Unsere Kinder in der digitalen Welt

Unsere Kinder in der digitalen Welt
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Eltern-Guide: Verstehen ist besser als Verbieten Welche Apps und Spiele sind bei den Kids gerade «in» und weswegen? Wann ist es wichtig, Grenzen zu setzen? Und wo braucht es mehr Verständnis statt Kontrolle? Für die sogenannten Digital Natives ist die virtuelle Welt ein normaler Teil ihrer Lebensrealität. Für die Eltern, meist noch ohne Smartphone aufgewachsen, stellen sich häufig Fragen zum «richtigen» Umgang mit dem Nutzungsverhalten ihrer Kinder. Digitale Kompetenz ist wesentlich. Lukas Wagner, Medienpädagoge und selbst Vater einer Tochter, ist mit den Fragen von Eltern vertraut. Praktisch und humorvoll bietet Wagner pädagogisch wertvolle Tipps und einen Überblick zu neuen Technologien, Apps und Sozialen Netzwerken. Er thematisiert Internetsucht und Cybermobbing. Und er lenkt den Blick auch auf neue Potenziale: professionelles Gaming und selbstgesteuertes Lernen über Videos als ernstzunehmende Entfaltungsmöglichkeiten.

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Lukas Wagner. Unsere Kinder in der digitalen Welt

Vorwort

Willkommen in der digitalen Welt der Kinder

Begreifen. Warum verstehen besser ist als verbieten. Eine neue Welt

Virtuelle Beziehungen sind real

Der geheime Garten

Das digitale Baumhaus. Vom geheimen Garten zum digitalen Baumhaus

Eine Frage des Vertrauens

1. Jugendliche glauben, ihre Eltern wissen nichts über das Internet

2. Jugendliche glauben, ihre Eltern interessieren sich nicht für ihre digitale Lebenswelt

3. Jugendliche haben Angst vor der Reaktion ihrer Eltern

4. Jugendliche wollen sich und andere vor den Konsequenzen schützen

Was passiert da im Internet?

Durch unsere Vorbildwirkung

Durch das Schaffen von besseren Alternativen

Durch technische Sperren

Information ist Belohnung

Gamification

Endless Scroll

Autoplay

Einige praktische Tipps

Naturalisierung von Technik

Die eigene kritische Haltung

So nah wie noch nie

Passt perfekt zu mir

Was ist heute noch privat?

Jugendkultur ist Digitalkultur. YouTuberin und YouTuber, Instagrammerin und Instagrammer, Influencer, Streamer, Gamer

Lernen im digitalen Zeitalter

Vom Zuschauen zum Begleiten

Die wichtigste Frage

Wer sind unsere Vorbilder?

Bei 0- bis 3-Jährigen

Bei 3- bis 6-Jährigen

Bei 6- bis 10-Jährigen

10 Jahre oder älter

Der Zeitpunkt für ein eigenes Smartphone

Vorbereitung

Gemeinsames Einrichten

Die ersten Erfahrungen

Neugierde als Eintrittskarte

Die wichtigsten Dienste

Kommunikation

Whats­App. Whats­App führt seit Jahren die Downloadcharts bei Google und Apple an. Für viele ist Whats­App auch die erste App, die auf das neue Smartphone heruntergeladen wird. Bei Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren haben weit über 90 % Whats­App auf ihrem Smartphone installiert. Inhaber Whats­App wurde im Jahr 2014 von Facebook für 4 Milliarden Dollar und zusätzlichen Facebook-Aktien den ursprünglichen Firmeninhabern abgekauft. Wer in Österreich Whats­App nutzt, hat dennoch einen Vertrag mit der Firma Whats­App Inc. mit Sitz in Kalifornien, USA. Facebook ist in diesem Fall nur der Mutterkonzern. Seit einiger Zeit bildet Facebook die Übernahme von Whats­App auch im Namen der App ab. Dieser lautet jetzt im Volltext »Whats­App by Facebook«. Die Übernahme wurde international vor allem aus datenschutztechnischer Sicht sehr kritisch betrachtet. User > 2 Milliarden weltweit mit Anfang 2020. Ca. 1 Milliarde Menschen nutzen Whats­App täglich. Die Zahlen sind immer mit Vorsicht zu genießen, sie könnten ­Millionen an Doppelinstallationen oder auch Testinstallationen beinhalten. Große Technikunternehmen gehen jedoch gerne mit großen Zahlen an die Öffentlichkeit, da diese für massive Aufmerksamkeit sorgen. Kosten kostenlos. Mindestalter 16 Jahre. Ursprünglich war Whats­App ab 13 Jahren, mit Einführung der Datenschutzgrundverordnung am 25. Mai 2018 wurde das Mindestalter in Europa durch die Firma Whats­App auf 16 Jahre angehoben. Dies hat primär rechtliche Gründe. Whats­App möchte nach eigenen Angaben eine Möglichkeit für 13- bis 16-Jährige schaffen, den Dienst zu nutzen. Mit Mai 2020 ist diese Funktion jedoch noch nicht umgesetzt worden. Form der Alterskontrolle Mit einem Klick auf »Ich bin mindestens 16 Jahre alt« ist die Alterskontrolle bestanden. Whats­App ist nicht rechtlich verpflichtet, das Alter der User mit mehr Aufwand zu kontrollieren, beispielsweise durch Kontrolle eines Ausweises oder der expliziten Zustimmung der Eltern. Rechtliche Konsequenzen bei Unterschreitung des Mindestalters Keine. Kinder unter 14 Jahren sind in Österreich nicht deliktfähig. Für Eltern gilt keine generelle Über­w­achungspflicht gegenüber den Kindern. Da auch nicht von einer Schädigungsabsicht auszugehen ist, können Kinder und Jugendliche die Altersangabe von Whats­App igno­rieren, ohne sich vor rechtlichen Konsequenzen seitens Whats­App fürchten zu müssen. Eine mögliche Konsequenz könnte sein, dass Whats­App einen Account sperrt. Dies passiert jedoch nicht aufgrund einer Unterschreitung des Mindestalters, sondern weitaus häufiger, weil andere Richtlinien verletzt wurden oder Spam verschickt wurde. Alternativen Signal, Telegram oder Threema (ebenfalls kostenlos, jedoch weitaus datenschutz­freundlicher) Datenschutz Whats­App teilt Kommunikationsdaten mit der Dachfirma Facebook sowie mit allen Tochterunter­nehmen von Facebook. Im Fall von Whats­App sind dies sogenannte Metadaten, also Verbindungsinformationen. Whats­App teilt mit Facebook nicht den Inhalt einzelner Nachrichten, jedoch laufend, wer wann wo mit wem wie lange verbunden war und kommuniziert hat. Dadurch lassen sich hoch detaillierte Werbe- und Bewegungsprofile von Einzelpersonen und Gruppen erstellen. Diese werden dann durch Facebook vermarktet. Einnahmequelle Whats­App generiert Einnahmen über Datenweitergabe und Businessangebote. In der App selbst wird keinerlei Werbung angezeigt

Snapchat. Snapchat ist als Sofortnachrichtendienst der Senkrechtstarter der letzten Jahre. Erschienen im Jahr 2011, ver­breitete sich Snapchat aus den USA kommend rasant in Europa. Die damals zündende Idee: Auf Snapchat konnten Bilder verschickt werden, die am Smartphone der Empfängerin oder des Empfängers nach einigen Sekunden wieder verschwanden. Somit konnten spontane Aufnahmen, aber auch peinliche Fotos, die nicht in Umlauf geraten sollten, versendet werden. Diese Funktion ist gemeinsam mit den sogenannten Filtern, mit denen Fotos und Videos verändert werden können, immer noch zentral bei Snapchat. Inhaber Snapchat Inc. Snapchat ist, im Unterschied zu anderen großen Social Media Plattformen, nicht an einen großen Mutterkonzern wie Facebook, Google, Apple oder Microsoft verkauft worden, sondern gehört nach wie vor den Gründerinnen und Gründern selbst. Seit 2017 ist Snapchat an der Börse. User 230 Millionen täglich aktive User laut der Statistikplattform Statista, genaue Zahlen sind unbekannt. Im Mai 2019 waren es noch 186 Millionen tägliche User, ein beeindruckender Anstieg von 44 Millionen in nur 12 Monaten. Kosten kostenlos. Mindestalter 13 Jahre. Es gab eine eigene Version für Kinder unter 13 Jahren, diese existiert jedoch nicht mehr. Rechtliche Konsequenzen bei Unterschreitung des Mindestalters Keine. Kinder unter 14 Jahren sind in Österreich nicht deliktfähig. Für Eltern gilt keine generelle Überwachungspflicht. Alternativen Wickr Me, Instagram (bis zu einem gewissen Grad) Datenschutz Snapchat analysiert sämtliche empfangene und gesendete Inhalte zu Werbezwecken. Außerdem verfügt Snapchat über ein uneingeschränktes Nutzungsrecht aller Bilder und Videos, die versendet werden, und darf diese verändern, verkaufen und zu Werbezwecken benutzen. Einmal versendete Nachrichten (Snaps) bleiben somit bei Snapchat gespeichert und können durch Snapchat auch verwendet werden. Einnahmequelle Werbung, Datenverkauf

Präsentation

Instagram. Instagram ist eine Fotoplattform, die im Jahr 2012 von der Firma Facebook gekauft wurde. Instagram wurde vor allem durch Fotofilter bekannt, die eine Veränderung der Fotos vor Veröffentlichung ermöglichen. Wie in einem Fotobuch können Aufnahmen über einen Account der Öffentlichkeit präsentiert werden. Profile können jedoch auch auf »privat« gestellt werden. Fotos sind dann nur sichtbar, wenn vorher eine entsprechende Anfrage gestellt und diese auch durch den User genehmigt wurde. Inhaber Instagram wurde im Jahr 2012 um 760 Millionen Euro von Facebook gekauft. Seitdem ist Instagram ein Tochterunternehmen von Facebook, zwischen den beiden Unternehmen erfolgt auch ein Datenaustausch über User. User > 1 Milliarde im Mai 2020 (laut Auskunft von Instagram) Kosten kostenlos. Mindestalter 13 Jahre. Rechtliche Konsequenzen bei Unterschreitung des Mindestalters Keine. Kinder unter 14 Jahren sind in Österreich nicht deliktfähig. Für Eltern gilt keine generelle Überwachungspflicht. Alternativen Vero, EyeEm. Datenschutz Instagram teilt Daten mit der Dachfirma Facebook sowie mit allen Tochterunternehmen von Facebook. Einnahmequelle Instagram finanziert sich über Werbung, die im Feed zwischen den einzelnen Bildern angezeigt wird

TikTok (ehemals Musical.ly) Musical.ly ist der überholte Name einer App, die im Jahr 2018 mit der vor allem in China beliebten App TikTok zusammengeführt wurde. Die App ist eine Plattform für Playbackvideos. Auf TikTok ist es möglich, kurze Videoclips anzusehen und auch selbst hochzuladen. Es wird Musik ausgewählt, zu der Userinnen und User tanzen oder schauspielern können. In neuen Versionen ist es auch möglich, Live-Videos zu streamen. Inhaber Musical.ly wurde im Jahr 2018 mit der App TikTok zusammenführt. Inhaber ist das chinesische Unternehmen ByteDance. User > 800 Millionen weltweit im Mai 2020 (laut Auskunft von TikTok). Im Juni 2018 waren es noch 180 Millionen, ein rasanter Anstieg in knapp 2 Jahren. Kosten kostenlos. Mindestalter 13 Jahre. TikTok gibt in den AGB ein Mindestalter von 13 Jahren an. Personen unter 18 Jahren müssen die Aktivierung ihres Accounts erst von Erziehungsberechtigten per E-Mail bestätigen lassen. Dieses E-Mail wird jedoch automatisch versandt und kann auch von den Jugendlichen selbst bestätigt werden. Eine Alters­kontrolle findet nur in Form dieser Bestätigung statt. Rechtliche Konsequenzen bei Unterschreitung des Mindestalters Keine. Kinder unter 14 Jahren sind in Österreich nicht deliktfähig. Für Eltern gilt keine generelle Über­wachungspflicht. Alternativen Teilweise Instagram, teilweise YouTube. Direkte Alternativen fehlen, da TikTok mit Abstand die populärste Plattform dieser Art ist. Datenschutz TikTok nutzt alle von Userinnen und Usern generierten Daten zu Werbezwecken und behält sich vor, gepostete Videos weiterzuverkaufen und zu verwerten. Ebenfalls können versandte Nachrichten automatisch gescannt werden, um jegliches Nutzungsverhalten zu analysieren und für gezielte Werbung zu verwenden. TikTok zensuriert auch gezielt und bewusst Inhalte, die nicht in das eigene Konzept passen. Nachgewiesene Fälle gibt es hier für Menschen mit Behinderungen, die beispielsweise aus der TikTok-Suche entfernt wurden oder auch Menschenrechtsaktivistinnen und -aktivisten in China. Einnahmequelle TikTok generiert Einnahmen über das Anzeigen von maßgeschneiderter Werbung sowie den Verkauf von Nutzungsdaten

Information / Unterhaltung

YouTube. YouTube ist eine Videoplattform der Firma Google. Auf YouTube können Videos kostenlos betrachtet und hoch­geladen werden. Zahlreiche YouTube-Stars leben von den Werbeeinnahmen, die sie mit ihren Videos generieren. Auf YouTube ist es möglich, einen eigenen Kanal zu kre­ieren und mit Videos zu füllen. Ab einer gewissen Anzahl an Abonnenten kann für die hochgeladenen Videos Werbung geschaltet werden. Über diese Werbung können YouTuberinnen und YouTuber ihre Arbeit finanzieren. Für Jugendliche bietet YouTube die perfekte Kombination aus Information und Unterhaltung (also Entertainment), auch als »Infotainment« bezeichnet. Für Kinder und Jugendliche ist YouTube damit die Informations- und Unterhaltungsplattform der Wahl. Hier finden sie alles, was sie interessiert, täglich neu aufbereitet und kostenfrei. Im Kapitel »So nah wie noch nie« wurde schon einiges zu der Faszination von YouTube geschrieben. Inhaber YouTube wurde 2005 in den USA gegründet, 2006 wurde es bereits von Google aufgekauft und ist seitdem ein Tochterunternehmen der Firma Google. Zahlen & Fakten 2 Milliarden User monatlich im Jahr 2020. Über 5 Milliarden Videos wurden seit der Gründung auf die Plattform geladen. 5 Milliarden Videos werden jeden Tag angesehen, pro Minute werden 400 Stunden Videomaterial neu auf YouTube geladen. YouTube streamt pro Tag damit 1 Milliarde Stunden Videomaterial (laut der Firma YouTube) Kosten kostenlos. Mindestalter Um einen eigenen Google-Account erstellen zu können, müssen Personen mindestens 14 Jahre alt sein. Videos auf YouTube können jedoch auch ohne Account betrachtet werden, außer die Videos wurden durch die Erstellerin oder den Ersteller entsprechend markiert. Um diese geschützten Videos betrachten zu können, ist ein kostenloser Account notwendig. Eine gezielte Alterskontrolle erfolgt beim Erstellen des Accounts nicht. Die meisten Userinnen und User verfügen bereits über einen Google- Account, da sie diesen für ein anderes Google-Produkt benötigen. Ohne Google-Account können am Android Smartphone beispielsweise keine Apps runtergeladen werden. Rechtliche Konsequenzen bei Unterschreitung des Mindestalters Keine. Kinder unter 14 Jahren sind in Österreich nicht deliktfähig. Für Eltern gilt keine generelle Überwachungspflicht. Alternativen Durch die Reichweite von YouTube und die Verankerung der zahlreichen YouTube-Stars auf dieser Plattform gibt es inhaltlich zum aktuellen Zeitpunkt keine Alternative zu YouTube. Eine technisch ähnliche Videoplattform ist Vimeo. Einnahmequelle YouTube generiert Einnahmen in der Höhe von circa 12 Milliarden US-Dollar pro Jahr durch Werbung. Mittels geschickter Datenanalyse und Werbeeinschaltungen am Beginn oder während bestimmter YouTube-Videos kann das Unternehmen Werbeeinnahmen lukrieren. YouTube ist die größte Videoplattform der Welt, produziert jedoch kein einziges Video selbst. Prinzipiell könnte YouTube auch als reine Werbeplattform betrachtet werden, die Videos von Userinnen und Usern nutzt, um passende Werbung anzuzeigen. Die Produkte der Firma YouTube sind damit nicht die Videoplattform oder die Community, sondern die Werbeeinschaltungen und die Datenanalyse

Twitch.tv. Das Live-Streaming von Bildschirmspielen ist in den letzten Jahren ein Milliardenmarkt geworden. Streamerinnen und Streamer zeigen bestimmte Szenen, besonders schwere Stellen, geben Tipps oder (und das ist die häufigste Kategorie an Stream) spielen vor sich hin. Die Zuschauerinnen und Zuschauer nehmen durch den Konsum solcher Videos sozusagen nur passiv am Spiel teil. Durch die Live-Streaming-Funktionen von YouTube ist es möglich, diese Videos live zu teilen, marktführend in diesem Bereich ist jedoch die Plattform twitch, zu finden unter twitch.tv. Auch das ist inzwischen durchaus ein Beruf geworden. Die Zuschauerinnen und Zuschauer können Geldbeträge direkt über die Plattform twitch.tv spenden. Erfolgreiche Personen auf twitch.tv haben pro Tag einige tausend bis zehntausend Zuseherinnen und Zuseher. Somit kann auch durch relativ geringe Spenden von nur 1 – 2 Euro pro Person ein recht stattlicher Verdienst zusammenkommen. Hier ist eine neue Form von Spendensammlung zu beobachten: Crowd­funding. Die Spielerinnen und Spieler werden damit direkt von ihrer eigenen Community finanziert. Auf YouTube ist die Kategorie »Gaming« bereits eine mit den meisten Videos. Der von YouTube selbst erstellte Kanal, der Videos zum Thema Gaming zusammenfasst, hatte Ende 2018 über 80 Millionen Abonnentinnen und Abonnenten. In den meisten größeren Städten gibt es bereits Bars, in denen große Videospielturniere live übertragen werden. Bei »League of Legends« beispielsweise können bei einer Liveübertragung durchaus einige ­Millionen Zuseherinnen und Zuseher online gezählt werden. Die World Championship Turniere werden in umgebauten Stadien abgehalten, wo auch vor Ort zehntausende Fans sein können, bei einer Stimmung, die einem Fußball World Cup ähnelt. Das professionelle Spielen von Videospielen wird als eSports, kurz für Electronic Sports, bezeichnet. Es gibt bereits erste Bestrebungen, gewisse Videospiele im eSports-Format als Teil der Olympischen Spiele abzuhalten. Für einen Blick in diese Welt öffnen Sie einfach auf Ihrem Computer die Website https://www.twitch.tv und klicken sich durch das Angebot. Oder noch besser: Sie lassen sich von Ihrem Kind seine liebsten Gamerinnen und Gamer zeigen. Diese Streaming-Plattformen veranschaulichen auch, warum das Verbot gewisser Videospiele pädagogisch sinnvoll ist (beispielsweise, weil sie zu brutal sind), die Kinder und Jugendlichen aber nie gänzlich von den Inhalten ferngehalten werden können. Auch wenn das Spiel nicht im eigenen Besitz ist, kann es problemlos online angesehen werden. Twitch als Anbieter von Live-Streaming ist vor einigen Jahren von Amazon gekauft worden und inzwischen auch bei vielen Usern automatisch mit dem eigenen Amazon-Account verknüpft. Für Amazon war der Kauf von twitch ein lohnendes Investment, die Plattform erfreut sich täglich höherer Beliebtheit. Twitch selbst hat keinerlei Alterskon­trollen. Somit können auch achtjährige Kinder Bildschirmspiele betrachten, die erst ab 18 freigegeben sind. Twitch blendet einmalig einen kurzen Hinweis ein, dass sich der gewählte Kanal an Erwachsene richtet. Nach einem ein­maligen Bestätigen ist es dann möglich, die Inhalte zu betrachten. Viele Twitch-Streamer haben tausende Fans und streamen täglich zur selben Zeit. Für sie ist damit Streaming ein Hauptberuf geworden. Mehr dazu finden Sie im Kapitel »Hauptberuflich Spielen« Videospiele

Hauptberuflich spielen

Was ist heute noch wahr?

Grenzen in der digitalen Welt

Regeln und Grenzen

Der Medienvertrag

Exkurs: Macht. Sie haben als Eltern immer mehr Macht als Ihr Kind. Damit ist es auch Ihre Aufgabe, mit dieser Macht entsprechend achtsam umzugehen. Letzten Endes sitzen Sie, was zum Beispiel ein Smartphone betrifft, beinahe immer am längeren Ast. Als Eltern können Sie ein Smartphone einfach wegnehmen, Sie können eine SIM-Karte sperren lassen oder das Internet im Haus abdrehen. Tatsächlich gibt es Situationen, in denen solche Maßnahmen angemessen sind. Ich rate jedoch immer sehr zur Vorsicht: Einerseits kann aus diesen Situationen ein Machtkampf mit dem Kind werden (und Kinder haben einen sehr langen Atem), andererseits leben Sie Ihrem Kind damit auch vor, wie mit Macht umzugehen ist. Machtkämpfe mit Kindern werden schnell für alle Beteiligten wahnsinnig anstrengend und sind gleichzeitig nicht zielführend. Sie nehmen das Smartphone weg, das Kind weigert sich, im Haushalt mitzuhelfen, bis es das Smartphone wiederbekommt. Sie sagen dann, dass das Smartphone erst wieder zurückgegeben wird, wenn es im Haushalt mehr mithilft. Schon entsteht daraus ein Teufelskreis, der schwer zu durchbrechen ist. Einmal tief durchatmen, dann lassen sich abseits von Machtdemonstrationen oft andere Konsequenzen finden. Ihr Kind wird Ihren Stil, wie mit Macht umzugehen ist, mit Sicherheit in Zukunft kopieren. Das zeigt, warum Ihre Vorbildfunktion in diesen Situationen von großer Bedeutung ist. Eines Tages hat Ihr Kind als Jugendliche oder Jugend­licher vielleicht Macht über jüngere Kinder und sehr viel später dann vielleicht auch über die eigenen Kinder. Erziehung und Begleitung von Kindern funktioniert auch ohne Machtbeweise. Bei Macht geht das Miteinander auf Augenhöhe verloren. Wenn Eltern ihren Kindern sagen, dass das Smartphone wegkommt, »weil ich es eben sage und weil ich der Vater bin«, dann ist das ein klassisches Beispiel für eine Machtdemonstration. Macht erzeugt meistens Abwehr und Sturheit, oft führt sie auch zu Unverständnis, weil der Grund für eine Sanktion nicht klar ausgedrückt wurde. All diese Faktoren sprechen dafür, dass die Wiedergutmachung ein weitaus besseres Mittel ist als das Ausnutzen von Macht zur Strafe

Wiedergutmachung

Technische Sperren

Wie viel ist zu viel?

Digitalisierte Gewalt

Cybermobbing

Unerlaubtes Weiterleiten von Nacktbildern

Cyber-Grooming

Und wie geht’s weiter?

Eine Anmerkung zu Links, Apps und Verweisen im Internet

Copyright

Отрывок из книги

In meiner täglichen Arbeit als Psychotherapeut und Medienpädagoge bin ich immer wieder mit den unterschiedlichsten Fragen in Bezug auf Smartphone und Co konfrontiert. Wie viel ist zu viel? Was ist gefährlich? Wie kann ich mein Kind unterstützen? In der Rolle als Experte ist es meine Aufgabe, bei diesen Fragen zu helfen und Familien zu unterstützen. In meiner Rolle als Vater stehe ich plötzlich auf der anderen Seite. Auch meine Tochter ist fasziniert von Laptop und Tablet und hat schon früh ein eigenes Wort für Computer entwickelt. Sie weiß, dass sie mit diesen Geräten Kontakt mit den Großeltern aufnehmen kann, auch wenn diese gerade nicht da sind. Wir können Fotos und Videos anschauen und gemeinsam Musik hören. Plötzlich bin ich nicht Medienexperte, sondern ein Vater, der das eigene Kind begleitet, gelegentlich nachsichtig ist und doch auch immer wieder auf Regeln und Grenzen besteht.

Wie kann es uns gelingen, Kinder in eine digitalisierte Welt zu begleiten? Eine Welt, in der Smartphone, Bildschirm und Internet allgegenwärtig sind? Digitaler Kindergarten, E-Learning, Tabletklassen und digitale Kompetenzen sind Wörter, die in unseren Sprachgebrauch eingezogen sind. In den letzten Jahren ist meine Arbeit zunehmend komplexer geworden. Ich spreche mit anderen Pädagoginnen und Pädagogen, mit Kinderpsychiaterinnen und Kinderpsychiatern und beobachte so gut wie möglich die globale Medien- und Technologieszene. Am wichtigsten für mich aber: In Workshops und Therapie arbeite ich täglich mit Kindern und Jugendlichen und lasse mir von ihnen im wahrsten Sinne des Wortes »die Welt erklären«. So kann ich Lernender bleiben, kritisch hinterfragen und unterstützen, wo es Probleme gibt.

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Nach Whats­App folgt ein Snapchat-Account, welcherdie Kommunikation mit Freundinnen und Freunden weiter beschleunigt. Darauf folgt der Instagram-Account. Klaus ist inzwischen zu einem Jugendlichen geworden und nutzt das Internet mit 14 Jahren etwa sechs Stunden pro Tag (ARD-ZDF-Onlinestudie 2019). Die durchschnittliche Nutzungsdauer ist 2019 im Vergleich zum Vorjahr um weitere 15 Minuten angestiegen. Fließend wechselt er zwischen Whats­App, Snapchat, Instagram, Handy- und Konsolenspielen. Abgeschaltet wird ungern. Es gibt immer noch etwas, was wichtig ist – und selbstverständlich haben angeblich alle Klassenkolleginnen und Klassenkollegen unbegrenzten Zugriff auf ihre Geräte und viel weniger strenge Eltern.

Die Eltern von Klaus sind manchmal ratlos. Sie selbst hatten in ihrer eigenen Kindheit vielleicht einen Super Nintendo als Spielkonsole, aber diese modernen Geräte mit ständiger Internetverbindung hatten sie nicht. Sie verstehen manchmal nicht, worin die Faszination für Klaus liegt. Ihnen fällt jedoch auf, dass Regeln oft ignoriert werden und ständig über die Nutzungsdauer verhandelt werden muss. Das neue Handy ist schnell nicht mehr gut genug und überhaupt will Klaus einen umfassenderen Handyvertrag, da das Downloadvolumen von mehreren Gigabyte schon wieder aufgebraucht ist. Gleichzeitig sind sie der Überzeugung, dass diese Technologien nicht nur die Zukunft, sondern auch die Gegenwart sind. Klaus muss lernen, sie zu bedienen, in beinahe jedem Job wird eine Vertrautheit im Umgang mit neuen Medien als selbstverständliche Voraussetzung gesehen.

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