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Karl Storck. Mozart
Vom musikalischen Genie und dem Universalstil der Musik
1. Die Eltern und das Kind
2. Die Weltreise des Wunderkindes
3. Heimatliches Intermezzo
4. Italienische Reisen
5. In der Salzburger Enge
6. Ergebnisse
7. Mannheim
8. Paris
9. Zurück ins Joch
10. Die Befreiung
11. Die Entführung aus dem Serail und aus dem »Auge Gottes«
12. Alltagsleiden und -freuden
13. Zwischen den Opern
14. Die italienischen Opern. Le Nozze di Figaro – Don Giovanni – Cosi fan tutte – Titus
15. Zum frühen Ende
Ausklang
Impressum
Отрывок из книги
Vom musikalischen Genie und dem Universalstil der Musik
Erster Teil: Kinder- und Lehrjahre
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Dagegen steht jenes Geständnis, das Mozart bei der Einstudierung des »Don Juan« in Prag dem Kapellmeister Kucharcz gegenüber äußerte: »Überhaupt irrt man, wenn man denkt, daß mir meine Kunst so leicht geworden ist. Ich versichere Sie, lieber Freund, niemand hat so viel Mühe auf das Studium der Komposition verwendet als ich; es gibt nicht leicht einen berühmten Meister in der Musik, den ich nicht fleißig und oft mehrmals durchstudiert hätte.«
Den scheinbaren Widerspruch hilft uns wieder Goethe lösen, der von der Produktivität höchster Art, die der Mensch als unverhofftes Geschenk von oben zu betrachten habe, das da übermächtig mit ihm tut, wie es ihm beliebt, und dem er sich bewußtlos hingibt, eine Produktion anderer Art unterscheidet, die irdischen Einflüssen unterworfen ist, und die der Mensch mehr in seiner Gewalt hat. »In diese Region zähle ich alles zur Ausführung eines Planes Gehörige, alle Mittelglieder einer Gedankenkette, deren Endpunkte bereits leuchtend dastehen; ich zähle dahin alles dasjenige, was den sichtbaren Leib und Körper eines Kunstwerkes ausmacht.« Bei der Ausgestaltung der genial erfaßten Idee tritt der Kunstverstand als wichtigste Kraft auf. Die Bedeutung dieser zweiten, von Goethe mit vollem Recht noch in den Bereich des Genialen hineingezogenen Tätigkeit ist so groß, daß vielfach der Kunstbeurteiler in dieser Kraft der Ausführung das Ausschlaggebende sieht. Fast die ganze französische Art des Kunsturteils bewegt sich in diesem Kreise, wobei wir freilich hinzufügen müssen, daß in der Geschichte der romanischen Künste die Erscheinungen, daß diese zweite Art der Produktivität nicht auf der Höhe der ersten steht, sehr selten sind. Wohl aber ist es eine charakteristische Erscheinung der germanischen Kunstgeschichte, daß die Gestaltung eines künstlerisch genialen Gedankens weit hinter dessen ursprünglicher Erfassung zurückbleibt. Wir berühren hier vielleicht das tiefste Problem germanischer Kunstauffassung und damit den entscheidenden Punkt im germanischen Kunstschaffen, für das die Schwierigkeit immer darin liegt, daß die Konzeption so ungeheuer stark ist, daß die Formgebung für jeden einzelnen Fall als neues Problem dasteht. Wir haben nun gerade bei Mozart so stark das Gefühl, daß die Form sich mit dem Inhalt deckt – alles natürlich rein musikalisch verstanden –, daß wir schon daraus auf eine hohe Bildung seines Kunstverstandes schließen können. Während er sonst, wie seine Schwester sagte, zeitlebens in allem ein Kind blieb, war er in allen musikalischen Dingen von einer erstaunlichen Frühreife, auch hinsichtlich des verstandesmäßigen Urteils. Die schroffe Entschiedenheit dieses künstlerischen Urteils wirkt gerade bei seinem so liebevollen Charakter, welcher in allen anderen Dingen das Lobenswerte heraussuchte, doppelt charakteristisch.
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