" Hoch Geachter Her Verhörrichter …"

" Hoch Geachter Her Verhörrichter …"
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Описание книги

Als im Mai 1804 acht Bündner Soldaten aus dem Zürcher Bockenkrieg in ihre Heimat zurückkehrten, bildeten sie das erste kantonale Polizeikorps. Der eben erst entstandene Kanton Graubünden brauchte es zum Schutz vor unerwünschtem «fremdem Gesindel» und vermehrt für die Kontrolle der eigenen Kantonsbürger. Martín Camenisch verfolgt die Professionalisierung des Bündner Polizeiwesensvon der Frühphase bis zur Entstehung des modernen Bundesstaats. Er gibt anhand von über 3000 an den Verhörrichter gesandten Rapporten erstmals Einblick in den Alltag der damaligen Landjäger: Wie gingen sie mit aufgegriffenen Fremden um? Wie reagierten sie auf die Forderungen des Polizeivorstands? Warum kam es zu finanziellen Engpässen, innerinstitutionellen Spannungen, Kuraufenthalten oder Alkoholproblemen? Zahlreiche Originalzitate machen das Leben der Landjäger auf eindrückliche Weise erlebbar.

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Martín Camenisch. " Hoch Geachter Her Verhörrichter …"

Inhalt

Vorwort

Einleitung

Historischer Kontext

Polizeigeschichte im Spannungsfeld soziologischer Theoriebegriffe

Kultur

System

Macht

Zwischenfazit

Untersuchungsmaterial und Methodik

Quellenanalyse

Aufbau

Die Polizei als formales Organisationssystem

Institutionsstrukturen

1 Handlungsfelder

2 Organisatorische Bestimmungen

2.1 Hierarchieverhältnisse

2.2 Ausrüstung

2.3 Postenzuteilung und Unterkunft

2.4 Mobilität

2.5 Der polizeiliche Raumdiskurs

2.6 Zeit

Freizeit

Nacht

2.7 Finanzen

Einnahmekategorien

Ausgabekategorien

Pensions- und Fondsfragen

2.8 Kommunikation im Dienst des Monitorings

Das formal-normative Landjägerprofil

1 Auswahlverfahren

2 Explizite Anforderungen

3 Korpsinterne und implizit formulierte Bestimmungen

3.1 Sprache als Kompetenzfaktor

3.2 Herkunft, Sprache und Konfession als Repräsentativitätsfaktoren

3.3 Bildung

3.4 Private Verhältnisse

3.5 Physische Konstitution

3.6 Auftreten und Verhalten

4 Zwischenfazit: Die diskursive Formierung eines Beamtensoldaten?

Das Polizeisystem als Resultat polizeilicher Alltagspraktiken

Körper und Gesundheit

1 Der Dienst als Peiniger

1.1 Topografie und Klima als Einflussfaktoren

1.2 Unvorhersehbarkeit als permanentes Verletzungsrisiko

1.3 Der Tod als Extremfall

2 Gesundheitsbewusstsein und Körperpflege

Der Umgang mit dienstfreier Zeit

Finanzhaushalt

Die soziale Interaktion

1 Familien- und Privatverbindungen

1.1 Die Familienbeziehungen auf der Probe

1.2 Familiengründung in der Fremde

2 Korpsinterne Umgangsformen

2.1 Die horizontale Ebene: Zwischen esprit de corps und Individualismus

Zusammenarbeit

Konkurrenz und Konflikt

Gruppe als zwiespältiger Begriff

2.2 Die vertikale Ebene

Hierarchien und Aufstiegsmöglichkeiten

Innerinstitutionelle Interaktionsmodalitäten in einer festgefügten Zweiklassengesellschaft

Der Verhörrichter als Bezugsperson

Der Verhörrichter als Familienvogt oder Fürsprecher

Die Balance zwischen beruflicher und privater Ebene

Die Unzufriedenheit mit dem Vorgesetzten

Zolleinnehmer und Landjäger: Zwischen Kooperation und Kontrolle

Die Kommissäre als Bezugspersonen

Die Mitglieder der Ortsobrigkeit als nicht kantonale Bezugspersonen

3 Die Interaktion mit der Gesellschaft

3.1 Die externe Rezeption als Ausgangssituation

3.2 Vorgezeichnete Verhaltensschemata?

3.3 Zwischen Problemschlichtung und Problementfachung

Vorbemerkungen zu den untersuchten Fallbeispielen

Fallbeispiel 1: Landjäger Jonas Sandriser

Fallbeispiel 2: Landjäger Christian Tuffert

Fallbeispiel 3: Landjäger Simeon Fleisch

Fallbeispiel 4: Landjäger Julius Sgier

Fallbeispiel 5: Landjäger Jakob Lutta

Fazit zu den untersuchten Fallbeispielen

3.4 Die Wurzeln der Beamtenbeleidigung

3.5 Landjäger und ihr Fang

Vorbemerkungen zu den untersuchten Fallbeispielen

Fallbeispiel 6: Landjäger Michael Mutzner

Fallbeispiel 7: Landjäger Christian Grass d. Ä

Fallbeispiel 8: Landjäger Johann Bärtsch

Fallbeispiel 9: Landjäger Johann Steger

Fallbeispiel 10: Landjäger Jakob Rechsteiner

Fazit zu den untersuchten Fallbeispielen

Innenwelten – die Psychologie des Landjägers

Selbstwahrnehmung

1 Massstäbe der Selbstbeurteilung

2 Das Verhältnis zur Definitionsmacht

Ideologie

Gemütszustände

Schlusswort

Bildnachweis

Abkürzungen

Quellen. Ungedruckte Quellen

Gedruckte Quellen

Literatur

Ortsregister

Personenregister

Anmerkungen

Impressum

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Umschlagbild: Ein Bündner Landjägerwachtmeister und ein Postkondukteur, zwischen 1855 und 1860. Von beiden Personen ist der Name nicht überliefert.

Beim Polizeibeamten handelt es sich wohl um Peter Kessler von Buchen im Prättigau.

.....

Der Polizeibeamte war bis zur Entstehung einer Pensionskasse für Landjäger, sofern es nicht zu einem freiwilligen oder erzwungenen Dienstaustritt kam, gewissermassen ein Polizist für die Ewigkeit. Dies galt sowohl aus lang- als auch aus kurzzeitiger Perspektive: Die Landjäger hätten für ihre Pflichten «Tag und Nacht bereit zu stehen», 287 wobei betreffend obere Dienstalterslimite keine Vorschriften vorlagen.288 Eine Dienstentlassung, die nicht disziplinarischer Natur war, stand in der polizeilichen Korpsorganisation kaum zur Debatte. Das Alter konnte insofern nur indirekt einen Dienstentlassungsgrund darstellen; dann nämlich, wenn es die Anforderungen an den Landjäger so stark beeinträchtigte, dass er diese nicht mehr ausreichend erfüllen konnte und es zu Dienstvergehen, etwa der Entweichung von Häftlingen oder nicht zufriedenstellenden Patrouillierungsintensitäten, kam. Die erste altersbedingte Entlassung betraf in den Jahren 1820/21 gleich zwei, dann mit Leonhard Fausch erst 1841 einen weiteren Landjäger.289

Dies alles berücksichtigend können zwei Dimensionen zeitlicher Grenzenlosigkeit im Landjägerberuf konstatiert werden: Erstens waren effektive Freiräume im Sinne eines vollkommenen Losgelöstseins vom Polizeiberuf innerhalb des Tagesbeziehungsweise Wochenablaufs eher eine paragrafische Floskel als tatsächliche Realität. Zweitens war die sich nach Kategorien der Altersdimension richtende Dienstzeit nach oben offen. Dieser konnte der Landjäger nur dann entweichen, wenn er seinen freien Dienstaustritt nahm, was unter Umständen jedoch mit negativen Konsequenzen finanzieller Natur verbunden war. Insofern bleibt die Frage, ob das Konstrukt der Freizeit im Polizeisystem effektiv nur theoretischer Art war, bestehen.

.....

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