Eine Tasse Tee
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inhalt
Отрывок из книги
Meinen Eltern gewidmet
Auch bei uns brennt nur unten im Arbeitszimmer meines Vaters Licht. Er dreht sich um und zieht mich an sich: Sag mal, hat Mama dich auch abends so spät noch rausgelassen, fragt er? Es ist doch gar nicht spät, sage ich, außerdem war ich nur bei Kathi, hab’ ich dir doch gesagt. Ist schon gut, sagt er, ich lehne mich an ihn, ich sage: Du riechst nach Zigarette, er lächelt traurig und sagt: Ich bekenne mich schuldig. Habt ihr schön gespielt?, fragt er, und ich nicke. Bald geht der Ernst des Lebens wieder los, sagt er. Ich bin so froh, dass Kathis Mama die Ferien über nach dir geschaut hat. Und dass ich so viel von daheim aus machen kann. Wir schweigen. Ich spüre seinen Arm um meine Taille. Ich schaue auf den Monitor. Was ist das, frage ich, ein neues Haus? Eine Sporthalle, sagt er. Du weißt doch, wo die Aschenbahn ist, da wird ein Sportzentrum hinkommen. Mit Restaurant, richtig schick. Krass, sage ich. Ihr werdet dort in Zukunft euren Sportunterricht haben, sagt er. Ab dem übernächsten Schuljahr. Kathi und Bernd und Tom auch? Er nickt. Klar, sagt er, das Zentrum ist für alle Schulen in Weikersheim. Weißt du, was ich nicht mag?, sage ich leise. Ich mag das Busfahren nicht. Das wusste bisher nur Mama. Er schaut mich an. Findest du, fragt er, wir sollten in die Stadt ziehen? Er sieht aus, als wäre ihm der Gedanke schon öfter gekommen. Erschrocken schüttle ich den Kopf. Weg von Kathi und Tom und Bernd? Unvorstellbar. Vielleicht, sinniert er, wär’ das gut für uns. Wir könnten das Haus verkaufen und uns eine schöne Wohnung suchen. Er schaut in meine schreckensgeweiteten Augen. Lächelt. Beruhige dich, war nur so eine Idee. Und jetzt lauf, ich hab’ noch zu tun. Er gibt mir einen Schubs. Zieh ab, Häschen, sagt er. Wir kriegen das schon hin, mach dir keine Sorgen. Was er meint, ist unser Leben zu zweit.
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Das kleine Mädchen ist weich gegen die Mutter gesunken, und sie legt seinen Kopf auf ihren Schoß. Das kleine Mädchen murmelt im Schlaf, und die Mutter lächelt. Der Zug bremst, und es riecht nach verbranntem Gummi. Das wäre was: ein Zugunglück. Die Tochter stirbt vor der Mutter. Da hätte sie niemanden mehr, den sie herumkommandieren kann. Sie hat im Dorf keine Bekannten. Sie lebt ganz für sich, in ihrem großen Haus. Mein Mann sagt: Sie hat sich nie um Kontakte gekümmert, und jetzt hängt alles an dir. Sie hätte dafür sorgen sollen, dass sie im Alter nicht allein ist. Hätte sie, sage ich, hat sie aber nicht. Und nun? Soll ich sie allein lassen? Mein Mann sagt: Tu sie in ein Pflegeheim. Sie weigert sich, sage ich ruhig. Wenn du nicht mehr hinrennst, sagt mein Mann, wird ihr nichts anderes übrigbleiben. Das kann ich nicht, sage ich und weine. Verstehst du das nicht? Nein, sagt mein Mann. Das verstehe ich nicht. Und er sagt: Bleib bloß nicht zu lange dort. Du hast eine Ehe zu führen.
Mein Vater war groß und schweigsam. Er starb, als ich vier war. Hat sich davongemacht. Er hat mich mit ihr allein gelassen. Einmal saß ich auf seinem Schoß, hatte Buntstifte in der Hand, und malte. Malte große schwarze runde Augen. Immer nur Augen. Mal einen Mund hin, der lächelt, hat er gesagt. Aber ich wollte nicht. Mach du’s, habe ich gesagt. Er hat meine Hand mit dem Stift in seine Hand genommen und gesagt: Punkt, Punkt, Komma, Strich, und fertig ist das Mondgesicht. Aber auch dieser Mund hat nicht gelächelt. Da haben wir es aufgegeben. Er hat mich auf den Boden gestellt und: Geh spielen, gesagt. Kurz darauf ist er gestorben. Magenkrebs. Er hat zu viel in sich hineingefressen, nehme ich an.
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