Von einem, der auszog, einen Staat aufzubauen
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Martin Heipertz. Von einem, der auszog, einen Staat aufzubauen
Inhalt
Prolegomena
1 Unter Soldaten
2 Ankunft auf dem Amselfeld
3 Staatsgeburt
4 Macchiato-Diplomaten
5 Unruhe
6 Von Macht und Glaube
7 Spiegelfechten
8 Highway to Hell
9 Diesseits und jenseits der Zivilisation
10 Das bißchen Haushalt
11 Der Anschlag
Epilog
Abkürzungsverzeichnis
Zeittafel
Отрывок из книги
Dem Andenken meines Vaters gewidmet
Wenn es nicht so war, dann war es zumindest so ähnlich.
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Die Internationale Gemeinschaft schreckte im Jahre 2004 gehörig auf, ließ Standards vor Status fallen wie eine plötzlich heißgewordene Kartoffel und beschloß, diese offensichtlich doch nicht zu umgehende Statusfrage nunmehr vordringlich zu regeln. Ein neuer, zermürbender Verhandlungsmarathon setzte ein, der drei Jahre dauern sollte, jedoch die Hoffnungen auf einen Friedensschluß nicht erfüllen konnte. Er war von Anfang an zum Scheitern verurteilt. Die von serbischer Seite den Albanern vorgeschlagene Autonomielösung wurde immer weitergehend ausgestaltet und erreichte schließlich die Qualität des im Völkerrecht als Ausnahmefall geltenden Statuts von Südtirol im italienischen Staatsverbund. Aber die Albaner lehnten auch die am weitesten gehenden Vorschläge ab. Die Meinungen in den Zeitungen, die ich las, gingen auseinander: Die Wunden säßen zu tief, lautete ein Argument, und nach dem versuchten Völkermord durch Milošević sei es doch nicht zumutbar, von den Albanern zu verlangen, noch länger mit den Serben in einem Staat zu leben. Die Albaner hätten nie ernsthaft verhandelt, schrieb eine kleine Minderheit von kritischen Journalisten, weil die Amerikaner ihnen unter der Hand immer versichert hätten, ihre vollständige Loslösung von Serbien zu unterstützen, wenn erst die Verhandlungen formell gescheitert seien. Die albanische Minderheit in den USA sei die bestorganisierte politische Lobby nach der jüdischen, wagte ein Kommentator in Südeuropa zu behaupten. Außerdem verfügten die Amerikaner mit einem von Belgrad unabhängigen Kosovo, das nach ihrer Pfeife tanze, über eine militärische Basis inmitten der Südwestflanke der russischen Einflußsphäre – eine Basis, in der sie nach Gutdünken schalten und walten könnten wie weiland die alten Römer in ihrer Provinz Dardania.
Ich las weiter, die Europäische Union sei tief gespalten in der Statusfrage. Großbritannien halte in Treue zu den amerikanischen Alliierten. Deutschland habe zwar erhebliche Bedenken hinsichtlich des Völkerrechts, das nunmehr, neun Jahre nach dem Krieg, zugunsten der Serben spreche, weil die humanitäre Not der Albaner schließlich auf Dauer behoben sei. Immerhin habe es im Jahr 2000 in Serbien eine Revolution gegeben, welche die Milošević-Diktatur in den Orkus der Geschichte geschickt und durch eine Demokratie ersetzt habe, die sich ernsthaft um Aufnahme in die EU bemühe. Aber aus Hörigkeit gegenüber den Amerikanern unterstützte Berlin trotz dieser Bedenken die Unabhängigkeit des Kosovos, wie letztlich auch Paris. Andere Mitgliedstaaten der EU nähmen die gegenteilige Position ein, entweder aus traditioneller und kultureller Nähe zu den orthodoxen Serben, wie Griechenland und Zypern, oder im Hinblick auf nationale Minderheiten im eigenen Land, die ebenfalls separatistische Tendenzen verfolgten, etwa Spanien und das – zudem orthodox geprägte – Rumänien. Diese Spaltung der EU sei den Amerikanern wiederum nur recht, denn damit habe die Union ein unlösbares Problem vor der eigenen Haustür, an dem sich die kränkliche sogenannte gemeinsame Außenpolitik der Europäer noch auf Generationen die Zähne würde ausbeißen können.
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