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Konrad Küster. Musik im Namen Luthers
Inhalt
Vorwort. Eine Standortbestimmung
1 »Ein neues Lied wir heben an«? Musik in der Liturgie Luthers. Das gesamtkulturelle Klima
Die Stellung Luthers
Musik in der Wittenberger Messe
Wolfgang Musculus in Eisenach und Wittenberg, 1536
Figuralmusik, das dänische Luthertum und Georg Rhau
Orgelspiel in der Messe
Graduale und Gesangbuch
2 Diesseitspflichten und Jenseitsaussichten. Was rechtfertigt »lutherische Musik«? Musik ohne Gregor und Caecilia
Musik in der Bibel
Musik und Ewigkeit
Der Sängerkönig
Fromme Musiker?
3 Musikprofis – Musikamateure. Kantoren und Organisten, Lateinschüler und Adjuvanten. Director musices und Stadtpfeifer
Schulmeister, Kantoren und die Lateinschüler
Kirchenmusik mit Erwachsenen?
Organisten
4 »Lobet den Herren mit Saiten und Orgeln« Das Luthertum und die Orgelkunst im nördlichen Mitteleuropa. Orgel um 1500: technisch und soziologisch
»Norddeutsche« Orgelkunst und die drei »Musiksysteme« Mitteleuropas
Metropolen und ihr Hinterland an der Nordsee
Orgelkultur als Hype: Nordsee-Dörfer im späten 16. Jahrhundert
Orgelmusik: warum?
Orgelkunst der niederländischen Reformierten
Ausbreitung
5 »Florilegium Portense« Warum die lutherische Musiktradition nicht in Luthers Zeit zurückreicht. Glaubenskonflikte als kulturpolitischer Rahmen
»Ewige Kirchenmusik«: Wittenberger Repertoire und Eisenacher Kantorenbuch
Sethus Calvisius und die Vorgeschichte des »Florilegium Portense«
Was ist »nachtridentinische Musik« in Italien?
»Musica Transalpina« im mitteldeutschen Luthertum
6 Kirchenmusik und Glaubenspolitik. Heinrich Schütz im Dreißigjährigen Krieg. Kassel und Dresden
Wer war Schütz 1614/1617?
»Psalmen Davids« als Einstieg
Geistliche Musik und sächsische Politik
»Viel tausend schöne Stück«: ein Querschnitt durch Schütz’ kirchenmusikalisches Profil
Schütz in seiner Zeit
7 »Lasset uns den Herren preisen« Das Luthertum nach 1648 und das Lied. 1648: wie weiter?
»Norddeutschland« in und nach dem Krieg
Rist, Schop und die kunstvolle Aria
Crüger und Gerhardt, oder: Die Aria als Kirchenmusik
»Concerto cum aria« zwischen Dresden und Lübeck
Was also ist »lutherische Aria« nach 1648?
8 »Da sprach Jesus …« Evangelium und Kirchenkantate. Musik eines konfessionellen Zeitalters?
Höfe, Städte, Landschaften
Geschichtskorrekturen: »lange Linien« und Mikrostrukturen
Wege zur Kirchenkantate
Evangelium und Oper
Albert Schweitzer und Bachs »Actus tragicus«
9 »Ich habe fleißig seyn müssen« Bach als Organist und als Leipziger Director musices. In Leipzig
Orgelkunst als Arbeitsgrundlage
Orgelchoräle in der Liturgie
Lutherisches Künstlerbild im Wandel: das 20. Jahrhundert
Ein Tor zur Zukunft? Die beiden Probekantaten
Komponierte Musikorganisation
Der Choralkantaten-Jahrgang als Etappe
Matthäuspassion und Weihnachtsoratorium
10 Kirchenmusik zwischen Gottesdienst und Konzertleben. Das zweite lutherische Vierteljahrtausend. Verfall nach 1750?
Eine Musikästhetik des Kirchlichen und ihre Folgen
Das Problem der kirchenmusikalischen Texte
Gegenentwürfe in der Musik
Die Professionalisierung der Kirchenmusik
Lutherische Musik im Konzept einer Nationalkultur
Bilanz eines Jahrhunderts
Anmerkungen
Verzeichnis der abgekürzt zitierten Literatur
Abkürzungen
Quellen und Sekundärliteratur
Abbildungsnachweis
Register der Personen- und Ortsnamen
Отрывок из книги
Konrad Küster
Musik im Namen Luthers
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Somit handelte es sich nicht völlig um eine »Wittenberger« Messe; der Eisenacher Gottesdienst ging auch von lokalen Sondertraditionen aus, die sich in zahlreichen Details noch klarer fassen lassen (vgl. 5. Kapitel).28 Schön zu sehen ist, wann die Orgel spielte, erkennbar aber auch, dass kein veritables Gemeindelied vorkam, sondern nur die üblichen, »wiederkehrenden« Gesänge.
Zwei Wochen später, in Wittenberg, bot sich Musculus ein nur geringfügig anderes Bild, das aber erneut die minimal älteren »Vorschriften« relativiert. Ausdrücklich schreibt Musculus, dass die Orgel den Vortrag von Introitus und Kyrie eröffnete und am Gloria mitwirkte; dieses wurde vom Liturg eröffnet. In der Kollekte nach dem Gloria ergab sich laut Musculus ein Wechselgesang zwischen Pfarrer (»Der Herr sei mit euch«) und Chor (»und mit deinem Geist«); nicht einmal diese Antwort übernahm also die Gemeinde. Kollekte und Epistellesung wurden gesungen, aber beide mit lateinischem Text, und vor dem folgenden Lied, das der Chor vortrug, spielte erneut die Orgel. Zwischen den Lesungen gab es keine Sequenz (weil sie zwischen Himmelfahrt und Pfingsten nicht vorkommt), aber auch keines der in den alten Vorschriften vorgesehenen Lieder: weder »Mitten wir im Leben sind« noch »Nun bitten wir den heiligen Geist« oder »Nun freut euch, lieben Christen gmein«, sondern »Gott der Vater wohn uns bei«.29 Diese Offenheit der Liedwahl mag die Verpflichtung des Schulmeisters spiegeln, nicht immer dieselben Lieder singen zu lassen,30 wieder aber bezogen auf einen Gesang der Schüler. Diese übernahmen – sonderbarerweise – anschließend auch das Glaubenslied zwischen Evangelium und Predigt. Oder hat Musculus hier nicht richtig aufgepasst?
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