Hitler-Jugend
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Michael Kater. Hitler-Jugend
Impressum
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Inhaltsverzeichnis
„Macht Platz, Ihr Alten!“
Dienst in der Hitler-Jugend
Monopol- und Uniformitätsbestrebungen
Autoritarismus, Militarismus, Imperialismus
Schulungs-, Disziplin- und Führungsprobleme
Mädchen im Dienst der NS-Politik
Der Bund Deutscher Mädel im Frieden
Besondere Herausforderungen im Zweiten Weltkrieg
Eugenik als „Rassenpflege“
Dissidenten und Rebellen
Unterschiedliche Formen des Dissidententums
Das Reich schlägt zurück
Hitlers Jungen und Mädel an der Front
Begeisterung und Ernüchterung
Umwege, Wiederholungen und Alternativen
Der Endsieg
Der Verrat an Mädchen und Frauen
Die Verantwortung der Jugend
Abkürzungen
Anmerkungen
Personenregister
Informationen zum Buch
Informationen zum Autor
Отрывок из книги
Michael H. Kater
Aus dem Englischen von Jürgen Peter Krause
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Selbst zu Zeiten offiziell angeordneter, allgemeiner HJ-Dienstpflicht – als sich die meisten Mitglieder, genau wie Hermann Graml und Margarete Hannsmann, gerne an den kultischen und sportlichen Aktivitäten der HJ beteiligten – gab es also Jugendliche, und zwar Mädchen wie Jungen, die anders waren und sich eigene Gedanken machten. Aus Protest gegen die erstickende Enge verweigerten sie sich der staatlichen Jugenddienstpflicht. Dabei handelten sie meist allein und wurden nur manchmal von Eltern oder Freunden unterstützt. Beispielsweise ließ sich ein Junge im norddeutschen Rendsburg mit Einverständnis seines Vaters die Haare wachsen und riskierte schon allein dadurch die totale Konfrontation mit seinen HJ-Führern.62 Der spätere Schriftsteller Max von der Grün lehnte die fordernde HJ ab, weil sein Vater inhaftiert war; der spätere Germanistikprofessor Peter Wapnewski war als Junge von amerikanischem Jazz und Swing gefesselt und sorgte deshalb für ein gefälschtes ärztliches Attest, das ihm das Fernbleiben von der HJ ermöglichte.63 Ein junger Frankfurter, der lieber ins Kino als zu HJ-Versammlungen ging, änderte die Altersangabe auf seinem HJ-Ausweis, um Erwachsenenfilme ansehen zu können.64 In Hamburg riskierte ein besonders sensibles Mädchen den Ausschluss aus dem BDM, weil sie dessen Inhalte als bloßes Geschwätz empfand, nachdem sie Bilder von Emil Nolde, George Grosz und Bauhaus-Mitgliedern gesehen hatte, die 1937 in der Ausstellung für ‘entartete’ Kunst als abschreckende Beispiele gezeigt wurden.65 Die Hollywoodfilm- und Jazz-Liebhaberin Karma Rauhut sah sich lieber Eleanor Powell und Clark Gable an, als sich mit ihren BDM-Kameradinnen zu treffen. Und die von ihren Eltern in sozialdemokratischem Geist erzogene Rosemarie Heise erfand genau wie Wapnewski ein ärztliches Attest, um zu Hause bleiben und heimlich BBC-Sendungen hören zu können.66 Der bekannte Hitler-Biograph Joachim C. Fest, der schon mit 17 Jahren dem ‘Führer’ und seinem NS-Regime kritisch gegenüberstand, ging erst gar nicht zur HJ. Als er 1941 eine kleine Hitler-Karikatur in die Schulbank ritzte, drohte ihm nicht nur der Schulverweis, vielmehr fasste auch die Hitler-Jugend Maßnahmen ins Auge. Der seinem Sohn wohlgesonnene Vater nahm den Jungen daraufhin unverzüglich vom Berliner Leibniz-Gymnasium und zog mit der Familie ganz im Stillen nach Freiburg um.67 In den zwölf Jahren zwischen den hoffnungsvollen Anfängen 1933 bis zum katastrophalen Ende 1945 widersprachen solche – wenn auch seltenen – Ausnahmen dem Bild vom uniformen Monopol der Hitler-Jugend, das deren Führer ständig verbreiteten. Und wenn es auch nur wenige Fälle gewesen sein mögen, so bildeten sie doch die Basis für weitere Probleme, mit denen die HJ in wachsendem Maße konfrontiert war. Dennoch lässt sich nicht bestreiten, dass es der Hitler-Jugend, zuerst unter Schirachs wachsamen Augen und dann unter Axmann, gelang, den bei weitem größeren Teil der deutschen Jugend im Alter von 10 bis 18 Jahren unter ihre Fittiche zu bekommen.
Wie zu erwarten, bildete die nationalsozialistische Vorstellung von der überlegenen ‘arischen Rasse’ den Rahmen, in dem Fächer wie Biologie, Geschichte und Geographie unterrichtet wurden, und manche Lehrer sorgten auch bei neutralen Fächern wie Physik und Mathematik für eine ideologische Anpassung, indem sie militärische Beispiele, etwa aus der Ballistik, als Aufgaben heranzogen. Im Musikunterricht legte man Wert auf Beethoven und Wagner und ignorierte jüdische Komponisten wie Mendelssohn.143 Die solchermaßen aktiven Pädagogen demütigten ständig einzelne oder auch alle jüdischen Schüler, solange diese noch am Unterricht teilnehmen durften.144 Diese Lehrer hielten sich eng an nationalsozialistische Verhaltensformen: Zum Teil erschienen sie zum Unterricht in der braunen Parteiuniform, äußerten sich in bellendem, militärischem Kommandoton, hoben die Hand zum Hitlergruß und prahlten mit ihren nationalsozialistischen Ehrenämtern.145
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