Mao und das Vermächtnis von Atlantis
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Mario Klotz. Mao und das Vermächtnis von Atlantis
Was bisher bei Mao und seinen Freunden geschah:
In der Teufelsschlucht
Die Verfolgungsjagt
Der heimliche Beobachter
Was bisher bei Nummer 23 geschah:
Es kommt alles anders
Ein Engel des Todes
Aufstieg zum Erzengel
Die Reise
Dunkle Pläne
Seltsame Botschaft
Die Vorhersagen der Hexe
Maos Zusammenbruch
Der Unfall
Der königliche Inspektor
Was bisher bei Sem, dem Krieger geschah
Der Streit
Sie sind weg!
Angsteinflößende Schatten
Die schwarze Ebene
Die Schlucht
Der Sprung
Die atemberaubende Höhle
Große Freude
Umzingelt
Der Überraschungsangriff
Der blutrünstige Angriff
Das Amulett
Was bisher bei Onik/Tekk, dem Druidenjungen geschah
Im Haus des Lebens
Willkommen in Gutex
Im Schatzraum der Schätze
Das Buch der schwarzen Magie
Die Drohung
Die Horrornacht
Ein Teil der Wahrheit
Wen hast du erkannt?
Der Aufbruch ins Königreich
Die Entführung
Der Kampf in der Luft
Die Stadt
Der Geisterdruide mit dem Dudelsack
Im Tal der Rosen
Schloss Verrsuv
Das Mädchen mit dem roten Haar
Der Wächter der Rosenvilla
Auf der Flucht
Ein seltsames Gefühl
Verfolgung in der Finsternis
Weitere Verfolger
Im Zimmer des Schreckens
Das Verhör
Ein seltsames Transportmittel
Der unsympathische Typ
Die Abwehrmauer von Tyram
Bäns Peinlichkeit
Unerwartetes Wiedersehen
Senandoo
Gerettet
Im Kabinett des Druiden
Viele offene Fragen
Der Geisterdruide
Schweigepflicht
Das Erscheinen
Der Auftrag
Beobachtet
Der Beginn des Aufstieges
Verschiedene Gedanken
Die Wüste
Das Kartenspiel
Der Sturm
Was bisher bei Lan, dem königlichen Inspektor geschah
Der Teufelsbrunnen
Auf der Suche nach dem Haus
Wea ist der Einbrecher?!?
Die verschwundenen Kinder
Die Zeit drängt
Schaurige Entdeckung
Der unsympathische Kollege
Die vermissten Personen
Jagd nach dem Mörder
Unerwartete Glücksgefühle
Wo ist Wea
Lan in Bedrängnis
Zurück im Waisenhaus
Die Berichte der verschwundenen Kinder
Was bisher bei Lex, dem Piraten geschah
Heimliche Pläne
Verwünschung von Cea
Ein mysteriöser Gast
Das nächtliche Treiben auf dem Piratenschiff
Das Gerücht stimmt
Der Ausraster des Buckligen
Der Angriff auf Askarr
Was bisher beim König, vom Reich der Schlange geschah
Drei schlechte Nachrichten
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Dem Radscha helfen?
Die Bitte von Wik
Was bisher bei Won, dem Sohn des Kutschers geschah
Ist Jin mein Vater?
Das war ein Fehler
Diese Nacht überlebt er nicht!
Die Wahrheit
Die schlimmste Nacht seines Lebens
Wut
Was bisher bei Suu, und dem mysteriösen Tentakelbuch geschah
Der geheimnisvolle Unbekannte
Noch in derselben Nacht wurden alle anderen, die sich auf der Insel Scarlett befanden, und nichts von dem Vorfall mitbekommen hatten, informiert. Nur der betrunkene Diener war nicht auffindbar. Sonst hatte sich nichts erwähnenswerte ereignet. Außer dass der Schatzsucher sich Kil vorgeknöpft hatte, als er ihn wenig später allein angetroffen hat. Nur wenige hatten von diesem Vorfall etwas mitbekommen. In seiner vollen Größe hatte sich der charaktervolle Schatzsucher vor den Sekretär hingestellt. Als dieser vorbei wollte, hatte er ihn zurückgehalten „Was willst du?“, hatte sich Kil erkundigt „Du verrätst mir, wo sich der Baron aufhält!“, verlangte der Schatzsucher zu erfahren „Nein, das ist mein Geheimnis!“, erwiderte Kil. Voll Zorn krallten sich die Finger von Jig in die Kleidung seines Gegenübers und er schlug ihn wuchtig gegen die Wand. „Ich höre!“, forderte der Schatzsucher ihn auf und warf das blonde Haar zurück. Doch der Sekretär schüttelte verneinend den Kopf: „Ich sag kein Wort, der Baron vertraut ohnehin nur mir!“ Da reichte es Jig. Mit geballter Faust erhob er drohend seinen Arm und gab ihm noch eine letzte Möglichkeit: „Sag es mir, oder du wirst deinen Mund nie wieder öffnen können!“ Der Sekretär hat versucht sich aus der Umklammerung zu befreien, doch er hatte keine Chance gegen Jig. Schnell wie eine Schlange bei ihrem Angriff, sauste die Faust auf das Gesicht von Kil zu. „Nein!“, brüllte dieser, kniff die Augen feige zusammen und drehte sich weg. Doch der Schlag blieb aus. Als er seine Lider öffnete, erkannte er nur knapp vor seinem Gesicht die gestoppte Hand und begann wie ein kleines Kind zu weinen. „Bitte nicht! Ich kann es nicht!“, versuchte er bettelnd zu erklären „Ich rate dir es doch zu tun!“, empfahl ihm der Schatzsucher. „Nein, du verstehst nicht! Ich kann es nicht, weil ich den Baron noch nie gesehen habe!“, gestand Kil und fuhr fort: „Ich weiß nicht, wo er sich aufhält. Ehrlich! Ich bringe ihm auch nie das Essen oder sonst etwas.“ „Warum erzählst du es dann?“, wollte Jig erfahren. „Ich . . . ich . . .“, begann der gebrochene Mann zu stammeln: „Ich wollte die anderen eifersüchtig machen. Ich wollte, dass der Baron nur mir vertraut. Ich finde ihn einfach fabelhaft und es stört mich, dass er mir nicht vertraut.“ Jig hat überlegt, ob er dies glauben sollte und entschied sich letztendlich dafür. „Das heißt, niemand hat ihn je gesehen!“, sprach der Schatzsucher mehr zu sich selbst und kombinierte: „Das kann nur eines bedeuten.“ „Und was?“, hat der wimmernde Mann mit zittriger Stimme erfahren wollen. Jig schien sich zu ärgern, dass er wieder einmal laut gedacht hatte. Doch alles andere behielt er für sich. Stille kehrte ein und die Nacht brach über den Palais. Kol hatte die tote Katze des Barons, die wie durch Geisterhand von der Decke gefallen war, im Garten vergraben und es geschafft, die mysteriöse Schrift fast abzubekommen. Nur noch leicht schimmernd war sie zu erkennen, als wir alle am nächsten Morgen die Halle betraten. Nur vom betrunkenen Diener fehlte bis jetzt noch immer jede Spur. Gegessen wurde allerdings von den meisten nur wenig. In den angespannten Gesichtern war die Angst zu erkennen. Beim Blick aus dem Fenster war zu sehen, dass der Sturm noch immer wütete, das Gewitter hatte sich jedoch gelegt. Somit waren wir auf der Insel des Barons gefangen „Haben sie gestern den Baron über die Ereignisse informiert?“, wollte die Zofe in ihrer bestimmenden Art von Kol erfahren. Der Sekretär nickte: „Ja, ich habe mit ihm gesprochen. Doch er war ohnehin gut informiert. Und wie ich mir schon gedacht hatte, hat er mir versichert, er wüsste nicht, was mit dieser Botschaft gemeint ist. Er hätte nie jemanden etwas Schlechtes gewollt, er ist eben ein Mann mit Ehre. Der Baron denkt, es handle sich um einen schlechten Scherz und er hat auch schon jemanden von uns in Verdacht. Derjenige, der seiner Katze das angetan hat, wird dafür büßen, darauf gibt er sein Wort.“, und stolz fügte er hinzu: „Mich hat er allerdings nicht in Verdacht!“ Ein weiterer Hustenanfall überkam den Schatzsucher. Es war nicht der erste an diesem Tag, und auch in der Nacht hörte man ihn hin und wieder husten „Du hast dich ganz schön erkältet!“, meinte das Hausmädchen besorgt „Nein, es ist etwas anderes!“, antwortete er hastig um ihre Bedenken zu beseitigen und bemerkte, dass er sich beinahe verraten hätte und fügte hinzu: „Es ist nur ein Reizhusten, den hab ich öfter. Nun muss ich allerdings los, es wird ein anstrengender Tag für mich!“, mit diesen Worten verließ er die Gruppe und der stumme Diener eilte hinter ihm her. Traurig blickte Ina dem Schatzsucher nach, der überlegt hatte, ob er die Lügen des Sekretärs aufdecken sollte oder nicht. Letztendlich hatte er sich jedoch dagegen entschieden. Auch die beiden Gärtner, der Sekretär, die Zofe, der Wächter, die Köchin und der Koch verließen fluchtartig die Halle. Als Jig und Kol auf den Weg zusteuerten, auf dem sie durch den Wald zu dem Torbogen gelangten, wurden sie bereits wieder beschattet, ohne es zu ahnen. Mühsam kämpften sie sich durch die starken Windböen, die über die Insel fegten. Da der Regen auf halben Weg eingesetzt hatte, kamen sie klitschnass am Torbogen an „Hier muss sich etwas befinden, das wir übersehen haben!“, erklärte der Schatzsucher dem Diener durch das Geplätscher des strömenden Regen hindurch. Dieser blickte ihn fragend an „Ich weiß selbst noch nicht was, aber irgendetwas habe ich übersehen. Es muss so sein!“, überlegte er laut und bekam wieder einen seiner Hustenanfälle. Er ahnte, dass sie von dem Gift stammten, das sich in seinem Körper immer weiter ausbreitete. So heftig wie dieser ihn überkam, war allerdings noch keiner gewesen. Als er sich wieder etwas gefangen hatte, musste er auf den Boden spucken. Nicht nur er, sondern auch sein Begleiter, war erschrocken, als sie erkannten, dass es sich bei seinem Sputum um Blut handelte. Dieses tropfte nun auch aus seiner Nase und verteilte sich am Boden „Verdammt!“, fluchte er und beugte sich nach vorne. Besorgt reichte ihm der Diener ein Tuch „Dieser Mistkerl! Es scheint, als meine er es ernst!“, fuhr der Schatzsucher fort: „Falls ich wirklich an diesem Teufelszeug sterben sollte, möchte ich, dass wenigstens einer weiß warum. Aber kein Wort zu Ina, versprochen?“, begann Jig, und als der Diener zögernd nickte, klärte er ihn über seine Situation auf. Das blanke Entsetzen erschien auf dem Gesicht von Kol, er konnte nicht fassen wie dreist der Baron war – obwohl er die sadistische Ader des Inselbesitzers nur zu gut kannte. Nach einem kurzen Moment erholte sich Jig etwas und begab sich an die Arbeit. Die Zeit lief ihm ansonsten davon. Nochmals suchte er die Schatten ab und hielt Ausschau nach einem weiteren Wegweiser, einer versteckten Kammer oder einem geheimen Auslöser für etwas, doch er fand nichts. „Ich kann mich nicht konzentrieren. Dieser Druck in meinem Kopf.“, sagte er und begann zu verzweifeln und zu resignieren, doch dann änderte sich sein Blick und er hauchte: „Diese wunderschönen rehbraunen Augen. Dieses süße Lächeln. Der atemberaubende Duft. Ich darf sie nicht verlieren!“ Es schien, als ob er bei den Gedanken an Ina neue Kraft schöpfte. „Ich habe eine Idee!“, äußerte er mit neuem Mut in der Stimme und bat: „Bring mich am schnellsten Weg zu der Statue des Lebens!“ Der Diener nickte und eilte los. Der Regen nahm immer mehr zu und es war mühsam, vor allem für den geschwächten Jig, der unterwegs mehrere Hustenanfälle bekam. Endlich erreichten sie die Statue und er beugte sich nochmals vor die Eidechse, bei der alles seinen Anfang genommen hatte. Wieder begann er mit seiner Prozedur. Zuerst überblickte er alles, danach strich er mit den Händen über die Statue und suchte nach etwas Verstecktem „Bingo!“, rief er laut auf. Mit aller Gewalt war es ihm gelungen, das Stück Holz, das so dargestellt war, als würde die Eidechse darauf stehen, zu drehen „Das Holzstück ist lose! Ich bin mir sicher, dass dies der Schlüssel ist, den wir benötigen! Aber ich bekomme ihn nicht aus der Statue. Kannst du mit anpacken, Kol?“, meinte Jig aufgebracht. Mit vereinten Kräften gelang es den beiden, langsam und drehend, Stück für Stück, das Holz aus der Statue zu ziehen. Nach einiger Zeit hatten sie es geschafft. Neugierig beugten sich die beiden über das Holzstück und untersuchten es gespannt. Wie sollte ihnen dieser Stock weiterhelfen? „Bingo!“, sprach Jig, als er etwas entdeckt hatte und zeigte es sofort Kol. „Hier ist ein dünner Strich quer im Holz, das kann bedeuten, dass es hier einmal durchtrennt und wieder zusammengesetzt wurde. Das würde auch erklären, warum das Holzstück so leicht ist - es hat einen Hohlraum!“, erklärte der Mann, richtete sich den triefenden Pferdeschwanz und begann das Holz vorsichtig zu öffnen. Er versuchte es auseinander zu ziehen, oder zu drehen, doch es bewegte sich nicht. Eher durch Zufall berührte er mit dem kleinen Finger das „Auge“ eines Astes, das sich nach innen bewegte. „Bingo!“, rief er erfreut und drückte den Ast fest in das Holz, bis das „Ast-Auge“ im Loch verschwand und die Bruchstelle von selbst auseinander fiel. In der Mitte des Holzstücks war ein Hohlraum, aus der nun eine lange, dünne Eisenstange fiel. Es gab an ihr etwas Besonderes, das den beiden sofort auffiel. Die Eisenstange bestand aus zwei Einzelteilen, die durch die Ringe am jeweiligen Ende miteinander verbunden waren, und an einem Ende einer Stange befand sich eine Art seltsam geformter, kleiner Haken. „Ich hab die Lösung! So ist das also gedacht! Aber es gibt auch ein zweites Loch, also muss es auch einen zweiten Hacken geben. Und ich weiß auch schon, wo wir den finden werden.“, dachte Jig wieder laut und fügte schmunzelnd hinzu: „Aber heute ist es nicht so schlimm, da wir ohnehin schon total durchnässt sind.“ Er machte sich auf den Weg und Kol ahnte bereits, wohin er ihn führen würde. Wenig später gelangten sie zu dem See. „Ich weiß nicht, ob ich es alleine schaffe, das Holz aus der Statue zu ziehen, aber ich probiere es einmal. Sonst musst du mitkommen und mir helfen!“, erklärte Jig seinen Plan, doch Kol wehrte sofort mit den Händen ab „Aber warum nicht? Ich brauche vielleicht deine Hilfe! Du kannst mich nicht hängen lassen, du weißt, dass mein Leben auf dem Spiel steht!“, verstand der Schatzsucher nicht. Doch als ihm der stumme Mann mit den Händen erklärte, dass er nicht schwimmen konnte, nickte Jig enttäuscht „So hoffe ich, dass ich es alleine schaffe!“, seufzte er und begab sich ins Wasser und suchte den Einstieg in den Schacht. Es dauerte nicht lange und er wurde vom Wasser verschluckt. Die Zeit verging und von ihm war keine Spur zu erkennen. Der Diener machte sich große Sorgen - hätte er ihn doch nicht alleine losziehen lassen sollen? Hatte er vielleicht einen Hustenanfall unter Wasser bekommen und ist ertrunken? Diese Sorgen waren an seinem Gesicht abzulesen. Als er sich ängstlich umblickte, erkannte er zwei Schatten durch den Regen streifen und auf ihn zukommen. Es handelte sich um die beiden Gärtner, die schon wieder heftig aneinander geraten waren. Der Diener schien zu überlegen, ob er ihnen alles berichten sollte, damit sie ihm zu Hilfe kamen, entschied sich jedoch dagegen. Dafür sprachen ihn die beiden an: „Hast du jemanden auf der Insel umherschleichen sehen?“ Er blickte die beiden verständnislos an. „Du Hirni, du musst schon erzählen, was sich ereignet hat! Sonst kann er sich nicht auskennen.“, fuhr Zun Sen an. „Lass mich doch erst einmal ausreden!“, beschwerte sich Sen und sprach erklärend weiter: „Toi war unten in der Bucht und hat die Boote kontrolliert. Dabei hat er bemerkt, dass sich am Steg ein Fischerboot befindet, das eigentlich nicht hierher gehört. Als er dies dem Baron berichtete, ist dieser ausgerastet. Angeblich hat er eine Information bekommen, dass sich ein königlicher Inspektor in nächster Zeit auf die Insel schleichen und hier herumschnüffeln sollte. Der Baron vermutet nun, dass der Schnüffler mit dem Boot gekommen ist. Er müsste sich allerdings schon seit gestern Abend hier befinden, also bevor der Sturm eingesetzt hat. Deshalb sollen wir die Insel absuchen.“
Der Tod ist nahe
Zun wurde allmählich ungeduldig und beklagte sich bei Sen, dem anderen Gärtner: „Nur weil du dich wieder bei Rea aufgedrängt hast, muss ich nun durch den Regen stapfen und irgendjemanden suchen, von dem wir nicht einmal wissen, ob er sich auf der Insel befindet.“ „Was heißt hier aufgedrängt?“, antwortete Sen, schüttelte den Kopf und berichtigte ihn: „Die Zofe hat mich gefragt, ob wir nicht die Insel durchforsten und nach dem Unbekannten Ausschau halten könnten.“ „Ja! Und du musstest natürlich sofort zusagen!“, warf Zun ihm vor „Was hätt ich denn sagen sollen?!“, antwortete der Gärtner verärgert, doch da mischte sich der stumme Diener ein und deutete aufgeregt in eine Richtung. Als die beiden ihre Blicke wendeten, bemerkten sie, dass er auf einen der Büsche vor dem Dickicht zeigte „Hast du etwas entdeckt?“, meinte Zun „Hast du dort jemanden gesehen?“, hakte Sen nach und Kol nickte heftig bejahend. Ein Blick der Gärtner genügte und sie waren wieder ein Herz und eine Seele. Vergessen war der Streit und alle Vorwürfe. Angespannt schritten die drei Männer auf die Stelle zu, auf die sie alle starrten. Plötzlich bewegte sich das Gestrüpp heftig hin und her „Da ist jemand!“, rief Sen und legte einen Zahn zu. „Er will flüchten!“, brüllte Zun und wurde ebenfalls schneller. Die Person im Gebüsch begann nun zu flüchten „Los schneidet ihm den Weg ab!“, befahl Sen und die drei teilten sich auf. Alle nahmen nun die Verfolgung auf. Der Unbekannte war jedoch sehr flink. Sie hatten ihn nicht einmal richtig zu Gesicht bekommen. Mit einem gewaltigen Sprung war er über ein hohes Gebüsch gehechtet und sprintete nun zwischen den Bäumen weg. Der Regen prasselte wieder dichter und in größeren Tropfen vom Himmel und erschwerte die Verfolgungsjagd „Bleib stehen!“, schrie Sen ihm hinterher. Der Flüchtige dachte aber nicht daran, sondern schlug einen Haken und erhöhte das Tempo „Zun, er kommt in deine Richtung!“, warnte er seinen Kollegen „Ich sehe ihn!“, brüllte dieser. Er versucht noch schneller zu werden. Dennoch kam er nicht näher. Der Verfolgte konnte ebenfalls zulegen. Zun wusste, dass er nicht lange mit diesem Tempo mithalten konnte, deshalb probierte er noch mehr Geschwindigkeit aufzunehmen. Um nicht auf dem feuchten Boden auszugleiten, versuchte er nicht auf die glitschigen Wurzeln der Bäume aufzutreten und sprang über kleinere Büsche, um nicht an deren Äste hängen zu bleiben. Erleichtert bemerkte er, dass nun Sen hinter einem Busch auftauchte und nicht mehr weit von dem Verfolgten entfernt war. Dieser schlug einen Haken in die andere Richtung, um den Abstand zwischen Zun und sich zu erweitern „Du hast keine Chance! Wir sind auf einer Insel und du kannst nicht fliehen!“, brüllte Zun mit der letzten Luft in seiner Lunge und hoffte, dass der Unbekannte aufgab. Doch dieser schien nicht daran zu denken. Wie ein Pfeil schoss er zwischen den engen aneinander stehenden Baumstämmen durch und sprang über jedes Hindernis. Röchelnd beobachtete Zun, wie Sen sich immer näher an den Flüchtigen kämpfte. Doch auch dessen Kräfte schienen zu schwinden. Als der vermeintliche „Inspektor“ wieder an Abstand gewann, setzte Sen alles auf eine Karte. Er erkannte, dass der Vordermann auf einen großen, dornenbestückten Strauch zulief und auf seine Seite ausweichen musste. Deshalb holt er nochmals alles aus seinem Körper und erhöhte das Tempo. Im richtigen Moment, als der Mann vor ihm in seine Richtung ausweichen musste, sprang er kräftig weg und segelte mit ausgestreckten Händen durch die Luft. Mit verbittertem Gesichtsausruck streckte er sich soweit wie möglich nach vorne. Er wollte den Verfolgten zu Boden reißen, doch würde er ihn erwischen? Nur mit den Fingerspitzen bekam er die Kleidung zu fassen und versuchte sie krampfhaft festzuhalten, doch der klitschnasse Stoff glitt ihm durch die Finger. Dennoch kam der Flüchtende etwas ins Straucheln, fing sich jedoch nach wenigen Schritten wieder und eilte weiter, während der Gärtner mit dem Bauch in einer Pfütze landete und über den Waldboden schlidderte. Durch die Geschwindigkeit versuchte er vergebens mit den Händen zum Stillstand zu kommen und knallte heftig gegen einen der Baumstämme. Schmerzverzehrt blieb er liegen und beobachtete, dass seine Bemühungen kleine Früchte trugen. Der Unbekannte musste sein Tempo verringern um einen Sturz abzufangen. So konnte Sen rasch aufholen. Zudem erkannten nun alle, dass auch der „königliche Inspektor“ mit der Luft zu kämpfen hatte und langsamer wurde. Sen war nun fast auf gleicher Höhe, jedoch mehrere Schritte neben dem Mann. Der Diener kämpfte sich ebenfalls durch den von Sträuchern und Bäumen dicht bewachsenen Wald und eilte in die Richtung, aus der er die Stimmen seiner Kollegen wahrgenommen hatte. Immer wieder ritzten sich die kleinen Äste der Büsche und Bäume in seine Hände, die er schützend vor das Gesicht hielt. Nun war der Flüchtige vor ihm aufgetaucht. Er war schon leicht außer Atem, doch er bemerkte, dass auch dem Mann vor ihm die Puste ausging. Da erhöhte er sein Tempo. Seine Beine rannten so schnell sie konnten und der Vorsprung wurde immer geringer. Auf der anderen Seite erkannte er Sen. Sie hatten den Unbekannten gleich in die Zange genommen. Bald würden sie ihn erwischen. Mittlerweile war auch der Schatzsucher aus dem Wasser aufgetaucht. Wie er sich richtig erinnert hatte, war auch in der Statue unter Wasser ein Holzscheit mitverarbeitet worden. Auch hier musste er seine gesamte Kraft einsetzen, um es aus der Verankerung zu bekommen, deshalb dauerte es etwas länger, doch schließlich war es ihm gelungen. Stolz drückte er das „Auge“ des Astes in das Innere des Holzes und es brach wie erwartend auseinander. Wie er sich schon dachte, kam auch hier eine ähnliche bewegliche Eisenstange zum Vorschein. Erst jetzt bemerkte er, dass sich der Diener nicht mehr hier befand. Verwundert blickte er sich suchend um. Er zuckte ratlos mit den Schultern und da er keine Zeit verlieren wollte, eilte er weiter. Jig wollte nun endlich wissen, ob er den lebensrettenden Schatz gefunden hatte. Ungefähr zur gleichen Zeit ereignete sich folgendes im Anwesen: Ina und Eln waren in der Prunkhalle und tischten für das Mittagessen auf, da der betrunkene Diener noch immer unauffindbar war und dies eigentlich seine Abreit gewesen wäre, übernahmen sie diese Aufgabe. Plötzlich gellte wieder dieses laute Geräusch durch das Schloss. Die beiden Frauen sahen sich erschrocken an. „Was war das?“, sprachen sie wie aus einem Munde. Gänsehaut überzog ihre Körper und ängstlich blickten sie sich um. Rea hatte recht, auch sie erinnerte der Laut an Kinderstimmen, die einen unheimlichen Reim trällerten. Argwöhnisch drehten sie sich in der Halle um, doch die Stimmen kamen von außen. Als die Bilder von der Schrift an der Wand und der toten Katze, wieder in ihr Bewusstsein drangen, eilten sie prompt aus dem Raum. Im Gang trafen sie auf Toi, der den gespenstischen Gesang ebenfalls wahrgenommen hatte. Plötzlich kehrte Stille ein. Der Gesang endete wie abgeschnitten „Habt ihr gehört, woher der Klang kam? Es erinnert mich irgendwie an Stimmen, doch ich bin mir nicht sicher, ob es nicht doch etwas anderes ist?“, wollte der Wächter erfahren und versuchte die Angst so gut es ging zu überspielen. Nun trafen auch Nid, der Stallbursche und Yui, der Koch ein „Ich glaube, da drinnen tut sich etwas!“, vermutete Eln mit ängstlicher Stimme und deutete auf die Halle. Wieder waren diese seltsamen Geräusche zu hören, die wie Kinderstimmen klangen „Ich weiß nicht, aber es hört sich nicht so an, als kämen das von Menschen!“, vermutete Nid und verursachte mit seiner Aussage noch mehr Gänsehaut „Ein Geist!?“, hauchte der Stallbursche fragend. Da fiel in der Prunkhalle etwas scheppernd und krachend zu Boden. Alle schrien laut auf. Völlig erstarrt von dem Schrecken wagte keiner den ersten Schritt zu tun. Als die Neugier von Toi dann doch zu groß wurde, schritt er langsam auf die Tür zu. Da trauten sich auch die anderen näher. Mit zittrigen Händen griff Yui auf die Türschnalle und bewegte sie langsam nach unten. Als er die Türe öffnete, rechnete er mit dem Schlimmsten. Auch die Köpfe dahinter regten sich über seine Schultern und riskierten einen Blick. Kol, der stumme Diener, war so nahe hinter dem mutmaßlichen königlichen Inspektor, dass er den Arm nach ihm ausstrecken wollte, doch dann geschah etwas, mit dem keiner gerechnet hatte. Der Verfolgte hob seine Hände, griff nach einem herabhängenden Ast, hielt sich fest und streckte seine Beine vor sich aus. Der Ast schwang um den dicken Baumstamm und der Mann wurde mit voller Wucht darum geschleudert. Kol wollte noch ausweichen, doch schaffte es nichtmehr. Die Füße des Verfolgten trafen ihn heftig in der Brust. Der Diener wurde zurückgeschleudert und blieb regungslos am Boden liegen. Auch der Flüchtige kam dadurch zum Sturz, kämpfte sich jedoch wieder hoch, achtete nicht auf seine Schmerzen und versuchte wieder Geschwindigkeit aufzunehmen. Sein Bein, mit dem er Kol getroffen hatte, gab dabei nach und er konnte nur noch humpelnd die Flucht ergreifen. Weit kam er allerdings nicht. Während Kol langsam wieder zu sich kam und sich auf den Kopf griff, um zu überprüfen, ob noch alles dran war, erkannte er, wie ein dicker Ast vor dem Unbekannten in die Höhe schnellte und ihn zu Boden riss „Du denkst wohl, du kannst mich in meinem Wald austricksen, was!?! Aber da musst du früher aufstehen!“, wütete Sen. Er hielt den Ast triumphierend in die Höhe, mit dem er den Flüchtigen überwältigt hatte. Zun hatte sich zu ihnen gekämpft und half dem Diener auf die Beine. Neugierig schritten die beiden Männer näher und musterten den bewusstlosen Mann, der wehrlos zu ihren Füßen lag „So habe ich mir einen königlichen Inspektor nicht vorgestellt!“, meinte Zun. Der Mann hatte langes, verfilztes, fettiges, schwarzes Haar. Seine Kleidung war lumpig und abgewetzt, die Haut dreckig und aufgeschürft und seine Hände von der Arbeit wund. Zudem wirkte er sehr abgemagert „Vielleicht ist das auch alles nur Tarnung?“, meinte Sen achselzuckend „Auf jeden Fall ist er davon gelaufen, das bedeutet, er hat Dreck am Stecken!“, überlegte Zun laut. „Am Besten ist, wir bringen Ihn zum Baron, er soll alles Weitere entscheiden.“ Erschrocken – da er den Schatzsucher vergessen hatte - drehte nun Kol ab und hetzte zum See. Doch als er dort erleichtert die Reste des Holzes auf den Boden fand, erfasste er die Situation sofort richtig und begab sich zum Torbogen. In der Halle war die Angst zu spüren. Auf der Wand war erneut eine Botschaft. „Der Tod ist nahe!“, las Ina laut vor. Es handelte sich eindeutig um dieselbe Schrift, Farbe und Konsistenz wie am Vorabend „Aber das gibt es nicht, bis eben stand nichts an der Wand, da bin ich mir absolut sicher!“, schwor Ina mit bebender Stimme „Das kann ich bezeugen!“, stimmte Eln zu und auch ihre Stimme zitterte vor Furcht „Was ist hier los!“, erschreckte die laute, autoritäre Stimme der Zofe die Anwesenden. Erschrocken, da ihr eindringen in den Raum niemand bemerkt hatte, drehten sie sich zuerst zu ihr um und anschließend wieder zur Wand, um die Botschaft zu sehen. Als sie die Blicke der anderen bemerkte, richtete auch sie ihre Augen auf die Schrift und erschrak. Ein kalter Lufthauch fegte durch den Raum und erhöhte die furchterregende Stimmung ins Unerträgliche. Während der Wind noch kräftiger wehte, ertönte dieser schaurige Singsang von neuem und gellte unheimlich durch die Halle. Verängstig blickten sich alle um, doch es war nichts und niemand zu erkennen. Keiner sprach darüber, doch alle befürchteten, dass bald wieder Blut fließen würde und sie sollten recht behalten.“
Der eiförmige Gegenstand
Der Schatzsucher wusste zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem Geschehen in dem Palais: Eine weitere Botschaft war wie aus dem Nichts erschien. Jedoch erfuhr Jig von dem mutmaßlichen königlichen Inspektor, den die beiden Gärtner mit Hilfe von Kol kurz zuvor geschnappt hatten. Der stumme Diener ‚berichtete‘ ihm mit Händen und Füßen davon „Interessant!“, murmelte Jig und schien kurz zu überlegen. Danach begab er sich wieder an seinen Versuch. Er hatte eine der beiden Eisenstangen so in eines der Löcher des Torbogens eingeführt, dass der vordere, spitze Teil des Hakens nach unten zeigte. Langsam schob er das Gestänge immer weiter und weiter in das Loch und die Spitze schabte laut auf dem steinigen Untergrund. Plötzlich fiel der vordere Teil ein wenig nach unten und das schabende Geräusch verstummte. Als die Eisenstange soweit in das Loch geschoben war, dass das Ende an der Marmorplatte anstand, hörten die beiden ein leises „Klick“ und Jig spürte, wie der vordere bewegliche Teil nach unten sauste. „Bingo!“, murmelte Jig und erklärte: „Wie ich es mir gedacht hatte. Der Torbogen ist an dieser Stelle hohl und der vordere Teil der Eisenstange ist nun nach unten gefallen. Ich vermute, dass der Haken in ein Loch eingehakt werden muss und so kann man etwas beiseiteschieben oder in der Art. Aber es klappt nur, wenn man den richtigen Dreh erwischt. Ich muss deshalb lange genug probieren, bis sich der Haken fest in dem vorgesehen Loch verhakt, aber wie es aussieht, habe ich es bereits mit der ersten Stange geschafft. Nun müssen wir nur darauf achten, dass sich der Haken nicht wieder löst. Am besten wäre, wenn er ein wenig unter Druck stehen würde und diese Aufgabe würde ich bitte dir übergeben!“ Mit einem zufriedenen Lächeln, über die Tatsache sich nützlich machen zu können, übernahm der Diener gern diese Obliegenheit. Währenddessen versuchte Jig sein Glück mit der nächsten Stange. Wieder führte er sie vorsichtig in das Loch und spürte erneut den Ruck, als der vordere Teil nach unten gefallen war. Dieses Mal dauerte es länger, bis er das Gefühl bekam, dass der Haken im Loch steckte. Nun sahen die beiden Teile wie überdimensionierte Schlüssel aus, die in dem dafür vorgesehenem Schlüsselloch steckten. Es blieb nur noch die Frage, in welche Richtung man die Schlüssel drehen musste, um den Mechanismus zu öffnen „Ist dein Haken noch drinnen?“, erkundigte sich der Schatzsucher und Kol nickte bejahend „Sehr gut, so probieren wir die noch hervorstehende Stange gleichzeitig nach rechts zu drehen.“, erklärte er und gab ein Zeichen. Beide setzten ihre ganze Kraft ein und versuchten, ohne den Haken aus dem Loch zu ziehen, ihn auf eine Seite zu drehen, doch er gab nicht nach „Mist! Schaffen wir es nicht, da wir zu schwach sind? Vieleicht ist der Mechanismus etwa veraltet und eingerostet? Oder haben wir den falschen Dreh?“, überlegte Jig laut „Nun mal die andere Seite!“, bat er den Diener und gab wieder ein Zeichen mit dem Kopf. Beide sammelten ihre ganzen Kräfte, doch es änderte nichts. Sie versuchten es so lange, bis ihre Köpfe rot anliefen und ihre Kraft sich dem Ende neigte - ohne Erfolg. Dem Schatz so nahe und doch nicht erreichbar! „Auch das scheint nicht zu fruchten. Es liegt also doch am Mechanismus.“, seufzte Jig enttäuscht und bat nach einiger Zeit: „Probieren wir es nochmal!“ Doch auch dieser Versuch scheiterte und ein weiterer Hustenanfall quälte Jig. Seine ganze aufkeimende Hoffnung war wie vom Winde verweht. Enttäuscht und mit der Kraft am Ende, deutete der Diener, dass ihm wegen seiner nassen Klamotten langsam kalt wurde und dass er Hunger bekam. Auch der Schatzsucher schien die Kälte langsam zu spüren. Seine Kleidung war vom Tauchgang total durchnässt und sein Magen rebellierte ebenfalls. Als sie sich auf den Weg begaben, hielt Jig plötzlich inne und rief: „Ich Hornochse! Las uns noch schnell etwas ausprobieren! Wenn ich das jetzt nicht versuche, vergeht mir der Appetit.“ Da er den Trick mit dem Haken durchschaut hatte und schon etwas Übung besaß, gelangte es ihm schnell die Schlüssel wieder in die vorgesehene Öffnung zu manövrieren. Anschließend bat er seinen treuen Begleiter: „Du drehst nach links und ich nach rechts!“, und gab mit dem Kopf ein Zeichen, dass sie den Versuch starten konnten. Ohne große Anstrengung schafften sie es, die Eisenstangen zu drehen. Immer weiter und weiter ließen sie sich wenden. Beiden fielen fast die Augen aus dem Kopf, als sie erkannten, dass sich langsam ein kleiner Marmorstein aus der Wand schob. Nun waren sie dem Schatz nahe! Gespannt, was auf sie wartete, beobachteten sie nervös und voller Vorfreude das weitere Geschehen „Weiterdrehen!“, befahl Jig aufgebracht, als er bemerkte, dass Kol vor Staunen langsamer wurde. Sie drehten so lange, bis die „Schlüssel“ sich nicht mehr bewegen ließen. Der Stein aus Marmor war eine halbe Armlänge aus der Mauer gerutscht. Der Schatzsucher blickte zu Kol und musste grinsen. Auf seinem Gesicht spiegelte sich die Frage: ‚Was nun?‘ „Nun bergen wir den Schatz!“, sprach Jig erfreut und musterte mit zusammengekniffenen Augen den Stein neugierig „Bingo!“, jubelte er, als er bemerkte, dass die Oberfläche nur eine dünne Platte war. Vorsichtig hob er sie an. Darunter kam ein Hohlraum zum Vorschein, in dem etwas funkelte, als ob sich tausende Sterne darin befinden würden. Bei genauerer Betrachtung erkannte Jig, dass es sich um einen eiförmigen Gegenstand handelte, der mit kostbaren Steinen geschmückt war „Ist das der Schatz?“, fragte sich der Schatzsucher verwundert und begutachtete sein Fundstück noch genauer „Es scheint sehr wertvoll zu sein, aber dieser ganze Aufwand für dieses Schmuckstück lohnt sich nicht im Geringsten! Was hat das also zu bedeuten?“, setzte der Mann seine Skepsis nachdenklich fort. Als er das Ei anhob, erkannte er darunter eine Schrift im Marmor eingeprägt: Schnell, brich auf zu ihnen und nimm die beiden in deine Hände ‚Was sollte das schon wieder heißen?‘, wunderte sich Jig. Verwundert blickte er auf das Ei in seiner Hand und wendete es geistesabwesend immer wieder, während er seinen „nachdenklichen Blick“ bekam und in Gedanken leise vor sich hin murmelte: „Ist das der Schatz? Es könnte schon sein. Schließlich hieß es in dem Reim, ein Storch kam in der Nacht und hat ein Ei gebracht, oder so ähnlich. Das könnte doch bedeuten, dass das Ei der Schatz ist. Aber ich glaub es einfach nicht, da steckt noch mehr dahinter! Dennoch könnte ich es dem Baron als Schatz verkaufen. Damit würde ich mein Leben erstmals retten!“, und als er wieder zu sich kam, erkannte er, dass der Diener ihn anstarrte „Du darfst keinem verraten was ich eben von mir gab. Wenn der Baron das hört, könnte es mich mein Leben kosten!“, schärfte er dem Diener ein. Dieser nickte und deutete, dass er sich auf ihn verlassen konnte. Hastig steckte er den Fund unter seine Kleidung und sie brachen rasch auf. Wenig später befanden sie sich vor dem Eingangstor des Palais. Ina kam ihnen entgegen. Sie wirkte in sich gekehrt, nachdenklich und unschlüssig, mit sich selbst im Gedanken kämpfend, ohne sich entscheiden zu können. Besorgt erkundigte sie sich bei Jig nach seinem Befinden. Der stumme Diener verstand und deutete an, sich umzuziehen, während sich die beiden schnell austauschten. Nachdem Jig von der neuen Botschaft erfahren hatte, wollte Ina wissen: „Du hast letztes Mal gesagt, niemand hat den Baron gesehen, das kann also nur eines bedeuten. Was meintest du damit?“ „Nun, wenn niemand weiß, wer der Baron ist, da ihn noch keiner zu Gesicht bekommen hat, kann das nur bedeuten, dass der Baron einer von euch ist!“, ließ Jig die Bombe platzen und fügte hinzu: „Aber das darf keiner erfahren, sonst verhält sich der Baron mir gegenüber vorsichtig und ich erfahre nie, wer er ist!“ Die Tatsache mit dem Gift verschwieg er jedoch. Dafür nahm er Inas Hand und schritt mit ihr in das Innere des Palais „Wo führst du mich hin?“, fragte sie lächelnd und er lächelte zurück und konnte seine Augen fast nicht von ihr lassen. „Komm einfach mit!“, sprach er und Hand in Hand schritten sie über eine Wendeltreppe nach oben, bis sie die Kuppel mit den Kerzen erreichten „Was machen wir hier?“, wollte Ina erfahren und begann erneut über das ganze Gesicht zu strahlen „Ich weiß nicht, ich wollte einfach mit dir alleine sein.“, antwortete er, zog seine Jacke aus in der das Ei versteckt war und legte beides unbemerkt auf die andere Seite des Raumes. Das Hausmädchen starrte auf seine stählerne Brust, auf der seine nasse Kleidung klebte, während er sich Ina langsam näherte. Sein Blick hatte sich schon seit längerem in ihrem Ausschnitt verloren. Nun trafen sich ihre Augen. Beide spürten die Erregung in sich aufsteigen. Lag es an der Atmosphäre der Kuppel, oder an dem romantischen Kerzenlicht. Sie wusste es nicht. Es kam einfach über sie, ohne dass sie etwas dagegen unternehmen konnten. Er schritt auf Ina zu, während sie ihr Herz im Hals schlagen spürte. Er nahm sie in die Arme und flüsterte ihr ins Ohr: „Du bist so wunderhübsch!“ Vertraut standen sich die beiden gegenüber und blickten sich in die Augen bevor sie sich innig küssten. Mit leicht zitternden Fingern ergriff sie seine feuchte Kleidung und zog sie über seinen Kopf und flüsterte: „Du wirst dich noch sonst noch mehr erkälten!“ Er beugte sich erneut vor, küsste sie sanft auf die Lippen und befreite die junge Dame aus ihrer Weste. Ihre beiden Körper schmiegten sich eng aneinander. Seine Hände glitten unter ihre Kleidung und berührten ihre warme, geschmeidige Hüfte. Langsam strichen seine Finger über ihre weiche, glatte Haut nach oben. Ihre Küsse wurden erregender, während sie mit ihren Zähnen zärtlich an seiner Lippe knabberte. Liebevoll begannen sich ihre Zungen zu streicheln und zu massieren. Während seine Lust stieg, streifte seine Hand weiter über ihren Körper, dem schmalen, festen Bauch, vorbei am Bauchnabel und weiter empor. Er spürte die Gänsehaut, die sich vor Erregung über ihrem Körper ausbreitete. Mit der anderen Hand glitt er unter ihren Rock und berührte ihr nacktes Gesäß. Er presste ihren Körper gegen seinen. Mit den Fingerspitzen berührte er nun die untere Hälfte ihrer Brüste. Sie waren weich und fest. Mit seinem Mund streifte er über ihre sanften Wangen und den Hals entlang. Ein heftiges Stöhnen drang aus ihrem Mund. Sie zog sich an ihm hoch, schwang ihre Beine um seine Hüfte und drückte ihn noch enger an sich. Seine Finger erklommen langsam ihre ganze Brust, während sich von ihrer Bluse die ersten Knöpfe verabschiedeten, bis alle verstreut am Boden lagen. Das Verlangen nacheinander wurde noch heftiger. Ihr Atem beschleunigte sich und eine angenehme Wärme breitete sich in ihr aus. Er massierte ihre Brüste und begann ihre Nippel zu streicheln, als ein erneutes Stöhnen aus ihrem Mund drang. Langsam kniete sich Jig nieder, legte Ina auf dem Teppichboden und schmiegte sich eng an sie. Sanft berührten seine Lippen ihren Nippel, während sich seine Hand nach unten bewegte. Zärtlich strich er über den Bauch und entlang des Oberschenkels, bis er das Ende ihres Rocks erreichte. Seine Fingerspitzen streiften unter ihren Stoff und schoben diesen ganz langsam nach oben. Abermals stöhnte sie auf und ihre Finger krallten sich fest in seine harten Bauchmuskeln, während die andere Hand über seinen Rücken kratzte und auf seinem Hintern verweilte
Ina stand bei der Glaskuppel und blickte auf die wunderschöne Insel, die sich unter ihr erstreckte. Jig stand hinter ihr und drückte sie fest an sich. Schmachtend hauchte er ihr ins Ohr: „So glücklich war ich schon seit Jahren nicht mehr!“, und gab ihr einen Kuss auf die Wange „Ich hab nochmals über das nachgedacht, was du zu mir gesagt hast: Dass der Baron einer von uns ist! Das muss nicht unbedingt sein. Ich weiß, dass der Inselbesitzer ein sehr vorsichtiger Mensch ist. Er hat sich viele Feinde gemacht und hätte das beinahe mit seinem Leben bezahlt. Ich habe gehört, dass es bereits zwei Attentate auf ihn gab, die er nur durch glückliche Umstände überlebt hat. Deshalb hat er sich hierher zurückgezogen und ist sehr auf seine Sicherheit bedacht. Aus diesem Grund denke ich, dass er deshalb nicht will, dass ihn jemand sieht oder weiß, wo er sich im Palais versteckt.“ „Vielleicht hast du recht!“, gab er zurück. Doch die Zweifel in seiner Stimme waren deutlich zu hören. Er war davon überzeugt, dass einer von ihnen der Baron ist. Fieberhaft überlegt er, wer es sein könnte. Das Hausmädchen lächelte den nachdenklichen Mann an und gab ihm einen Kuss. „Denk nicht soviel nach! Sobald du gefunden hast, was der Baron wünscht, wird alles gut!“, sprach sie und fügte traurig hinzu: „Ich muss leider los, sonst bemerken die anderen noch etwas. Warte noch, bis du nachkommst! Sehen wir uns später?“ „Na klar! Ich weiß ohnehin nicht, wie ich es ohne dich aushalten soll.“, und blickte ihr nach. Wenig später begab er sich in einen kleinen Nebenraum vor der Prunkhalle und nahm etwas Nahrhaftes zu sich. Das faustgroße Ei ließ der Schatzsucher dabei nicht aus den Augen. Es war wunderschön und mit vielen kleineren und größeren Edelsteinen besetzt, die alle in verschiedenen Abständen eingesetzt worden waren. Er drehte das Schmuckstück hin und her und betrachtete es neugierig von allen Seiten. Jig hoffte eine weitere Spur zu finden, aber er entdeckte keinen weiteren Hinweis. Der Schatzsucher wollte nach dem Essen ein Gespräch mit dem Baron führen. Doch würde er ihn hinter das Licht führen können? Seine Gedanken kreisten an die Menschen, die sich auf der Insel aufhielten: „Einer von euch ist der Baron, aber wer?“, und wusste keine Antwort darauf. Hastig schossen Zun und Sen an der Türe vorbei und stritten heftig. Aus dem Gebrüll erfuhr er, dass sie - auf Wunsch des Barons - den geheimnisvollen Unbekannten aus dem Kerker holen und in die schwarzweiß karierte Halle bringen mussten. Offensichtlich wollte sich der Inselbesitzer mit dem angeblichen königlichen Inspektor, der jedoch angab, ein Fischer aus dem Dorf zu sein, unterhalten. Diese Gelegenheit wollte sich der Schatzsucher nicht entgehen lassen. Er versteckte das Ei unter seiner Kleidung und wartete, bis sich die beiden Gärtner mit dem Gefangenen in der Halle befanden. Bedacht schlich Jig näher zu der Tür der Halle und öffnete sie leise. So hoffte er, mehr über den Baron zu erfahren. Was er hörte, war sehr interessant
Der Fischer
Die hohe, kreischende Stimme des Barons erklang in der Halle: „Wie ich hörte, haben Sie meine Männer beim Spionieren auf der Insel erwischt. Allerdings habe ich Sie ohnehin schon erwartet. Ich habe einen Tipp bekommen, dass sich ein königlicher Inspektor auf meiner Insel einschleichen wird und hier ausforschen will, was vor sich geht. Aber ich kann Ihnen versichern, dass hier Recht und Ordnung herrscht.“ „Stopp!“ flehte der erschöpfte Mann, und als der Baron innehielt, versuchte der Gefangene zu erfahren: „Aber warum erzählen Sie mir das alles? Ich habe nichts damit zu tun. Ich bin ein einfacher Fischer aus dem Dorf vor der Küste. Gestern Abend hat mich ein Sturm überrascht und ich kam nicht mehr ans Ufer. Deshalb hab ich mich auf die Insel gerettet. Sonst wäre mein Boot gekentert und ich wäre ertrunken. Mit letzter Kraft hab ich es in die Bucht geschafft. Ich hatte Todesangst!“ Für einen Moment kehrte Ruhe ein, doch dann begann der Baron laut kreischend zu lachen und setzte fort: „Diesen Unsinn soll ich tatsächlich glauben? Warum sind Sie auf der Insel umhergeirrt, haben sich versteckt und sind von meinen Leuten davongerannt?“ Der Fischer schluckte einmal kurz und antwortete mit gebrochener Stimme und gesenktem Kopf: „Ich weiß, dass Unbefugte die Insel nicht betreten dürfen. Deshalb habe ich versucht mich vorerst zu verstecken, um bei der erstbesten Gelegenheit die Insel wieder verlassen zu können. Doch der Sturm hat nicht aufgehört und ins Anwesen zu kommen habe ich mich nicht getraut. Jeder fürchtet sich vor Ihnen und das bestimmt nicht ohne Grund. Das hab ich mir jedenfalls gedacht. Was passiert nun mit mir?“ „Das kann ich Ihnen verraten, Sie mieser Lügner! Solange Sie mir nicht verraten, wer Sie sind, wer Sie geschickt hat und nach was Sie gesucht haben, kommen Sie nicht mehr von der Insel.“, drohte der Baron und es war ihm anzuhören, dass er es ernst meinte „Nein, bitte nicht! Ich sage die Wahrheit! Ich habe vier Kinder und eine Frau. Ich muss arbeiten, sonst verhungern sie! Bitte, ich flehe Sie an, ich muss zurück!“, bettelte der Fischer, kniete sich nieder und blickte flehend nach oben „Schweig!“, brüllte der Baron außer sich. „Ich habe genug von Ihren Lügen! Los, Sen und Zun, sperrt ihn in die Zelle und behaltet ihn im Auge! Der königliche Inspektor kommt erst wieder raus, wenn er uns die Wahrheit gesagt hat! Und zur Not musst ihr ihn hin und wieder, sagen wir … aufmuntern!“, befahl der Baron und sein schauriges Lachen hallte durch die Halle. Schnell schloss Jig die Tür und wartete, bis die beiden Gärtner den Gefangenen aus dem Raum gestoßen hatten. Der Gefangene flehte um Gnade, während sie ihn durch den Gang zerrten. Nun kam Toi, der Wächter, hinzu und die beiden Gärtner übergaben den Gefangenen und die Befehle des Barons an ihn weiter und zogen sich zurück. Von dem Lärm wurde auch Kol angelockt. Er deutete dem Schatzsucher, dass er wieder bereit sei, um an seiner Seite weiter zu suchen. Toi bat den stummen Diener jedoch, dass er ihm mit dem Gefangenen helfen sollte. Jig und Kil begleiteten die beiden und es war ihnen anzusehen, dass sie die übertriebene Härte, die Toi gegenüber dem Mann an den Tag legte, nicht verstanden. Die Zelle befand sich in einem Quergang am hintersten Eck. Es handelte sich um einen kleinen Raum, der kein Fenster besaß. Die Gittertür war aus besonders massiven Eisen. Mit voller Kraft schlug Toi dem Mann in die Magengrube und warf ihn unsanft in die Zelle. „Nicht!“, rief Eln entsetzt, die in diesem Moment dazukam. Doch Toi reagierte nicht auf sie, sondern warf die Tür zu und riet dem Gefangenen: „Ich würde an deiner Stelle schnell mit der Wahrheit herausrücken, sonst wird der Baron richtig ungemütlich.“ „Was soll das!?!“, fuhr die Köchin ihn an, die Mitleid mit dem armen Mann hatte. „Ich muss dringend mit dem Baron sprechen!“, erklärte der Schatzsucher dem Sekretär und wollte erfahren: „Wie nehmt ihr Kontakt mit ihm auf?“ Kil blickte ihn unsicher an, da er nicht verstand, was er von dem Baron wollte. Schließlich antwortete er: „Du musst in die große Halle gehen und an der Glocke ziehen. Du setzt dich zum Tisch und wartest bis der Baron dich anspricht.“ Genauso setzte es der Schatzsucher um und wartete, bis die krächzende Stimme des Barons wieder hörbar wurde: „Ach, Sie sind es! Ich dachte schon, unser königlicher Inspektor hat es sich bereits anders überlegt und packt aus.“ Niemand bemerkte, dass sich die Tür abermals öffnete und jemand das Gespräch belauschte. Jig überlegte kurz und sprach mit bedacht: „Wenn ich mich einmischen darf, so würde ich sagen, dass er kein königlicher Inspektor ist. Seine äußere Erscheinung und sein ganzes Auftreten passen nicht zu einem königlichen Inspektor. Ich denke, er ist tatsächlich nur ein gewöhnlicher Fischer, der zur falschen Zeit am falschen Ort war.“ „Schweigen Sie!“, wurde der Baron aufbrausend: „Wie können Sie es wagen, sich in diese Angelegenheit einzumischen? Aber was sehe ich da? Wirkt das Gift offenbar schneller, als ich annahm? Ein Grund mehr für Sie, sich um Ihre Angelegenheiten zu kümmern. Sonst sieht es schlecht für Sie aus.“ Der Zorn stand dem Schatzsucher ins Gesicht geschrieben, doch er musste sich beherrschen und stimmte schließlich zu: „Sehr geehrter Herr Baron, Sie haben recht, es tut mir leid. Aber ich bin auch nicht hier um über den Fischer zu sprechen. Ich wollte Ihnen mitteilen, dass ich den Schatz gefunden habe.“, und zog das Ei unter seinen Klamotten hervor „Sehr schön, sehr schön! Das haben Sie gut gemacht!“, lobte der Baron „Somit habe ich den Teil meiner Vereinbarung eingehalten. Ich hoffe, Sie stehen auch zu Ihrem Wort und verabreichen mir nun das Gegengift!“, verlangte Jig und bemerkte bei der kurzen Pause, die entstand, dass etwas nicht stimmte. Er wollte sich nichts anmerken lassen. Er verstand jedoch nicht, warum der Baron nicht antwortete. Dabei stieg ein mulmiges Gefühl in ihm auf. Schließlich blickte er sich unsicher um „Tztztz!“, wurde die Stimme des Barons hörbar. „Sie halten sich wohl für überaus schlau, was?“, warf ihm der Baron vor. Der Schatzsucher tat, als würde er nicht verstehen „Sie wollen mich wohl zum Narren halten!?!“, kreischte die wütende Stimme des Barons so laut durch die Halle, dass es in den Ohren schmerzte. In dieser Lautstärke setzte er fort: „Ich habe Sie gewarnt, dass Sie nicht versuchen sollten, mich über den Tisch zu ziehen. Sie denken wohl, ich sei total bescheuert. Aber da haben Sie sich geirrt. Mich täuscht man nicht so einfach. Sie haben selbst geäußert, dass Sie nicht glauben, dass das der Schatz ist und nun wollen Sie mir dieses Ei als solchen verkaufen?!? Sie haben sich mit dem Falschen angelegt. Aber ich bin gnädig und gebe Ihnen noch eine letzte Chance. Wenn Sie nicht bald den Schatz finden, wird es kein Gegengift für Sie geben. Haben Sie verstanden? Und versuchen Sie nicht mich noch einmal zu täuschen! Jetzt gehen Sie mir aus den Augen, bevor ich mich vergesse!“ Wie ein kleines Kind, das man beim Stehlen erwischt hatte, schlich der Schatzsucher mit gesenktem Kopf aus der Halle ‚Woher wusste der Baron nur Bescheid?‘, schien er zu überlegen, während er die Halle verließ. Er benötigte nun Zuspruch und Aufmunterung. Deshalb wollte er sich auf die Suche nach Ina begeben. Als er auf den Gang trat, bemerkte er, dass sich niemand in der Nähe befand ‚Wo sind sie alle?‘, wunderte sich der Schatzsucher. Er spürte die unheimliche Stimmung, die im Palais herrschte, während er durch das Gebäude schlenderte und die anderen suchte. Plötzlich gellte ein lauter Schrei durch den Gang: „Ahhhh! Was ist das?“ Jig drehte sich im Kreis und suchte, woher der Schrei kam. Er wunderte sich, was geschehen sein könnte. Er war sich sicher, dass es sich um eine männliche Stimme gehandelt hatte, aber sie hörte sich weder nach der eines Arbeiters des Barons an, noch nach der des Fischers. Aber wem gehörte sie dann? Befand sich noch jemand hier, von dem sie nichts wussten? Könnte es sich um die Stimme des Barons handeln, wenn diese nicht verzerrt klang? Könnte das bedeuten, dass der Baron sich doch nicht als einer seiner Arbeiter tarnte? Aber er war sich so sicher gewesen! Sofort eilte er in die Richtung, aus der die Stimme zu ihm gedrungen war. Rasch lief er durch den Gang und blieb abrupt stehen. Jig war in eine kleinere Halle gelangt, in der sich niemand aufzuhalten schien. Doch er war sich sicher, dass der Schrei aus diesem Raum gekommen war. Als er seinen Blick hob, erkannte er mit Entsetzen, dass dort auf der Wand eine weitere dieser seltsamen Botschaften prangte. Wieder zierten Sterne, Kreise und Dreiecke die blutrote, krakelige Schrift, die wie von einem kleinen Kind wirkte. „Aber von wem stammte der Schrei?“, fragte er sich selbst leise flüsternd. Er war in seinen Überlegungen so vertieft, dass ihn Kol heftig erschrak, als dieser hinter ihm auftauchte. Gebannt blickte er auf die Botschaft: „Der Tod ist nah!“ Es folgten auch Ina und Rea, die ebenfalls den Schrei gehört hatten. Ihre Blicke richteten sich auch auf die Nachricht. Jig spürte einen neuerlichen Hustenanfall in sich aufsteigen. Deshalb deutete er dem stummen Diener, dass er wieder nach draußen mussten. Kol folgte ihm. Sein Blick wirkte sehr bekümmert. So als ob er von dem Gespräch zwischen Jig und dem Baron bescheid wüsste. Als sie die Vorhalle erreicht hatten, sackte der Schatzsucher zusammen. Daran war nicht nur der Hustenanfall schuld, sondern auch die niederschmetternde Unterhaltung mit dem Baron. Mit tränenden Augen ließ er sich auf die Stufen sinken. Jig wollte offenbar nicht, dass Ina ihn so sah und kämpfte sich deshalb bis hierher, wo sie sich sicher nicht begegneten. Er blieb einen langen Moment regungslos sitzen. Auch der Diener ließ sich neben ihm auf den Boden nieder. Wieder wurden sie beobachtet, ohne es zu bemerken. Blut tropfte aus dem Mundwinkel des Schatzsuchers und Kol reichte ihm ein Tuch. Dankend nahm dieser es an und seufzte, nachdem er sich gesäubert hatte: „Denkst du, dass ich eine Chance habe, die Insel lebend zu verlassen? Oder hat der Baron ohnehin nicht vor, mich wieder gehen zu lassen? Ereilt mich dasselbe Schicksal wie den Fischer? Ich bin davon überzeugt, dass dieser seine Zelle nie wieder verlassen wird.“ Als er den letzten Satz sprach, nickte der Diener zustimmend. Auch er hatte das Gefühl, dass War zum Tode verurteilt war. Egal ob er ein königlicher Inspektor war, oder nicht „Aber eins verspreche ich dir. Wenn ich von dieser Welt gehe, reiß ich auch den Baron mit in den Tod!“, schwor Jig rachsüchtig „Zuvor werde ich jedoch alles versuchen um den Schatz zu finden. Es ist meine einzige Chance zu überleben. Ich gebe die Hoffnung nicht auf, gerade jetzt, wo ich SIE gefunden habe!“, und es war nicht schwer zu erraten, dass er eben an rehbraune Augen dachte. Als er sich nun erhob, strahlte sein ganzer Körper neue Energie aus und sein Gesichtsausdruck bekam wieder diesen Blick. Es hatte den Anschein, als sei ihm eine Idee gekommen! „Bingo!“, murmelte er: „So muss es sein! Deshalb heißt es auch ein Storch, ein Storch, ein Storch und ein Ei, ein Ei, ein Ei! Das ist die Lösung! Wir müssen nochmals zu den Statuen!“ Auch wenn Kol keine Ahnung hatte, was Jig meinte, eilte er ihm hinterher
Schlangen
Welchen Einfall Jig auch immer hatte, er gab ihm neue Hoffnung und Kraft. Mit großen Schritten eilte er durch den Regen in Richtung der Statuen. Dabei murmelte er vor sich hin: „Da stimmt etwas nicht! Woher konnte er das wissen?“, blickte zu Kol und klärte ihn auf: „Der Baron hat mir vorgehalten, dass ich selbst nicht daran geglaubt habe, dass dies der Schatz sei und genau so war es auch. Doch das hab ich nur beim Torbogen erwähnt. Im Anwesen sicher nicht mehr. Also frage ich mich, woher der Baron diese Information hatte?“ Auch Kol dachte darüber nach. Jig blickte ihn erwartungsvoll an, der Diener missverstand jedoch den Blick und dachte, der Schatzsucher verdächtige ihn und hob abwehrend die Hände. Erst nun kam Jig auf die Idee, dass es tatsächlich Kol gewesen sein könnte, da er, als sie ins Palais marschierten, kurz verschwunden war. Aber er traute es dem Diener aus irgendeinem Grund nicht zu und versicherte ihm: „Nein, nein! So habe ich das nicht gemeint!“ Gegenwärtig gelangten sie zu den Statuen mit dem Namen, Paradies auf Erden und Jig überlegte murmelnd: „Es muss etwas geben, das ich übersehen habe! Aber was?“ Gründlich begab er sich wieder auf die Suche. Eine Statue nach der anderen umkreiste er und ließ keine noch so kleine Stelle aus. „Sind die Fische vielleicht doch keine falsche Fährte?“, wunderte er sich und überdachte seine Ansichten nochmals: „Aber mein Gefühl verrät mir, dass es doch so ist. Es müssen noch mindestens zwei weitere Spuren von hier wegführen und ich finde nicht einmal eine. Also, was übersehe ich?“ Abermals begann er die Suche von neuem und klärte Kol endlich auf, der vor Neugier zum Zerspringen angespannt war, wonach er suchte: „In dem Reim heißt es, ein Storch, ein Storch, ein Storch und ein Ei, ein Ei, ein Ei! Das bedeutet, es gibt drei solcher Eier, wie das, das ich bereits gefunden habe. Deshalb muss es auch drei Spuren geben, die von hier wegführen.“ Der Diener konnte es nicht verbergen, wie er Jig für seine eigentlich logische Denkweise - auf die er selbst jedoch nicht gekommen wäre - bewunderte. ‘So einfach und doch so verworren!‘, schien er zu denken. „Das ist ja interessant!“, rief der Schatzsucher und riss Kol aus seinen Gedanken. Der Diener beobachtete den Mann, wie er sich über das Kind beugte und den Korb betrachtete. Er deutete auf die untere Stelle des Korbes und sprach: „Sieh her! Da! Siehst du es?“ Als Kol nicht erkannte, was Jig ihm zeigen wollte, sprach er erklärend: „Unten auf dem Stein, der den Korb darstellt, befinden sich Abbilder von Tieren. Es handelt sich schwarzweiße Schlangen.“ Er hatte einen weiteren Wegweiser gefunden. Vorsichtig kniete er sich auf den schlammigen Boden und untersuchte die Tiere noch sorgfältiger. Letztendlich deutete er nach Osten und hauchte: „Ihre Schwanzspitzen zeigen in diese Richtung. Denk nach, befindet sich auf dieser Linie eine Statue oder ein Gebäude, wo du dir vorstellen kannst, dass dort ein weiterer Hinweis versteck sein könnte?“ Erwartungsvoll blickte nun Jig in das nachdenkliche Gesicht des Dieners, der schließlich zustimmend nickte und mit den Händen etwas zu deuten versuchte. Doch der Schatzsucher verstand es nicht. Deshalb marschierte Kol voran und wollte es ihm zeigen. Nicht nur Jig, sondern noch jemand anders, stapfte Kol in einem größeren Abstand hinterher. Doch dieses Mal war Jig gewarnt und hielt seine Augen offen. Er wollte in Erfahrung bringen, wer der gesandte des Barons ist. Während sie durch den klatschenden Regen marschierten, erkundigte sich Jig: „Von der Kuppel aus habe ich noch weitere Triumphbögen auf der Insel entdeckt. Kann es sein, dass es genau drei von ihnen gibt?“, und die Antwort war wie erwartend ein kräftiges, zustimmendes Nicken des Dieners. Ein triumphierendes Lächeln erschien auf Jigs Gesicht, das sich allerdings rasch in einen Anfall von Husten verwandelte. Kols Schritte wurden schneller und eilten über die steinbedeckten oder kiesgeschotterten Wege, durch Blumenbeete und Wiesen und entlang eines Bachs. Immer wieder blickte sich Jig vorsichtig um und hielt Ausschau nach einem Verfolger. Er spürte ihn jedoch nur! Entdecken konnte er ihn oder sie aber nicht. Durch den Regen wurden Umrisse eines Hauses erkennbar. Diese zogen Jigs Aufmerksamkeit auf sich. Ein heller Blitz brauste auf die Erde herab und erhellte für den Bruchteil eines Momentes die verwitterte Windmühle, die vor ihnen aufgetaucht war, während der Donner den Boden erzittern ließ. Dabei konnte der Schatzsucher das gespenstisch wirkende Gebäude einen kurzen Moment genauer betrachten. Das Windrad war an den Enden abgebrochen und rührte sich trotz heftigen Windes nicht. Auf den Seiten schlängelte sich das Gestrüpp bis fast unter das morsche Dach. Die Verschläge vor den Fenstern hingen schief in den Angeln und klapperten laut, da sie durch die Windböen heftig auf und zu geschlagen wurden. Aufgebracht stupste Kol den Schatzsucher auf die Schulter und deutete auf die Mühle „Ich hab schon verstanden, danke! Es würde mich nicht wundern, wenn wir hier eine weitere Spur finden würden.“, bedankte sich Jig und eilte zu dem Gebäude. Quietschend öffnete er die Tür. Im Inneren war es düster und es roch modrig. Hunderte Spinnenweben zierten den Raum. Sie entfachten die Kerzen, die sie von den Wänden nahmen und begaben sich auf die Suche. Gründlich inspizierten sie den unteren Bereich, fanden jedoch nichts, was ihre Neugier erweckte. Kol zog einen dunkelroten Vorhang - der sich quer über den ganzen Raum erstreckte - auf die Seite und dahinter kam eine steile, schmale Treppe zum Vorschein. Über diese gelangten sie in den oberen Bereich. Dort befand sich das Mühlwerk. Sie sahen auf das Gebälk der Windmühle, lange Verbindungsstangen und wuchtige Zahnräder über sich. Das Herzstück der Mühle war durch einen dicken Balken mit dem Windrad verbunden und konnte dadurch in Bewegung gesetzt werden. Was die beiden Männer jedoch viel mehr interessierte, war die große Schlange, die sich auf dem Verbindungsbalken befand. „So einfach!“, murmelte Jig misstrauisch. Er konnte nicht glauben, dass das Rätsel so leicht zu lösen sei. Dennoch orientierte er sich und überprüfte in welche Himmelsrichtung der Schwanz der Schlange „zeigte“ Hastig eilte Jig auf das nächstgelegene Fenster zu, drückte vorsichtig den Verschlag fest nach außen und beugte sich ein Stück vor. Immer wieder zuckten Blitze über die Insel. Es waren diese kurzen Momente, in denen er etwas erkennen konnte. Doch diese reichten aus für eine neue Feststellung „Bingo!“, murmelte er, da sich sein Verdacht als richtig erwies. Und noch etwas wurde ihm bei dem wunderbaren Blick über die Insel bewusst, doch dem wollte er später nachgehen. Jig wollte sich wieder zurück lassen, als er mitten in der Bewegung ruckartig innehielt. Seine Augen fixierten etwas in der Ferne. Neugierig kam Kol näher und wollte erkennen, was der Schatzsucher sah, das ihn so in dessen Bann zog und plötzlich war auch seine Neugier wie gefesselt. Toi verfluchte sich selbst, während der Regen ihm ins Gesicht klatschte. Wie konnte ihm das nur passieren, fragte er sich immer wieder. Er rannte etwas schneller über einen der Wege, die sich über die ganze Insel erstreckten. Toi hoffte, dass der Baron nichts von seinem Fehler erfuhr. Doch er wusste, wenn Kil von der Sache Wind bekam, würde dieser sofort zum Baron eilen und diesem alles schildern. Vor den Konsequenzen fürchtete sich der Wächter der Insel sehr. Doch noch war es nicht soweit, noch konnte er seinen Fehltritt wieder gut machen. Dafür musste er sich jedoch beeilen und deshalb legte er einen Zahn zu. Auch wenn es bei diesem klatschnassen Boden sehr schwierig war, so hastete er ungestüm über die Insel. Blitze zuckten über den Himmel und erleuchteten die Umgebung. So bekam er sein Ziel immer wieder kurz zu Gesicht. Ein lauter Knall riss den stummen Diener und den Schatzsucher aus ihren Beobachtungen. Was sie erspäht hatten, war sehr aufschlussreich. Doch nun blickten sie sich an, als wäre ihnen vor Schreck das Herz stehengeblieben „Was war das für ein Knall?“, flüsterte der Schatzsucher. Kol zuckte mit den Schultern und deutete mit dem Finger, dass sie sich leise verhalten sollten. Jig nickte zustimmend und gestikulierte mit den Händen, dass sie sich im Schutz der Dunkelheit hinter einer der Säulen verstecken sollten. Nicht nur das laute Aufheulen einer Böe, die heftig durch das Gebäude fegte, verbreitete eine unheimliche Stimmung, sondern vor allem das quietschende Geräusch, das sich anhörte, als würde die Eingangspforte zur Mühle langsam geöffnet werden. Angespannt lauschten Jig und Kol in die einkehrende Stille. Beiden schien dieselbe Frage durch den Kopf zu gehen: „Wie war er nur so schnell hierher gelangt?“ Kol und Jig hatten gebannt aus der Mühle gestarrt und ein Stück von ihnen entfernt beobachtet, wie ein schwarzer Schatten durch die Büsche huschte. Es war ein dunkler Umriss eines großen Mannes zu sehen, doch wegen der düsteren Lichtverhältnisse konnten sie dessen Gesicht nicht erkennen. Sie vermuteten, dass es sich um denjenigen handelte, der sie beobachtet hatte. Doch wie war er so schnell bei der Mühle angelangt? Noch während Jig und Kol sich den Kopf darüber zerbrachen, ertönte ein langgezogener, schauriger, kläglicher Ton, der durch die Mühle hallte. Es war derselbe, angsterfüllende Laut wie im Palais am Vortag. Er klang tatsächlich so, wie Rea ihn beschrieben hatte. Als würden Kinder einen Kinderreim in einer unbekannten Sprache laut und flehend singen. Eiskalt lief den beiden der Schauer über den Rücken. Diese entsetzlichen Ereignisse schienen sich über die ganze Insel des Barons zu erstrecken. Langsam glaubten sie, dass der Spuk auf Scarlett echt war. Wie hätte der Unbekannte sonst so schnell hier sein können? Es musste sich um einen Geist handeln, der nun die Mühle aufsuchte. Was würde geschehen wenn er ihre Anwesenheit bemerkte? Oder war dies bereits geschehen? Panik breitete sich in ihnen aus! Mit angehaltenem Atem spähten sie vorsichtig hinter der Säule hervor und lauschten aufgeregt. Bis auf das Rascheln des Regens, das Pfeifen des Windes und hin und wieder das Grollen eines Donners, blieb es still. Keiner der beiden wagte sich auch nur einen Schritt weiter. Der Spuk legte sich so schnell, wie er begonnen hatte. Dennoch dauerte es, bis Jig den Mut aufbrachte, sich aus der Dunkelheit zu begeben. Dabei schlug er mit dem Fuß gegen ein Hindernis. Schmerzverzerrt blickte er auf den Boden und erkannte einen Hebel, den er unbeabsichtigt betätigt hatte. Wozu diente dieser? Er wusste es nicht! Langsam schlich er auf die Treppe zu, die nach unten führte. Dicht gefolgt von dem stummen Diener. Bei jedem Schritt hielten sie kurz inne, um kein verdächtiges Geräusch zu überhören. Blitze erhellten immer wieder das Innenleben der Mühle. Diese kurzen Momente nutzten sie, um von oben das Untergeschoss in Augenschein zu nehmen, da der Schein ihres Lichtes nicht ausreichte, um etwas erkennen zu können. Doch ihre Bemühungen blieben erfolglos. Jig blickte ängstlich zu Kol, atmete tief durch und nickte ihm angespannt zu. Beide wussten, was nun folgen musste. Auch wenn ihnen angst und bange bei diesem Gedanken wurde. Der Schatzsucher bemerkte, dass er vorausgehen musste. Kol war vor Anspannung wie gelähmt. Mit einem mulmigen Gefühl setzte er seinen Fuß auf die erste Stufe. Ein Blitz erhellte den Himmel und zerriss die Dunkelheit vor ihm, doch es schien, als wäre der Raum leer. Während der Donner verebbte, hörte er eindeutig ein lautes, knarrendes Geräusch von unten, so als ob jemand über den morschen Holzboden schleichen würde. Ein kalter Schauer lief ihm über seine Hände und den Rücken, als er dachte: ‚Wer versteckt sich hier? Ein echter Geist?‘ Er konnte niemanden sehen! Wieder pfiff eine Windböe durch die Räume und brachte das Licht zum Flackern, sodass gespenstische Schatten an den Wänden tanzten. Dabei drang wieder dieser schaurige Kindergesang in ihre Ohren. Ihre Herzen begannen zu rasen und sie blickten sich unentwegt um. Sie konnten aber nichts erkennen, oder doch? Während die Augen des Schatzsuchers konzentriert eine Ecke des Raums fixierten, spürte er plötzlich eine Hand auf seiner Schulter. Erschrocken fuhr er herum und bemerkte, dass es sich um Kol handelte, der offensichtlich dasselbe wie er erblickt hatte. In dem einen Winkel, den sie beide nicht mehr aus den Augen ließen, bewegte sich ein Schatten vor dem Fenster, durch das das trübe Licht von Außen fiel. Mit weichen Knien setzte Jig seinen Weg fort und hob die Kerze, um dessen Schein soweit wie möglich nach vorne zu werfen. Dennoch sah er nicht viel. Er begann heftig zu schwitzen und sein Atem raste. Der Schatten bewegte sich immer von rechts nach links, kam jedoch unsichtbar wieder auf die andere Seite um danach wieder im rasenden Tempo in die andere Ecke zu schweben … wie ein Geist! Der geheimnisvolle Schatten war kaum wahrzunehmen, da er sich nur leicht abhob. Dennoch war Jig davon überzeugt, dass er sich nicht täuschte. Der Schatten bewegte sich so schnell, dass die beiden Männer die Umrisse nicht genau erkennen konnten. Doch sie waren sich sicher, dass das unsichtbare Wesen, dass das geisterhafte Phänomen erzeugte, den Boden nicht berührte. Der dunkle Fleck schwebte in der Luft über die Holzdielen. Ein kalter Schauer nach dem anderen überkam sie, als sich beide sicher waren, dass sie es mit einem echten Geist zu tun hatten! Toi ärgerte sich noch immer über sich selbst. Wie konnte ihm nur so ein Missgeschick unterlaufen? Während er über die nasse Wiese auf ein Wäldchen zulief, bekam er es mit der Angst zu tun. Er hatte das Ziel aus den Augen verloren. Doch weit konnte der Flüchtende noch nicht sein. Toi hatte ihn eben beobachtet, wie er hinter den beiden Tannen verschwunden war. Der Wächter der Insel war bereits pitschnass, als er die Verfolgung durch den Wald aufnahm. Er drückte einige Äste und Sträucher beiseite um ins Unterholz zu gelangen. Wie die Tenakel eines Tintenfisches zuckten mehrere Blitze über den rabenschwarzen Himmel und warfen lange gespenstische Schatten. Geblendet hob er den Arm vor die Augen und lauschte angestrengt in den Wald. Bis auf das Rauschen des Windes, das Plätschern des Regens und den Donner hörte er nichts Verdächtiges. Oder doch … etwas drang an seine Ohren, das ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ! Es kam eindeutig von vorne und so versuchte er zwischen den grellen Blitzen, die immer wieder den Himmel erhellten, etwas zu erkennen, doch es war unmöglich. Zugleich wurde der furchterregende Singsang erneut hörbar. Von seinem Ziel fehlte ihm nun jede Spur
Die Rache der Kinder
Kol starrte wie gebannt auf den unheimlichen Schatten, der vor ihnen immer wieder auftauchte und durch die Mühle schwebte. Er konnte sich dieses rätselhafte Ereignis nicht erklären. Plötzlich begann Jig lauthals zu lachen. Etwas verwirrt wanderten Kols Augen zu ihm und blickte ihn irritiert an „Der Schatten“, begann der Schatzsucher sein seltsames Verhalten zu erklären: „wird von den Flügeln der Windmühle erzeugt. Der Hebel, den ich unbeabsichtigt betätigt habe, dient wohl als Bremse für das Windrad. Da ich diese gelöst habe, dreht es sich jetzt. Aus diesem Grund haben wir den ‚Spuk‘ zuvor nicht gesehen!“, und als Kol verstand, musste auch er über seine Ängstlichkeit schmunzeln. Als der Schock aus ihren Körpern wich, schlenderten sie nun die Treppe nach unten. Nochmals dursuchten die beiden Männer den Bereich. Kol vergewisserte sich mit einem Blick aus dem Fenster, dass der Schatten, der wie ein Geist durch die Mühle schwebte, tatsächlich von den Flügeln des Mühlenrades erzeugt wurde und war erleichtert, als er sich sicher war. Jig hingegen hatte nun nichts mehr zu lachen. Er widmete seine Aufmerksamkeit dem anderen Teil des Raums. Während er hinter den Vorhang blickte, starrten ihm zwei Augen entgegen. Toi spürte seinen Herzschlag bis zum Hals. Vorsichtig blinzelte er zwischen seinen Finger hervor. Dieses grelle, weiße Licht war so schnell verschwunden, wie es erschienen war. Ihm war richtig unheimlich geworden. Das Licht schien nicht von dieser Erde gewesen zu sein! Angespannt suchte er bei jedem Blitz der niederfuhr, nach seinem Ziel. Zudem lauschte er nervös, ob er die Kinderstimmen erneut hörte. Doch Stille kehrte ein. Wachsam setzte er Fuß vor Fuß und blickte sich immer wieder um. Ein kalter Schauer nach dem anderen jagte ihm über den Rücken ‚Warum ist er mir bloß entwischt?‘, ärgerte er sich erneut über seinen Fehler und dachte nochmals zurück. Er hatte den Auftrag des Barons bekommen, den angeblichen königlichen Inspektor nochmals in die Prunkhalle zu bringen. Diesen Befehl führte er auch bravourös aus. Wie befohlen kettete er den Mann am Tischbein an, so dass er nicht fliehen konnte und verließ den Raum. Er wartete ab, bis er die Glocke hörte, wie er es mit dem Baron zuvor vereinbart hatte. Dies war das Signal, dass der Inselbesitzer das Gespräch beendet hatte. Darauf sollte er den Gefangenen wieder in die Zelle bringen. Als er jedoch mit War aus der Halle trat, lockerte er den harten Griff für einen kurzen Moment. Diesen hatte der angebliche Fischer ausgenützt. Er hatte ihm einen einen Stoß versetzte, sodass Toi gestürzt war und hatte die Flucht ergriffen. Der Wächter hatte sich wieder auf die Beine gekämpft und die Verfolgung aufgenommen, die ihn hierher geführt hatte. Wäre ihm dies nicht passiert, würde er sich nun sorglos im Palais aufhalten und sich nicht hier im Wald zu Tode fürchten. Jig blieb das Herz für ein Moment stehen. Ein Mann hatte sich hinter dem Vorhang versteckt und starrte ihn an. Auf den zweiten Blick erkannte Jig, dass es sich um den angeblichen königlichen Inspektor handelte. Dieser versuchte nun an Kol vorbeizulaufen, verlor dabei sein Gleichgewicht und stürzte zu Boden. Noch bevor er wieder auf den Füßen war, stand Kol bereits neben ihm und hielt den Gefangenen fest. „Lass ihn!“, forderte Jig: „Ich bin sicher, er tut uns nichts!“ „Danke!“, flüsterte War. Erst nun fiel den beiden auf, dass der Fischer aschfahl im Gesicht war und am ganzen Körper zitterte. Hastig kroch der Mann in die dunkelste Ecke des Raums. Ängstlich kauerte er auf dem Boden und sah sich aufgebracht um. Leise murmelte er vor sich hin: „Sie kommen wieder! Sie kommen wieder! Sie haben gesagt, sie werden mich holen! Ich muss büßen, für all meine Verbrechen! Aber ich habe nichts getan, NICHTS!“ Der Schatzsucher und Kol tauschten verdutzte Blicke aus und schritten näher zu War „Wer kommt? Einer der Männer des Barons? Oder der Baron selbst?“, hakte Jig nach „Nein, nein! Die könnten nicht so schrecklich sein wie … wie sie!“, antwortete War und wurde noch panischer „Wie wer?“, wunderte sich der Schatzsucher „Habt ihr sie nicht gehört!“, hauchte der Fischer „Nein, wen?“, wollte Jig nun erfahren und konnte nicht fassen was nun kam. Toi hatte es geschafft! Er war nicht nur der unheimlichen Stelle im Wald entkommen, sondern hatte auch eine Spur gefunden. Dadurch erkannte er, in welche Richtung War geflüchtet war. Er schöpfte neue Hoffnung, den entkommenen Gefangenen wieder zu schnappen. Seine Spur wies auf ein Gebäude hin, in dem er sich vermutlich verschanzt hatte. Eines machte den Wächter der Insel jedoch stutzig … es flackerte Licht in der Mühle! Er konnte sich keinen Reim darauf machen und wunderte sich, warum der Gefangene Licht entfacht hatte. Deshalb beschloss er, der Sache auf den Grund zu gehen. Jig und Kol blickten gespannt auf den zittrigen Mann, der panisch hin und her blickte. Angsterfüllt berichtete er: „Die Kinder! Diese verwunschenen Kinder! Sie sehen aus wie Geister und haben mich verfolgt. Habt ihr sie nicht singen gehört? Sie tauchten wie aus dem Nichts vor mir auf und sprachen mich an. Sie äußerten, sie seien die verwunschenen Kinder und suchten nach Jemand. Plötzlich erschien ein Mädchen. Sie musterte mich und ihr Gesicht wurde grimmig. Darauf fragte sie die anderen, ob sie mich nicht wiedererkennen würden. Ich bekam solche Angst, als sie fortsetzte, dass ich derjenige sei, der ihnen das alles angetan habe! Ich wurde panisch vor Angst und hauchte immer wieder, dass ich nicht wusste, wovon sie sprachen und dass ich sicher nicht derjenige war, den sie suchten. Doch das Mädchen antwortete nur, dass ich nicht lügen solle, denn sie würde mich wiedererkennen. Sie deutete mit ihren zerschundenen Finger auf mich und sagte, du bist der Baron! Ich spürte wie mich auch die anderen Kinder nun anstarrten und plötzlich sangen sie dieses Lied. Zusammengefasst lautete der Text so ähnlich wie, sie seien vom Reich der Toten zurück und wollten Rache! Langsam kamen sie auf mich zu und wollten mich wegzerren. Ich konnte mich gerade noch losreißen und mich hier verstecken!“ Als War noch etwas sagen wollte, pfiff der Wind wieder durch die Mühle und der schaurige Gesang wurde erneut hörbar. War kreischte und hielt sich die Ohren zu: „Sie sind wieder da, sie werden mich holen! Helft mir, ich habe nichts getan! Bitte, helft mir!“ Auch Kol konnte nicht fassen, was War schlotternd und voller Angst erzählt hatte und was sich nun vor seinen Augen abspielte. Der Gesang endete genau so abrupt, wie er begonnen hatte. Alle blickten sich voll Panik und Angst um und hielten Ausschau, ob sich die Kinder blicken lassen würden, doch es rührte sich nichts. Jig schritt auf War zu und wollte eine weitere Frage stellen. Plötzlich wurde die Pforte der Windmühle aufgerissen und jemand stürmte herein. Es handelte sich um Toi, dem Wächter der Insel, der sich wie ein wütender Stier auf War stürzte. Ohne Gegenwehr warf er den verängstigen Mann zu Boden und fesselte seine Hände und Beine. Jig und Kol kam es so unwirklich und schnell vor, dass sie nicht einmal reagieren konnten. Es war für sie wie in einem nebeligen Traum. Ihre Gedanken waren noch immer so verwirrt, von der Geschichte mit den Kindern, die aus dem Reich der Toten zurückgekommen sein sollten, dass sie War nicht helfen konnten. Mit angsterfülltem Gesichtsausdruck blickte der Gefangene die beiden Männer an und bettelte, dass sie ihm beiseite stehen sollten, doch sie konnten nicht. Schließlich knebelte Toi den Gefangenen und dessen Stimme verebbte zu einem leisen Murmeln. Ohne ein Wort der Erklärung warf der Wächter den vermeintlichen Fischer über die Schulter und trug ihn in Windeseile aus der Mühle. Jig und der stumme Diener standen eine Weile ratlos da und blickten gedankenversunken vor sich ins Leere. Die beiden wussten, dass Toi ihn zurück in die Zelle bringen würde. Doch sie waren noch immer nicht im Stande sich zu bewegen. Nur langsam erwachten sie aus ihrer Starre und ein schlechtes Gefühl breitete sich in ihnen aus. Hinzu kam der Eindruck, nicht zu wissen, was die Zukunft bringen würde. Der Schatzsucher war sich nun sicher, dass es sich bei der Silhouette, die er zuvor, bei dem Blick aus dem Fenster, gesehen hatte, weder um War noch um Toi gehandelt hatte. Deshalb entschied er, sich Kol anzuvertrauen und schilderte: „Ich muss dir etwas erklären. Wir haben vorhin, als wir oben aus dem Fenster blickten, doch beide einen Schatten gesehen. Ich nehme an, du konntest, wie ich, nicht erkennen, um wen es sich dabei gehandelt hatte. Dennoch glaube ich zu wissen warum die Person dort umhergeschlichen ist.“ Nun wurde Kol sichtlich neugierig und beugte sich erwartungsvoll nach vorne, während der Schatzsucher mit gedämpfter Stimme weitersprach: „Ich bin mir seit dem Versprecher des Barons sicher, dass er jemanden beauftragt hat, uns zu beschatten. Der Baron hätte sonst nicht wissen können, was ich damals beim Torbogen zu dir gesagt habe. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Person, die wir vorhin beobachtet haben, diejenige ist, die uns verfolgt. Wir müssen Augen und Ohren offenhalten und ich muss mir überlegen, was ich laut über den Baron äußere. Ich habe die Befürchtung, dass wir eben beobachtet worden sind und der Unbekannte das Weite gesucht hat. Aber vielleicht haben wir dennoch Glück und erwischen ihn noch. Es wäre ein großer Vorteil für mich, zu wissen, wem ich misstrauen muss. Aber nun müssen wir los! Ich weiß, wohin uns die Schlange führt.“ Kol war froh, die Mühle verlassen zu können. In der kurzen Zeit hatten sie hier genug Schauriges erlebt. Jig blieb plötzlich stehen und schlug sich auf den Kopf. Er begründete dies mit den Worten: „Ich bin ein Idiot! Wir haben nicht nach den Schlüsseln gesucht!“ Kol war sichtlich erschrocken, denn das bedeutete, dass sie nochmal zurück an diesen schaurigen Ort zu mussten. Doch wo könnten sie noch einen Schlüssel finden? Sie hatten auf der Suche nach weiteren Schlangen bereits alles abgesucht! Darüber schien auch der Schatzsucher zu grübeln. Doch ein Funkeln in Jigs Augen verriet, dass er einen Einfall hatte. Hektisch lief er in das Gebäude, raste die Stufen nach oben, blickte sich um und überprüfte den Mechanismus, mit der die Mühle in Bewegung gesetzt werden konnte „Weißt du, wie lange das Mühlwerk schon nicht mehr in Betrieb genommen wurde?“, erkundigte er sich und Kol deutete an, dass dies schon Ewig her sei „Bingo!“, hauchte Jig, legte den Hebel um und drehte an einer Kurbel. Der Wind hatte sich noch immer nicht gelegt und trieb das Windrad an, sodass sich aus diesem Grund das Mühlwerk langsam in Bewegung setzte. Voller Hoffnung, dass sich etwas zeigte, das ihnen zuvor verwehrt geblieben war, starrte Jig auf die sich drehenden Teile der Mühle. Doch er konnte nichts Neues erkennen! Er hatte gedacht, dass die Schlange ein Hinweis darauf sei, dass man das Mühlwerk in Bewegung setzen musste, um einen weiteren Hinweis zu bekommen. „Mist!“, fluchte Jig, ihm waren nun die Ideen ausgegangen und er meinte: „Bevor wir noch mehr Zeit vergeuden, sollten wir schnell gehen und den ersten Schlüssel suchen. Vielleicht erkennen wir dann, was wir hier übersehen haben.“ Kol willigte ein. Auch er hatte das Gefühl, als ob sie hier nur Zeit verschwendeten und nicht weiterkommen würden. Der Regen hatte sich gelegt, doch der Wind pfiff noch immer über die Insel. Als sie zu den Statuen marschierten, blickten sich die beiden immer wieder vorsichtig um. Sie waren noch nicht weit von dem Gebäude entfernt, als Kol hinter ihnen zwei Schatten bemerkte, die um die Mühle schlichen. Unauffällig machte er Jig darauf aufmerksam. Dieser drehte sich abrupt um und rief laut: „Kol, gehe ruhig weiter! Ich habe etwas vergessen.“ Als er zurückging, erkannte er, wie die beiden Schatten sich hastig hinter das Gebäude begaben. Vorsichtig eilte auch Jig auf die Rückseite und war gespannt, auf wen er treffen würde. Er war etwas erstaunt, als er die beiden Gärtner erkannte. „Huch!“, rief Jig und tat, als ob er sich erschrocken hätte und fügte schnell hinzu: „Was macht ihr denn hier?“ Die beiden waren - wie von ihm geplant - überrumpelt worden und so überrascht, dass er hoffte, sie würden ihm die Wahrheit sagen. Doch sie stammelten nur: „Wir!?!“ „Wir . . . wir arbeiten!“ „Ja genau! Wir arbeiten hier und du hast uns wahnsinnig erschreckt.“, meinte Sen ausweichend „Ihr arbeitet hier? Bei diesem Mistwetter!“, hakte Jig nach. „Jaja, wir müssen immer arbeiten, sonst wächst uns der Garten über den Kopf!“, bestätigte Sen mit Nachdruck und wollte nun erfahren: „Und was machst du hier?“ Nun war es der Schatzsucher, der kurz zögerte, da er nicht mit dieser Frage gerechnet hatte. Ausweichend antwortete er: „Ich habe hier etwas vergessen. Aber ich muss rasch weiter. Kol wartet auf mich.“ Mit schnellen Schritten eilte er wieder zu dem stummen Diener, der schon von weitem unauffällig in eine Richtung zeigte. Als Jig dessen Hand folgte, sah er schon wieder eine Gestalt in den Büschen umherirren. Es handelte sich um Yui, den Koch, der nun auf sie zukam. Mit seiner mürrischen und unfreundlichen Art sprach er sie an: „Habt ihr ihn gefunden?“ Die beiden Männer blickten sich fragend an und Jig erkundigte sich: „Wen gefunden?“ Yuis Miene wurde noch grimmiger und er meinte mit vorwurfsvollem Ton: „Na, Loi! Der Diener ist schon längere Zeit nicht mehr gesehen worden und wir suchen ihn. Es ist zwar nicht ungewöhnlich, dass er hin und wieder in seinem Suff verschwindet, doch die Länge seiner Abwesenheit wird zunehmend beängstigender.“ „Nein, wir haben ihn nicht bemerkt!“, teilte Jig ihm mit. „Was sucht ihr sonst hier?“, wollte nun der Koch erfahren. Auch ihm wollte der Schatzsucher nichts verraten und erzählte nochmals die Geschichte: „Ich habe hier etwas verloren und das habe ich nun gesucht.“ Mit dieser Antwort gab sich Yui zufrieden. Rasch begab er sich wieder auf die Suche. „Seltsam!“, murmelte Jig vor sich hin, nachdem auch sie wieder aufgebrochen waren: „Ich habe das Gefühl, als ob uns alle angelogen hätten. Ich vermute, die wollten uns nur aushorchen und beobachten. Oder bin ich von dem Versprecher des Barons zu misstrauisch geworden? Aber sicher ist sicher! Für mich sind sie alle verdächtig!“ Wieder veränderte sich sein Blick und er versank in seinen Gedanken. Erneut dachte Jig an den wunderbaren Ausblick, den er von der Mühle aus gehabt hatte und an seine kleine Idee, die ihm dabei überkam. Er vermutete zu wissen, was sie tun mussten, wenn sie alle wertvollen Eier gefunden hatten. Doch noch war es nicht soweit! Als er dem Diener jedoch von seinen Beobachtungen erzählen wollte, bekam er wieder einen Hustenanfall und spuckte abermals Blut „Gut, wenn das alles bald vorbei ist!“, meinte er und blickte hoffnungsvoll und doch auch ein wenig ängstlich in die Zukunft. So als würde er bereits jetzt spüren, was ihn dort erwartete. Nid schrubbte zu dieser Zeit im Palais wie ein Irrer den Boden und wurde immer schneller und schneller. Seine Gedanken waren in weiter Ferne und schuld an seinem Verhalten. Sie kreisten um die Ereignisse der letzten Tage, die sich auf der Insel abgespielt hatten. Am meisten beschäftigten ihn die unerklärlichen und mysteriösen Botschaften an den Wänden. Obwohl er sonst nicht zu den ängstlichen Menschen gehörte, setzte ihm dieses unheimliche Geschehen zu. Er verstand nicht, woher sie plötzlich wie aus dem Nichts erschienen war? „Wie war so etwas möglich?“, murmelte er und hörte abrupt zu schrubben auf. Eigentlich gehörte diese Arbeit nicht zu den Aufgaben des Stallburschen, doch er behauptete immer, dass er das gerne tat. In Wahrheit vermuteten die meisten, dass er sich in Ina verguckt hatte und da die anderen behaupteten, dass sie faul sei und nicht gründlich ihrer Arbeit nachgehen würde, übernahm er aus diesem Grund ihre Obliegenheiten ‚Wie ernst muss man die Botschaft nehmen?‘, schoss es ihm verwirrt durch den Kopf: ‚So etwas hatte sich noch nie auf der Insel ereignet. Warum begann der Spuk jetzt?‘ Ein unbehagliches Gefühl breitete sich in ihm aus und verursachte eine gewisse Beklommenheit. Er verstand auch die Reaktionen der anderen nicht - wie konnten sie nur so ruhig bleiben und so tun, als sei das alles nicht geschehen? Auf der anderen Seite wusste auch er nicht, welche Schritte sie einleiten sollten. Vielleicht erging es den anderen Inselbewohnern ebenso und blieben deshalb untätig? Die Besorgtheit in ihm wuchs ins Unermessliche, als die Botschaft nochmals vor seinen geistigen Augen auftauchte. Nun hielt ihn nichts mehr. Er musste mit jemanden über diesen Vorfall sprechen und er wusste auch schon, mit wem er dies tun konnte. Nid warf die Bürste zur Seite und eilte los. Er wollte vor allem nicht mehr alleine sein. Bis jetzt hatte er sich mit seinem Schicksal in dem Palais des Barons immer abgefunden, doch nun bekam er in den Gängen und großen Hallen schreckliche Angst. Überall sah er Schatten und hatte das Gefühl beobachtet zu werden und er rechnete hinter jeder Ecke mit etwas Furchtbarem, etwas Erschreckendem. Er hoffte, dass er schnell Ina finden würde. Seine Schritte wurden immer ungestümer, als er auf der Suche nach dem Hausmädchen durch die Gänge eilte. Er bog gerade um eine Ecke, als er heftig erschreckt wurde
„..und enden meist in einem Blutbad“
Jig und Kol erreichten eben Die Statuen des Lebens. Der Regen hatte nun aufgehört. Doch die dunklen Wolken, die bedrohlich am Himmel hingen, kündigten an, dass das nicht lange so bleiben würde. Deshalb beeilten sie sich und begannen sofort mit der Suche nach dem Schlüssel. Sie suchten wieder nach einem Holz, das sie wie beim ersten Mal aus dem Stein entfernen konnten und in dem der Schlüssel versteckt war, doch sie fanden nichts. Doch da bemerkte Schatzsucher etwas Interessantes. Neugierig geworden, ob sein Verdacht stimmen könnte eilte er auf den kleinen Steinhaufen zu, der sich mitten unter den Statuen befand „Könnte es tatsächlich sein?“, zischte er leise. Gespannt blickte ihm Kol über die Schultern. Der Schatzsucher ließ sich genau vor dem Stein auf die Knie sinken und hob ihn auf. Ein verschmitztes Lächeln huschte über sein Gesicht, als er einen Blick unter den Stein warf und erkannte, was sich darunter befand „Bingo!“, hauchte er zufrieden mit sich selbst. Interessiert blickte der stumme Diener ihn an „Weißt du, was diese Steinstatue darstellt?“, erkundigte sich Jig bei seinem Begleiter. Dieser konnte nur mit den Schultern zucken. Er hatte offensichtlich, wie alle anderen auch gedacht, es würde sich um einen normalen Stein handeln, der durch Zufall zwischen den Statuen gelandet war. Doch nun bemerkte er, dass die Lage des Steins kein Zufall war und wurde neugierig, was es damit auf sich hatte. Nid drohte aus allen Wolken zu fallen. Ein undefinierbarer Laut neben ihm hatte ihn erschreckt. Die Angst setzte ihn unter Strom. „Was war das?“, hauchte er und griff sich zur Beruhigung auf die Brust „Mhmm!“, hörte er erneut neben sich. Es hörte sich wie das Wimmern eines Leidenden an „Wer ist da?“, wollte er fragen, doch zwischen seinen Lippen drang nur ein leises unverständliches Hauchen. Ein lauter Knall neben dem Stallburschen ließ ihn abermals zusammenzucken. Mit einem leisen Aufschrei hüpfte er zur Seite. Langsam drehte er sich um und erkannte, dass er neben der Tür der Gefängniszelle stand. Auf den Gefangenen hatte er völlig vergessen. Der Mann lag auf dem Boden. Seine Hände und Füße waren gefesselt und in seinem Mund steckte ein Knebel. Wie ein Wurm wand er sich auf dem Boden hin und her und versuchte die Aufmerksamkeit von Nid auf sich zu ziehen. Wieder hörte er dieses Wimmern aus seinem Mund. Offensichtlich war er mit voller Wucht gegen die Tür gesprungen, hatte so den Knall verursacht und war dabei zu Boden gefallen. Auch Nid hatte das Gerücht gehört, dass dieser Mann ein königlicher Inspektor sein sollte, aber glauben konnte er das nicht. Doch wenn es tatsächlich so war, hatte er nichts dagegen, dass er eingesperrt war. Wie auch alle anderen in dem Haus, war er auf königliche Inspektoren nicht gut zu sprechen. Doch wenn es sich tatsächlich nur um einen Fischer aus dem Dorf handelte, tat er ihm leid ‚Soll ich ihn befreien?‘, dachte er und rang mit sich: ‚Zumindest wäre ich dann nicht mehr alleine!‘ Die Entscheidung wurde ihm allerdings abgenommen. Plötzlich tauchte ein Schatten vor ihm auf. Mit angehaltenem Atem blickte er gespannt auf die sich nähernde Person. Erleichtert stellte er fest, dass es sich um Toi handelte „Ist der Gefangene in seiner Zelle?“, erkundigte sich dieser. Mit einem heftigen Kopfschütteln bejahte der Stallbursche die Frage „Wollte nur sichergehen!“, äußerte der Wächter. Der Stallbursche wusste, dass dieser seine Arbeit überaus penibel nachging. Denn Toi konnte davon ausgehen, dass der Gefangene keine Chance hatte, aus dem Kerker zu entkommen. Das war noch nie jemanden gelungen! „Weißt du wo Ina steckt?“, erkundigte er sich „Nein, ich hab keine Ahnung!“, erwiderte der Wächter und eilte weiter. Nid warf einen letzten Blick auf die flehenden Augen des Gefangenen und hastete hinter Toi her. Neben dem Mann, dessen Statur der eines Bären glich, fühlte er sich sicherer. Sie kamen neben einer kleineren Halle vorbei, aus der zwei Stimmen hörbar waren. Nid stellte erleichtert fest, dass es sich bei einer davon um Inas handelte. Als er in die Halle abbog, folgte ihm auch Toi. Ina saß mit dem Rücken zu ihnen an einem runden Tisch und aß rote Beeren aus einer Schüssel. Rea stand auf der anderen Seite des Raums und notierte etwas auf einem Pergament, mit dem Blick zur Tür. Nun bemerkten die Damen das Eindringen der beiden. Sofort erkannte Ina, dass mit dem Stallburschen etwas nicht stimmte und erkundigte sich: „Was ist mit dir? Du bist ja kreidebleich im Gesicht!“ „Ich . . . ich mach mir nur Sorgen!“, gestand er stammelnd, da es ihm neben den anderen beiden offensichtlich peinlich war „Worüber?“, wollte das Hausmädchen wissen „Über diese seltsamen Botschaften an den Wänden! Wer hat sie geschrieben? Woher stammen sie und was sollen sie bedeuten?“, fragte er mit ängstlicher Stimme „Ach, mach dir darüber keine Sorgen! Es handelt sich bestimmt nur um einen Scherz. Sicher will uns nur jemand erschrecken!“, spielte Ina die Angelegenheit herunter „Aber wer sollte so etwas Dummes machen?“, hakte Nid ungläubig nach. Toi und Rea hörten gespannt zu „Ich habe keine Ahnung! Vielleicht war es der königliche Inspektor. Doch da er nun im Kerker sitzt wird der Spuk jetzt vorbei sein!“, antwortete das Hausmädchen kraftvoll, als wolle sie die anderen, aber auch ein wenig sich selbst, davon überzeugen. Nun mischte sich auch Rea in das Gespräch ein: „Ich würde die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen. Solche geisterhaften Ereignisse sind oft mit Ritualen oder dunklen Mächte verbunden, die wir uns in den schlimmsten Albträumen nicht vorstellen können und enden meist in einem Blutbad!“ „Bist du verrückt!“, fuhr Ina sie sofort an: „Wie kannst du nur solchen Unsinn von dir geben und den Jungen so erschrecken!“ „Ich denke nicht, dass es in einem Blutbad enden wird. Aber auch ich bin der Meinung, dass wir diese Angelegenheit nicht auf die leichte Schulter nehmen sollten.“, gab auch der Wächter seine Meinung ab und fügte heldenhaft hinzu: „Aber Nid, du brauchst keine Angst zu haben. Solange ich hier Wache halte, braucht sich keiner auf der Insel zu fürchten. Es geschieht niemanden etwas.“ Sein Erlebnis im Wald behielt er stillschweigend für sich „Seht nur!“, rief plötzlich die Zofe laut. In ihrer Stimme bebte die Angst mit. Als die anderen erschrocken zu ihr blickten, streckte sie zitternd die Hände aus und deutete auf die andere Seite des Raums. Ihr Gesicht war dabei aschfahl. Etwas musste sie heftig erschreckt haben! Als die anderen ihrem Blick folgten wurde auch ihnen bange zumute. Der Schatzsucher ließ den Diener noch immer über die Bedeutung des Steins, vor dem er kniete, grübeln. Doch nun wollte er Kol nicht länger auf die Folter spannen und klärte ihn auf: „Dieser Stein ist nicht zufällig hier, er stellt einen Maulwurfshügel dar. Eine sehr feine Ablenkung. Da hat jemand wahrlich Phantasie bewiesen. Das gefällt mir! Darunter befindet sich nämlich noch eine schwarzweiß gestreifte Statue. Ein Maulwurf, der auch hin und wieder als Nahrung für Störche dient und er zeigt nach Westen.“ Die beiden hoben die Köpfe und verfolgten in welche Richtung der Hinweis führte. Erstaunt erkannten sie, was das Ziel sein könnte. Es war die kleine Kapelle, die sich auf der Insel befand. Kol wollte bereits losmarschieren, doch Jig beschloss erklärend: „Ich suche noch schnell den Schlüssel und hab auch schon eine Idee, wo ich ihn finden könnte. Er hob die Statue des Maulwurfs heraus und begann in der Erde zu wühlen. Das Loch wurde immer tiefer und breiter. Da der Boden vom Regen aufgeweicht war, verwandelte sich alles schnell in eine matschige Angelegenheit „Ich dachte mir, ich mach es wie der Maulwurf und werde so den Schlüssel finden!“, erklärte der Schatzsucher, der den verwirrten Blick des Dieners bemerkte und grub weiter, während immer wieder die üblichen matschigen Geräusche hörbar wurden „Bingo!“, rief der Schatzsucher erfreut, als er auf etwas Hartes stieß. Er buddelte das gefundene Stück aus und bemerkte erleichtert, dass es sich um den eigenartigen Schlüssel handelte. Dabei wurde ihm jedoch schwindelig und seine Schmerzen setzten ein. Kalter Angstschweiß trat auf seine Stirn. In seinen Augen war zu erkennen, dass er um sein Leben fürchtete. Als sich der Anfall nach einiger Zeit gelegt hatte, eilte er zielstrebig und ohne ein Wort zu sagen los. Seine Füße wurden immer schneller und seine Schritte immer größer. So gelangten sie rasch vor die Kapelle
Die Botschaft aus dem Nichts
Eln, die kleine runde Köchin, stand in der Küche und rührte heftig in einem Topf um. Sie war gerade dabei einen Kuchen für die Inselbewohner zu backen. Mit ihren Gedanken war sie jedoch in weiter Ferne. Wie den anderen Inselbewohnern, wurde auch ihr flau im Magen, wenn sie an die Botschaften an den Wänden dachte. Wieder fegte der Wind heftig und ließ die Fenster erzittern. „Dieses blöde Unwetter, hoffentlich flaut es bald ab!“, sprach sie mit sich selbst, da sie einen großen Respekt gegenüber Naturgewalten hatte. Vor allem heftige Gewitter bereiteten ihr besondere angst. Plötzlich begann sie ein fröhliches Lied vor sich hin zu trällern. Das tat sie immer wenn sie ängstlich war. Es vertrieb die schlechte Stimmung und ihre Laune besserte sich. Den Rest des Gefühls versuchte sie mit Arbeit zu verdrängen. Wie gewöhnlich stand sie alleine in der Küche. Yui hatte - wie so oft - behauptet, dass es ihm nicht gutgeht und bedankte sich bei ihr, dass sie das Kochen übernahm. Normalerweise machte es ihr nichts aus und sie fühlte sich wohl, wenn sie alleine in der Küche tätig sein konnte. Dann wurde sie von niemand gestört und sie stand auch niemandem im Weg. Doch seit einigen Tagen spürt sie eine seltsame Stimmung auf Scarlett und ihr wäre es nun lieber gewesen, nicht alleine in der Küche umherzuirren. Um jedoch weiter arbeiten zu können, musste sie in den Keller gehen und noch eine Zutat holen. Sie zögerte kurz, da ihr der Keller schon unter normalen Umständen unheimlich war und nun umso mehr. Doch sie gab sich einen Ruck und befahl sich: „Stell dich nicht so an, Feigling!“, und eilte los. Mit einer Kerze in der Hand sauste sie die steile, dunkle Treppe nach unten. Eigentlich war es noch nicht so düster dass sie eine Kerze verwenden musste, doch sie gab ihr mehr Sicherheit. Leider lag der Vorratsraum auf der anderen Seite des Ganges und so musste sie mit mulmigem Gefühl den Weg zurücklegen. Plötzlich hörte sie ein Scharren. Sie blieb stehen und konzentrierte sich auf das Geräusch, doch es war verstummt. „Bild dir nicht immer etwas ein!“, sprach sie streng mit sich selbst, aber das war nicht so einfach, da sie das Geräusch erneut wahrnahm. Wieder widmete sie ihre ganze Aufmerksamkeit ihrem Gehör und bemerkte, dass sie sich nichts eingebildet hatte. Es war eindeutig zu hören! „Hallo, ist da jemand!“, rief sie laut und fest. Falls jemand vorhatte, sie zu erschrecken, wollte sie ihm nicht zeigen, dass er es geschafft hatte. Sie wartete angespannt auf eine Antwort, doch die blieb aus. Das schabende Geräusch hörte sie allerdings weiter. Neugierig schritt sie langsam voran. Anfangs wollte sie nur feststellen, hinter welcher Tür das Schaben erzeugt wurde. Als sie sich aber sicher war, die richtige entdeckt zu haben, legte sich ihre Hand wie von selbst auf den Knauf. Langsam drehte sie ihn nach unten. Sie wollte die Tür nur einen schmalen Spalt öffnen und durch diesen in den Raum dahinter spähen. Allerdings wurde Eln völlig überrumpelt, da die Tür von alleine aufschwang. Es fühlte sich an, als ob jemand von innen dagegen drücken würde. Erschrocken sprang sie einen Schritt zurück. Das Kerzenlicht flackerte, ein leiser Schrei der Köchin gellte durch den Gang und die Tür öffnete sich schnell zur Gänze. Das Bild das sich ihr bot war unfassbar grausam. Sie wollte flüchten und den Keller verlassen, doch sie kam nicht weit. Während sie sich umdrehen und davoneilen wollte, erlosch auch noch ihre Kerze und sie stand im Dunklen. Im selben Moment warf sich etwas Weiches von hinten über sie. Die Köchin kam dadurch ins Straucheln, stürzte mit dem Kopf voran gegen die Wand und fiel zu Boden. Etwas benommen blieb sie liegen und irgendetwas lag halb auf ihr! Jig und Kol marschierten erleichtert durch die Pforte in die Kapelle. Ein heftiger Sturm, dessen Wind dicke, schwere Regentropfen durch die Luft peitschte, hatte wieder eingesetzt. Die beiden hatten das Tor gerade geöffnet, als der Sturm richtig eingesetzt hatte und so waren sie halbwegs trocken geblieben. Kol entfachte zwei Kerzen an der Wand und gab eine davon Jig. Sofort begaben sie sich auf die Suche nach dem Schlüssel. Die Kapelle war sehr klein und hatte nur jeweils links und rechts zwei Sitzbänke, auf der höchstens drei Menschen Platz fanden. Auf der vorderen Seite war ein kleiner Altar an der Wand befestigt, der nur aus einem Kreuz und zwei Holzfiguren bestand. An den Wänden befanden sich aufgemalte Bilder, die Heilige darstellten. Hier gab es offensichtlich nicht viele Verstecke und trotzdem mussten sich hier der zweite Schlüssel und ein Wegweiser befinden. Nun war es Kol, der den richtigen Einfall hatte. Er suchte den Boden ab und entdeckte einen Spalt im Holzboden. Aufgeregt klopfte er auf die Holzdielen. Jig eilte sofort zu ihm. Hätten sie nicht danach Ausschau gehalten, wäre ihnen dieser Spalt in hundert Jahren nicht aufgefallen. Er war sehr gut in dem Muster des Holzbodens verarbeitet. Mit vereinten Kräften gelang es ihnen, die Platte anzuheben und auf die Seite zu befördern. „Bingo!“ rief der Schatzsucher vor Freude aus und blickte anerkennend den stummen Diener an, so dass sein Pferdeschwanz durch die Luft flog. Lächelnd dankte er: „Das hast du gut beobachtet! Danke!“ Voller Stolz beugte sich Kol nach vorne und erkannte einen kleinen, nicht sehr tiefen Hohlraum. Darin befand sich eine kleine Statue eines schwarzweißen Maulwurfes. Wieder zeigte seine Nasenspitze in eine Richtung und auf dem Sockel, auf dem sich die Figur befand, stand: „Die nie ankommenden Wanderer sollten für immer gehen“ ‚Was soll das nur heißen?‘, fragte sich Jig. Er wusste es nicht, aber er ahnte, dass diese Sätze irgendwann eine Bedeutung haben würden und prägte sie sich deshalb gut ein. Er wühlte in der Erde unter der Statue, die er aus dem Hohlraum hob und fand den seltsamen Schlüssel. Einen großen Schritt weiter! Mit beiden Schlüssel in der Hand, begaben sie sich nach draußen in das Unwetter. Ihr nächstes Ziel war ihnen bereits zuvor bekannt gewesen. Rea deutete auf die Wand und hauchte: „Die Botschaft entstand wie von Geisterhand. Ich habe gerade noch gesehen, wie das letzte Wort erschien.“ Keiner der Anwesenden konnte fassen, was Rea berichtete und starrten ehrfürchtig auf die neue Nachricht an der Wand: „Der Baron wird für seine Sünden büßen! Dafür werden wir verwunschenen Kinder schon sorgen!“ „Ich habe es gewusst! Dunkle Mächte sind hier am Werk!“, hauchte Rea außer sich. Nid stand zitternd da. Die letzte Farbe war aus seinem Gesicht gewichen. Auch der sonst so mutige Toi konnte seine Angst nicht mehr verbergen und ihm stand ins Gesicht geschrieben, dass er nicht wusste, wie er sich die ganze Sache erklären sollte. Auch Ina, die noch bis eben dachte, dass es sich um einen Scherz handelte, konnte sich nicht erklären wie das möglich war. Ein lauter Hilfeschrei riss sie aus ihren Gedanken. Alle blickten sich erschrocken an und wollten erfahren, woher der Schrei gellte. Doch niemand schien einen Verdacht zu hegen, weder woher der Laut kam, noch um wessen Stimme es sich gehandelt hatte „Der Gefangene!“, rief Nid plötzlich, als ihm dieser wieder in den Sinn kam. Alle verließen nun fluchtartig die Halle und eilten den Gang entlang, auf die Gefängniszelle zu. Von weiten konnten sie den Gefangenen zweifelnd und flehend brüllen hören: „Nicht, lasst mich! Ich bin kein Verräter! Nicht! Ahhh!“ Als sie vor der Tür des Kerkers standen, blickten sie entgeistert durch das Gitter auf dem Mann, der auf dem Boden lag und sich die Hände vor das Gesicht hielt „Er hat sich von den Fesseln befreit und den Knebel entfernt! Aber wie hat er das geschafft?“, fiel Toi fassungslos auf. Doch als der Gefangene die Hände von seinem Gesicht entfernte, hielt auch Toi die Luft an. Ein grausamer Anblick bot sich ihnen. Die beiden Frauen zogen vor Entsetzen die Luft tief ein und Nid stieß einen verzweifelten, resignierenden Laut aus. Alle wollten den Blick aus dem Antlitz des Mannes wenden, doch es sah so schlimm aus, dass es ihre Augen wie ein Magnet anzog. Tiefe, schmale, rote Striche verliefen kreuz und quer über seine Haut. Erst auf den zweiten Blick erkannten sie, worum es sich dabei handelte. Es waren viele kleine Kratzspuren, die aussahen, als würden sie von kleinen Fingernägeln herrühren! Wild fuchtelte der Gefangene mit den Händen um sich und rief immer wieder verzweifelt: „Verschwindet, verschwindet! Lasst mich, ich bin unschuldig!“ „Was hat er?“, wollte Ina von den anderen erfahren, doch die wussten es genau so wenig wie sie und waren zum Teil so geschockt, dass sie nicht sprechen konnten „Was ist mit dir?“, wollte Ina nun von dem Gefangenen erfahren. Langsam beruhigte sich War und öffnete seine Augen. „Sie sind weg! Gott sei Dank, sie sind weg!“, stieß er erleichtert aus. Alle starrten ihn wie gebannt an. Keiner wusste, wovon er sprach „Ich dachte schon, sie bringen mich um!“, fuhr er außer Atem fort „Wer? Wer wollte dich umbringen?“, erkundigte sich Ina und ihre Stimme wurde immer gereizter und überschlug sich zum Teil. Doch der Mann musste sich erstmals von seinem Schock erholen. Sein Brustkorb hob und senkte sich heftig, als er nach Luft rang und heftig ins Schwitzen geriet „Wer soll das getan haben!“, brüllte das Hausmädchen nochmals und rüttelte heftig an den Eisenstangen der Tür. „Die Kinder! Sie sind wieder aufgetaucht! Die verwunschenen Kinder! Ihre Seelen sind durch die Pforte zurückgekehrt, um sich an dem Baron zu rächen und an denen, von denen sie glauben, dass sie an ihrem Schicksal schuld sind!“ Jig und Kol kamen indessen bei dem zweiten Triumphbogen an. Während sie darauf zu marschierten, fiel dem Schatzsucher etwas auf. Als er durch den Durchgang des Bogens blickte, dachte er: „Wie ich bereits beim Blick aus der Mühle vermutet hatte, es scheint, als sei mein Verdacht berechtigt!“, und nahm sich vor, sich bei dem dritten und letzten Bogen zu vergewissern. Wieder probierten sie ihr Spielchen mit den Schlüsseln. Nun war es einfach, denn sie kannten den Trick bereits. Auf diesem Gemäuer befand sich der Abdruck eines Maulwurfes darauf, dessen Schatten abermals ein X bildete. Es dauerte, bis es ihnen endlich gelang, den losen Teil des Schlüssels in das Loch auf der Innenseite zu stecken. Immer wieder zogen sie vorsichtig die Schlüssel aus der Mauer und wieder hinein, bis beide festsaßen und sich leicht drehen ließen. Vorsichtig bewegten sie die Schüssel in die entgegengesetzte Richtung. Wie schon beim ersten Bogen klappte ein Stück Wand heraus, unter dessen Deckel sich ein wunderschönes Ei befand. Dieses war etwas größer als das andere. Die Schönheit war unglaublich. Die Handwerkskunst war einmalig. Doch Jig konnte sich nicht die Zeit nehmen, es noch länger zu betrachten. Es fühlte sich an, als würde sich seine Brust zusammenschnüren. Während er über seine Schmerzen klagte, blieb ihm die Luft weg und er sackte auf dem nassen, schlammigen Boden. Der Anfall war gottseidank nur von kurzer Dauer. Als er sich etwas erholt hatte, suchte er noch nach der Schrift und las: „deshalb blick dich um und komm ihnen zu Hilfe, denn du solltest es ihnen sagen!“ Abermals prägte er sich die Zeile ein, ohne zu ahnen, wie ihm das später helfen könnte. Mit ängstlichen Augen fasste er sich an seinen Körper. Seine Finger bohrten sich verkrampft in seine Brust. Sein Gesicht war schmerzverzehrt. Ein neuer Anfall schien ihn zu überkommen. Er versuchte immer wieder zu schlucken, aber irgendetwas schien nach oben zu wollen. Kol wurde kreidebleich, als er mit ansah, wie der Schatzsucher einen Schwall Blut erbrach. Kurz darauf noch einen. Der Gestank war bestialisch und Jig sah auf einmal um zehn Jahre gealtert aus. Seine funkelnden Augen waren trüb und rötlich. Sein Blick beängstigend. Auf seinem Kinn klebte noch etwas Blut und seine Hände begannen heftig zu zitterten. Kol tat der Mann leid, deshalb packte er ihn am Arm und zerrte ihn weg von hier. Jigs Augen fixierten noch immer die rote Lache auf dem Boden und seine Angst spielgelte sich in seinem Antlitz wider. Kol brachte den Schatzsucher zu einem kleinen Bach. Dort konnte er sich säubern und schien wieder neuen Mut zu schöpfen. Er spürte, dass er dem Schatz zum Greifen nahe war, aber die Zeit lief ihm davon
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Der Mechanismus
Überraschende Wendung
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Magdalenas Rätsel
Das Geheimnis lüftet sich
Grausame Qualen
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Отрывок из книги
Titel
Was bisher bei Mao und seinen Freunden geschah:
.....
Der Auftrag
Beobachtet
.....