Das Kabarettferkel und andere neue Berliner Geschichten
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Max Kretzer. Das Kabarettferkel und andere neue Berliner Geschichten
Das Kabarettferkel und andere neue Berliner Geschichten
Das Kabarettferkel
Überwindung
Spitzen
Theophil Kluck
Ausschuss
Herrn Klöppels Lebenszweck
Die Brüder Ungleich
Der Tannendieb
Papa Schindler
Die lieben Nächsten
Отрывок из книги
Max Kretzer
Der grosse Kindskopf des Pikkolo wurde wieder sichtbar, und durch die Türspalte drang wüster Lärm heraus. Gleich darauf erschien hinter ihm ein Jüngling, der viel Gemeinsames mit den Figürchen zeigte, die man aus Korken und Streichhölzern zu machen pflegt. Er hatte unglaublich dünne Beine, vermochte sich in seinem engen Rock kaum zu bewegen und war entschieden in einem Irrtume befangen gewesen, als er sich die eine Manschette als Kragen um den Hals würgte, statt sie ihrer Bestimmung am Handgelenk zuzuführen. So kroch sein Kopf wie aus einer Röhre hervor, sobald er ihn zu einem bedeutsamen Ereignis erheben wollte, was sofort geschah, als seine Glotzäuglein mich streiften. Da er keinen Nicker machen konnte, so klappte er wie ein Zollstock zusammen, den man zur Hälfte knickt. Ich musste dieser violetten Kutscherweste mit blanken Knöpfen, dieser riesigen Kravattensicherheitsnadel, die einer Kramme glich, und diesem Uhrklotz, der aus der Westentasche hing, schon irgendwo begegnet sein; wenigstens behauptete ihr Besitzer es. Sein dramatisches Rrrr, getrübt durch einige unreine Nasenlaute, erweckten rasch meine Erinnerungen an einen jungen Poeten, der mir eines Mittags seinen Besuch gemacht und dabei verstohlen ein Bändchen Gedichte zurückgelassen hatte, deren selbstmörderischer Pessimismus, vereint mit der tiefen Weiberkenntnis eines Neunzehnjährigen, mich so stark ergriff, dass ich seit langer Zeit wieder rückfällig wurde, zwei Cognacs auf einmal trank und das Büchlein später mein „Lachkabinett“ nannte; denn erst nach mehrmaligem Durchlesen kam ich dahinter, dass man diese Reime — frei nach Unteroffizier Dase in Hackländers „Wachtstubenabenteuer“ — von hinten lesen müsse, um auf die humoristische Wirkung zu kommen.
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„Fräulein Pfeiffer meint immer die Bewegung nach dem Standesamt. Wenn’s soweit ist, denkt sie milder,“ witzelte er wieder.
„Rudi, ich verbitte mir diese Verdächtigung,“ geiferte sie ihn spitz an. „Sie kennen doch meine Überzeugung. Für mich gibt es nur eine heilige Ehe: die aus freier Willenserklärung geschlossene, ohne staatlichen Zwang.“
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