacke – himbeerfarbene Streifen! – in der Altstadt Kabelgräben aushob und manchmal hungrig in der Werkstatt eines Restaurators auftauchte, wo es einen Löffel Grütze oder eine heiße Wurst mit Senf für ihn gab. Damals war er noch dürrer als jetzt. Und auch schon nicht sehr gesprächig. Übrigens dauerte das nicht lange. Als er den für ihn unpassenden Dienst beendet hatte, bekam er seine eigene Theatertruppe und wurde mit jedem Jahr berühmter, bis er es so weit gebracht hatte, dass alle potenziellen Konkurrenten begriffen: Da ist nichts zu machen, den holt man doch nicht ein. Besser war es, gemächlich die eigene Furche zu ziehen und in Zeitungen mit sympathischen Theaterkritikerinnen zu disputieren.
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